Ein neuer Lebensstil

Interview mit Giuseppe Corigliani zum Jahrestag der Heiligsprechung von Josemaría Escrivá.

Am 6. Oktober 2002 wurde Josemaría Escrivá heilig gesprochen. In die Vorbereitungen zu diesem Tag war auch der Leiter des Pressebüros des Opus Dei in Italien involviert.

Giuseppe Corigliano – in Journalistenkreisen bekannt als Pippo Corigliano – war als Leiter des Pressebüros des Opus Dei in Italien einer der Hauptakteure in den Tagen der Heiligsprechung von Josemaría Escriva.

Sie haben aktiv an der Vorbereitung der Heiligsprechung des Gründer des Opus Dei teilgenommen, natürlich besonders im Hinblick auf die Medien:

Was hat die Mitarbeit bei diesem Ereignis für Sie bedeutet?

Wenn man an der Vorbereitung eines Großereignisses wie das der Heiligsprechung beteiligt ist, riskiert man, es nicht mit der Intensität mitzuerleben, die es verdient. Bis zum Augenblick der hl. Messe hatte der Organisationsaufwand meine ganze Aufmerksamkeit beansprucht. Während ich versuchte, mich nach der Kommunion auf die Danksagung zu konzentrieren, sagte Giovanni Minoli, ein bekannter Leiter der RAI, der neben mir an der Feierlichkeit teilnahm, mit leiser Stimme zu mir: Pippo, schau mal! Ich hob den Kopf und sah von der erhöhten Plattform aus, wie der Platz von weißen Schirmen bedeckt war, die das Allerheiligste für die Kommunionausteilung begleiteten. Es war ein einzigartiges Schauspiel, das man nur andächtig betrachten konnte. Mir schien, als sei diese Szene ein Widerschein der Liebe unseres Vaters zur Eucharistie und des großen Schmerzes seiner letzten Jahre aufgrund der damals kursierenden theologischen Irrtümer. Es war ein Zeichen der Vorsehung, das die Treue unseres Vaters belohnte. Das ist die bewegendste Erinnerung, die ich von diesen Stunden habe.

Welche Erfahrung aus jenen Tagen würden Sie besonders hervorheben ?

Einen Satz. Gesprochen von Johannes Paul II. nach der Dankmesse am nächsten Tag: „Danke für das, was ihr für die Kirche tut.“ Der süße Christus auf Erden dankte unserem Vater und uns, die wir das Glück gehabt hatten, ihm zu folgen. Das war wie ein zärtlicher Liebesbeweis Gottes für diese großartige Familie des Werkes.

Wie war das internationale Echo der öffentlichen Meinung auf die Heiligsprechung des Gründers des Opus Dei? Wie würden Sie die Reaktionen der Medien vor, während und nach dem Ereignis zusammenfassen? Können Sie vielleicht eine kleine Geschichte erzählen?

Wie man weiß, verstehen die Medien nicht immer die Einfachheit, die nach dem Vorbild des Evangeliums den Geistes des Werkes charakterisiert. Häufig überwiegen politische oder schlicht böswillige Deutungen. Nun, an jenem Tag wahrten alle unerwartet und zudem in der ganzen Welt Schweigen und übertrugen respektvoll den gesamten Ablauf der Heiligsprechung. Das italienische Fernsehen verfolgte das Geschehen unter der Leitung eines vorzüglichen Redakteurs und vermittelte so ein wunderbares Schauspiel des Glaubens. Ganz konkret nenne ich hier den Kommentar von Vittorio Messori, der auf die vollständige Stille im Augenblick der Wandlung hinwies und später die Ordnung hervorhob, mit der sich die Feierlichkeiten abspielten. Auch machte er darauf aufmerksam, wie sauber der Petersplatz nach der Messe hinterlassen wurde.

Welche Überschriften haben Ihnen Freude bereitet ? Gab es auch Nachrichten im Umkreis des Geschehens, die Ihnen missfallen haben, und warum?

