Das Buch der Ethik nicht zuklappen

Thomas Rusche zur Eröffnung des Conference Center im Kölner Campus Muengersdorf

Dr. Thomas Rusche

Köln. – Am 26. Januar eröffnete der Kölner Campus Muengersdorf sein „Conference Center“. Der Campus war nach längerer Umbauphase zum Wintersemester 2009/10 wiedereröffnet worden. Zum Eröffnungsvortrag „Profit ohne Moral?“ vor Studentinnen sowie Freunden und Förderern des Campus begrüßte Hilde Müller, die Leiterin des Hauses, Dr. Thomas Rusche, den geschäftsführenden Gesellschafter eines großen Bekleidungshauses.

„Wir alle sind auf unterschiedlichen Inseln zu Hause, auf die wir uns zurückziehen wollen, und von denen wir nicht hinausgehen zu anderen“. Mit diesem Bild umriss der promovierte Ökonom und Theologe Thomas Rusche die Lage unserer Gesellschaft. Die schwierige Situation biete zugleich die Chance, erneut Werteorientierung zu geben, wie sie die katholische Soziallehre für Wirtschaft und Gesellschaft biete.

„Frühere Selbstverständlichkeiten im Religiösen und Sozialen sind zerbröselt“, stellte Rusche fest. Einen Wertekitt gebe es nicht mehr. Die Aufklärung habe zwar aus der „selbstverschuldeten Unmündigkeit“ der puren Traditions- und Autoritäts-Gläubigkeit befreit, aber mit der Tendenz zu völliger Willkür.

Die Gesellschaft habe sich in Subsysteme zergliedert, gleichsam in Inseln, von denen die „Wirtschaftsinsel“ mit ihren marktwirtschaftlichen Entwicklungen nur eine sei. „Trotz der konsumistischen Spirale“ machte Thomas Rusche aber auch „Strukturen der Empathie und der Sympathie“ aus. Auf die Wirtschaftsinsel könnten durchaus Prinzipien der „christlichen Insel“ übertragen werden. Die Christen dürften sich nicht auf die „Insel des Glaubens“ zurückziehen – aus Angst, dass ihre Glaubensüberzeugungen in der Öffentlichkeit beziehungsweise in der Wirtschaft nicht ankämen. Rusche rief im Gegenteil dazu auf, „die ethischen Grundwerte gegenüber dem Relativismus stark zu machen“, der zur Folge habe, dass der Einzelne nur auf seiner Insel Recht habe. Die Christen sollten sich zu anderen Inseln aufmachen. Rusche forderte seine Zuhörer dazu auf, das Buch der Ethik nicht zu schließen.

An der Schnittstelle zwischen persönlichen Überzeugungen und allgemeiner Werteordnung setze die katholische Soziallehre an, meinte Thomas Rusche. Ihre Motivationskraft sei das Bewusstsein ein Geschöpf, ein Kind Gottes zu sein, das den Menschen seine Zeitgenossen als Geschwister betrachten lässt und sie dementsprechend behandle. Sozietätsprinzip im Sinne des „Ideal role taking“ und Solidarität würden dann selbstverständlich.