Dr. Wolfgang Ockenfels OP, Theologieprofessor, Trier, Deutschland

Aus einer Predigt am 19. Oktober 2002 in St. Andreas, Köln

Die Präsentation seiner Grundideen kommt nicht auf hohen akademischen Stelzen daher und verzichtet bewusst auf den "modernen" Anspruch unbedingter theologischer Originalität. Nebenbei bemerkt: "Originalität" offenbart oft nur einen Mangel an Belesenheit. Und die ideologische "Moderne" hat nicht selten das Neue von der Tradition abgelöst und schon deswegen für das Bessere gehalten, weil es als neu erscheint. Escrivás Gedanken hingegen bewegen sich in der Sphäre des Bewahrten, der kirchlich tradierten Spiritualität und Lehre und beleben diese durch überraschende Sichtweisen, spannende Akzente und kräftige Anstöße. Daraus erwuchsen jene, den praktischen Lebensstil christlicher Nachfolge entscheidend prägenden Kombinationen von Grundeinsichten, die später durch das Zweite Vatikanische Konzil eine kirchenamtliche Bestätigung erfahren sollten. Sie umfassen, kurz skizziert, folgende drei Vermittlungen:

Erstens die Verbindung von Glauben und Leben: Christliches Leben lässt sich nicht auf bestimmte Situationen und Zeitabschnitte reduzieren, es beschränkt sich nicht auf fromme Momente oder liturgische Ereignisse an Sonn- und Feiertagen. Vielmehr bewährt es sich im normalen Alltag, besonders in der Arbeit, die von spiritueller Bedeutung ist.

Zweitens die Verbindung von Laikalität und Heiligkeit: Zur Nachfolge Christi und zur Heiligkeit sind alle Christen berufen, nicht nur eine charismatische Avantgarde oder Elite, ein klerikaler Stand (Diakone, Priester) oder die Ordensleute. Angesprochen sind also die gewöhnlichen Laien in ihrer laikalen Spiritualität.

Drittens die Verbindung von Selbstheiligung und Heil für alle Menschen: Christliches Leben hat nicht nur das eigene Heil im Blick und bleibt nicht egoistisch bei der Selbstheiligung stehen, sondern nimmt am Erlösungswerk Christi und seiner Kirche teil, indem es sich missionarisch für die Neu- Evangelisierung der Welt einsetzt.