Mir hat die Überschrift vom Corriere della Sera gefallen: „Ein Fest Escrivás, dem Heiligen der jungen Leute und der Mittelschicht“; wir wählten diesen Titel als Grundlage für ein elegantes Pressecommuniqué, das wir direkt nach der Veranstaltung herausbrachten. Die La Repubblica veröffentlichte einen Artikel, in dem ein Journalist sich ironisch über die vielen Mütter – „elegant gekleidet und mit Halskette“ – äußerte, die viele Kinder um sich hatten und zur Beichte gingen. Ich ließ den Chefredakteur der Zeitung nicht im Unklaren darüber, dass der gewählte Ton unpassend war. Am folgenden Tag veröffentlichte er zwei sehr gute Interviews mit italienischen Politikern, die an der Messe teilgenommen hatten.

Sie selbst haben den heiligen Josefmaria persönlich kennen gelernt. Wann war das? Was hat Sie damals beeindruckt? Könnten sie sagen, was eine Spur in Ihrem Leben hinterlassen hat?

Ich lernte ihn 1961 kennen und habe ihn am 31. März 1975 zum letzten Mal gesehen. Bei der Gelegenheit machte er mir gegenüber eine Bemerkung, die wie die Zusammenfassung von allem ist, was ich von ihm gelernt habe: „Das Schlimmst, was im Opus Dei passieren könnte, ist, dass man nicht merken würde, wie gern wir uns haben.“ Durch unseren Vater habe ich verstanden, dass Christus kein Katechismus, sondern die Mensch gewordenen Liebe ist.

Wie würden Sie die Erfahrung beschreiben, einen Heiligen gekannt zu haben? Dachte man manchmal, dass man ihn eines Tages zur Ehre der Altäre erhoben sehen würde?

Ich habe nie daran gezweifelt, dass er heilig war. Ich war bereit, alles nur Denkbare zu tun, um so viel Zeit wie möglich mit ihm zusammen zu sein; nicht weil ich aus Neapel komme. Sondern weil ich überzeugt war, dass er ein Heiliger war und dass es schade sein würde, eine Gelegenheit, ihn zu sehen und zu hören, zu versäumen. Dass er zur Ehre der Altäre erhoben wurde, scheint mir nur gerecht; ich würde ihn gerne an viel mehr Stellen sehen. Wenn ich ihn in einem der Filme sehe, habe ich Lust, mir zu sagen: „Pippo, du musst neu beginnen.“

Welches ist Ihrer Meinung nach der bedeutendste Beitrag des Gründers des Opus Dei?

An erster Stelle eine Erneuerung der Heiligkeit der ganzen Kirche, ein neues Wehen des Heiligen Geistes. Dann die wesensmäßige und angemessene Einbindung der Rolle der Laien, die in diesem Moment der Kirchengeschichte unerlässlich ist. Und schließlich, dass er daran erinnert hat, dass aus dem Glauben leben heißt, mit Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiligem Geist, mit Maria und Josef und mit Jesus und den Aposteln als Familie zusammen zu leben. Die Kirche ist Familie; die Familie Gottes ist kein Kloster, keine Kaserne und keine Schule. Das ist eine minimale Zusammenfassung. Man könnte ganze Bibliotheken mit diesem Thema füllen und in der Tat werden viele Bücher darüber geschrieben.

Und in Bezug auf die Aufgabe der Journalisten oder der Medien in der Gesellschaft?

Ich glaube, in diesem Bereich gibt es manches zu verbessern. Unser Vater war ein großes kulturelles Ereignis. Ein neuer Lebensstil. Und wir selbst müssen das an erster Stelle immer besser verstehen. Die Professionalität der Arbeit der Medien ist nicht nur eine Frage der Technik, sie bedeutet, gebildet zu sein, alles über den Menschen zu wissen. Lebenserfahrung zu besitzen und die Literatur, die Geschichte, die Philosophie dessen, was die Menschen hervorgebracht haben. Ein Professioneller sein heißt nicht nur, ein Spezialist sein, sondern ein ganzer Mensch.