Betrachtungstext: Ostermontag

Der auferstandene Jesus geht den Frauen entgegen – Die heiligen Frauen werden zu Aposteln – Der Mut, der aus der Begegnung mit dem auferstandenen Christus kommt

„DER HERR ist vom Tod auferstanden, wie er gesagt hat. Freut euch und frohlockt, denn er herrscht in Ewigkeit. Halleluja.“ Mit dem Eröffnungsvers der heutigen Messe lädt uns die Kirche ein, mit allen unseren Brüdern und Schwestern in den Jubel mit allen Heiligen und Seligen, mit den Engeln und himmlischen Chören einzustimmen. Der Ostersonntag ist ein so großes Geheimnis, dass die Liturgie ihm nicht nur einen Tag widmet – „das wäre“, wie Papst Benedikt sagte, „zu wenig für so viel Freude“1 –, sondern eine ganze Woche. Die acht Tage der so genannten Osteroktav sind wie ein langer Sonntag. Denn vierundzwanzig Stunden sind nicht genug, um die Freude zu fassen, die im Wissen liegt, dass Jesus mit seinen verklärten Wunden lebt und sich – mit Worten der ältesten uns bekannten Osterpredigt – an uns richtet: „Wer ist es, der mit mir einen Wettstreit führt? Er trete mir gegenüber! (...) Ich, spricht Er, der Christus, ich habe den Tod vernichtet und über den Feind triumphiert und den Hades niedergetreten und den Starken gefesselt und den Menschen entrissen in die Höhen des Himmels.“2

Die Frauen, die dem Herrn nachgefolgt sind, sind aus Liebe zum Grab ihres Meisters gegangen. Doch sogleich machen sie kehrt, um eilends den anderen zu erzählen, was ihnen widerfahren ist: Sie fanden das Grab leer und trafen Jesus ..., der lebt! Sogleich verließen sie das Grab voll Furcht und großer Freude, berichtet das Evangelium, und sie eilten zu seinen Jüngern, um ihnen die Botschaft zu verkünden (Mt 28,8). Es ist der auferstandene Christus selbst, der ihnen entgegengeht und sie in ihrer apostolischen Absicht bestärkt: Geht und sagt meinen Brüdern, sie sollen nach Galiläa gehen und dort werden sie mich sehen (Mt 28,10).

Die Frauen verspüren eine ungeahnte Freude, die zugleich von Verwirrung durchsetzt ist, denn die Szenen der Passion sind nicht leicht zu vergessen. Sie stellen nicht in Frage, was sie gesehen haben, sie haben keinen Zweifel daran, dass es Jesus ist, der ihnen auf dem Weg begegnet ist; es war sein Blick und es war der Tonfall seiner Stimme. „Nach den Riten des Ostertriduums, die uns das Geheimnis des Todes und der Auferstehung unseres Herrn neuerlich erleben lassen haben, betrachten wir ihn jetzt mit den Augen des Glaubens als den Auferstandenen und Lebendigen“, so predigte Papst Franziskus an einem Ostermontag vor dem Regina Coeli-Gebet am Petersplatz. „Auch wir sind aufgerufen, ihm persönlich zu begegnen und seine Verkünder und Zeugen zu werden.“3


MARIA MAGDALENA und die anderen Frauen, die Jesus nachgefolgt sind, sind beauftragt, den Aposteln die Nachricht zu bringen. Jesus vertraut ihnen die erste Verkündigung der Auferstehung an, sie werden, wie Johannes Paul II. hervorhob, „die ersten Zeugen dieser Wahrheit sein. Vielleicht wollte er ihr Zartgefühl belohnen, ihre Sensibilität für seine Botschaft, ihre Tapferkeit, die sie bis zum Golgatha geführt hat.“4 Maria Magdalena „suchte ihn, den sie nicht gefunden hatte, sie suchte ihn weinend und brennend vor Liebe. Deshalb“, so sagt der heilige Gregor, „war sie die Einzige, die ihn damals gesehen hat, weil sie weiter nach ihm gesucht hatte; denn was den guten Werken Kraft gibt, ist das Ausharren in ihnen.5 Diese Frauen wurden zu Aposteln der Apostel. Sie werden es auch sein, die die Jünger antreiben, ein für alle Mal ihren Zufluchtsort zu verlassen und selber den Herrn zu suchen.

Die Kraft ihres Zeugnisses kommt aus einer aufrichtigen Liebe zum Meister. Der Motor der Evangelisierung in der Kirche ist seit jeher die Liebe gewesen. So ist es im Leben der Heiligen: Bewegt vom Feuer ihrer Liebe zum Herrn, haben sie ihn mutig verkündet. Wie die Flüsse im Frühling über die Ufer treten und das Feld fruchtbar machen, so „ist das Apostolat Ausdruck unserer Liebe zu Gott, die sich überfließend dem anderen mitteilt“, schrieb der heilige Josefmaria. „Inneres Leben bedeutet Wachstum in der Vereinigung mit Christus, im Brot und im Wort. Der apostolische Eifer ist die genau entsprechende und notwendige Äußerung des inneren Lebens. Wenn man die Liebe Gottes verkostet, spürt man die Last der Seelen (...). Für den Christen ist Apostolat etwas Selbstverständliches: nichts Aufgesetztes, Nebensächliches, mit seinem täglichen Tun nur äußerlich Verbundenes.“6

Wir wissen jetzt, dass der Herr lebt und uns liebt; das ist die große Nachricht, die unser Leben mit Hoffnung erfüllt, und wir wünschen uns, dass viele andere auch in diesen Genuss kommen mögen. Jesus selbst kommt uns entgegen, um uns in dieser Sehnsucht zu bestärken und sie zugleich für alle Zeiten in die Sendung seiner Jünger zu verwandeln: Geht und verkündet (vgl. Mk 16,15). Er scheint zu einem jedem von uns zu sagen: Durch dein Leben, durch dein Wort, durch deine Freundschaft kannst auch du deinen Brüdern und Schwestern die großartige Botschaft vermitteln, dass das Leben stärker ist als der Tod und die Liebe stärker als der Hass.


IM GEGENSATZ zu den heiligen Frauen waren die Wachen am Grab voller Entsetzen, als sie entdeckten, dass es leer war. Sie dachten, jemand habe den Leichnam gestohlen. Sie wussten nicht, wie sie sich das Geschehen erklären sollten. Sie waren angsterfüllt, weil ihnen klar war, dass ihr Leben auf dem Spiel stand. Sie gingen in die Stadt und meldeten es den jüdischen Behörden. Die Hohepriester und Ältesten erkauften sich ihr Schweigen mit einer hohen Geldsumme und sicherten ihnen Schutz zu für den Fall, dass Pilatus von ihrer Nachlässigkeit erfahren sollte.

Während in den Frauen der Mut neu erwacht, als sie entdecken, dass Christus lebt, schwatzen die Behörden von einem Toten, den sie fürchten. Während die heiligen Frauen voller Freude das Grab verlassen, um die Nachricht den anderen zu überbringen, suchen die Soldaten das Weite in der Absicht, das Geschehene verborgen zu halten. Jene gewinnen den Frieden zurück, während diese sich in Angst und Lügen verstricken. „Der Auferstandene sagt uns heute wie den Frauen, (...)“, predigte Papst Benedikt, „dass wir uns nicht scheuen sollen, die Nachricht von seiner Auferstehung zu verkünden. Wer dem auferstandenen Jesus begegnet und sich ihm fügsam anvertraut, hat nichts zu befürchten. Dies ist die Botschaft, die die Christen bis an die Enden der Erde verbreiten sollen.“7 Und weiter sagt der Papst, es gebe jeden Tag „viele Gelegenheiten, unseren Glauben anderen auf einfache und überzeugende Weise mitzuteilen, so dass aus unserer Begegnung ihr Glaube geboren werden kann. Und es ist dringender denn je, dass die Männer und Frauen unserer Zeit Jesus kennenlernen, ihm begegnen und sich ‒ auch dank unseres Beispiels ‒ von ihm gewinnen lassen.“8

In österliche Freude getaucht, rufen wir Maria an, damit sie uns zu Zeugen der Liebe Jesu Christi macht, zu Boten der Hoffnung, die er durch seinen Sieg für uns gewonnen hat.


1 Benedikt XVI., Regina Coeli-Gebet, 9.4.2007.

2 Meliton von Sardes, Aus einer Osterpredigt (Brevier, Lesehore, Zweite Lesung).

3 Franziskus, Regina Coeli-Gebet, 22.4.2019.

4 Hl. Johannes Paul II., Generalaudienz, 22.2.1989.

5 Hl. Gregor der Große, Homilie 25, 1-2. 4-5.

6 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 122.

7 Benedikt XVI., Regina Coeli-Gebet, 9.4.2007.

8 Ebd.