Predigt von Bischof Javier Echevarría

bei der Priesterweihe von Diakonen der Prälatur,26. Mai 2007, Basilika San Eugenio, Rom

Wie berichtet hat der Prälat des Opus Dei am 26. Mai in Rom 38 Numerariern des Opus Dei die Priesterweihe gespendet (siehe den Link am Ende des Artikels). Wir dokumentieren die Homilie von Bischof Echevarría:

Liebe Brüder und Schwestern. Meine lieben Diakone:

1. Seit vielen Monaten bereitet ihr euch auf diesen Tag vor, an dem euch unser Herr Jesus Christus durch die Auflegung meiner Hände und das Weihegebet als Priester des Neuen Bundes einsetzt. Viele Personen auf der ganzen Welt haben für jeden von euch gebetet und beten weiter für euch: eure Familien, eure Freunde, alle eure Brüder und Schwestern im Opus Dei.Als wir uns in den vergangenen Tagen auf das Pfingstfest vorbereiteten, war unser Gebet noch intensiver als sonst. Wir wollten die Apostel Jesu nachahmen, die nach der Himmelfahrt des Meisters im Abendmahlssaal in Jerusalem zusammenkamen, um auszuharren – „einmütig im Gebet, zusammen mit den Frauen und mit Maria, der Mutter Jesu, und mit seinen Brüdern“(1).

Schließlich ist der große Tag gekommen. Die Basilika San Eugenio ist heute für uns jenes Obergemach, in dem Maria, die Apostel und die heiligen Frauen das Kommen des Heiligen Geistes erwarten. Maria, die Mutter Jesu und unsere Mutter, lehrt uns zu beten, sie zeigt uns, wie der Heilige Vater kürzlich bei seiner Reise nach Brasilien sagte, “wie wir unseren Geist und unsere Herzen dem Wirken des Heiligen Geistes öffnen können, der herabkommt, damit wir ihn der ganzen Welt weitergeben”(2).

Einmal mehr wird verborgen in den liturgischen Zeichen der Beistand, der Paraklet, auf die Kirche und jeden einzelnen von uns herabkommen. Er wird sich ganz besonders über diese Diakone ergießen, indem er sie zu Priestern Jesu Christi umformt, zu Priestern auf ewig. In der Gegenwart und unter dem Wirken des Beistands der Kirche und der Seelen wollen wir daher den „Dominus tecum“ betrachten, dessen wir uns im Avemaria erinnern.

2. Die Schriftlesungen der Heiligen Messe handeln vom universalen Heilswirken des Heiligen Geistes. So spricht der Herr: „Es wird geschehen, dass ich meinen Geist ausgieße über alles Fleisch“. Und „wer den Namen des Herrn anruft, wird gerettet“(3). Und der heilige Paulus lehrt im Römerbrief: „Auch wir, obwohl wir als Erstlingsgabe den Geist haben, seufzen in unserem Herzen und warten darauf, dass wir mit der Erlösung unseres Leibes als Söhne offenbar werden“(4), also auf die volle Offenbarung des Heilswirkens Gottes.

Aber wer ist der Heilige Geist? Wie wirkt er? Wie können wir uns besser darauf vorbereiten, ihn zu empfangen? Auf diese Fragen antwortet die christliche Glaubenslehre klar, dass „der Heilige Geist eine der Personen der heiligsten Dreifaltigkeit ist, eines Wesens mit dem Vater und dem Sohn, und dass er‚ mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird‘. … Zusammen mit dem Vater und dem Sohn verwirklicht der Heilige Geist vom Anfang bis zur Vollendung den Ratschluss zu unserem Heil.“(5) Er ist die unendliche Liebe des Vaters und des Sohnes, die ewige Gabe, die einer dem anderen hingibt, das Band der Einheit der heiligsten Dreifaltigkeit.

Wenn wir an Gott denken, fällt es uns mehr oder weniger leicht, uns an den Vater oder an den Sohn zu wenden, die sich durch die irdische Vaterschaft bzw. Sohnschaft in einer Weise zeigen, die unserer Erfahrung leichter zugänglich ist. Darüber hinaus überliefern uns die Evangelien zahlreiche Erinnerungen an das Leben des Sohnes auf Erden. Sich vom Heiligen Geist eine Vorstellung zu machen ist schwieriger, aber für uns notwendig. Der heilige Josefmaria schreibt: „Es ist möglich, dass das Wirken des Heiligen Geistes von uns unbemerkt bleibt, da Gott uns seine Pläne nicht eröffnet und die Sünde im Menschen die Gaben Gottes trübt und verdunkelt. Aber der Glaube erinnert uns daran, dass der Herr ständig wirkt: Er hat uns erschaffen und erhält uns im Sein, und mit seiner Gnade führt Er die ganze Schöpfung zur Freiheit der Herrlichkeit der Kinder Gottes (vgl. Röm 8,21).“(6)

Tatsächlich ist der Tröster sogar unter Christen wenig bekannt, weil es am Verlangen mangelt, mit ihm Umgang zu haben und seine große Liebe zu uns zu verbreiten. Aus diesem Grund nannte ihn der Gründer des Opus Dei den „Großen Unbekannten“. Das müsste nicht so sein. Unser Vater Gott ist so gut, dass er sich nicht damit zufrieden gab, uns seinen Sohn – Jesus, das fleischgewordene Wort – hinzugeben, sondern uns auch den Heiligen Geist gesandt hat. Durch die heiligmachende Gnade wohnt so seit unserer Taufe der eine, einzige und dreifaltige Gott in unseren Seelen und bewirkt, dass wir Kinder Gottes heißen und es auch wirklich sind. Liebe Brüder und Schwestern, entscheiden wir uns, den Heiligen Geist in der Tiefe unserer Seele aufzusuchen, mit ihm zu sprechen, uns in den verschiedensten Situationen an ihn zu wenden. Unser alltägliches Leben wird so an Höhe und Tiefe, an übernatürlichem Profil gewinnen.

3. Die Liturgie der Kirche ist reich an Symbolen, die auf den Tröster anspielen und helfen können uns bei unserer Betrachtung des Heiligen Geistes und sein Wirken in den Seelen. Die Sequenz Veni, Sancte Spiritus, die heute und morgen in der Heiligen Messe gebetet wird, und der Hymnus Veni, Creator Spiritus, der während der Weihe gesungen wird, sind voll von solchen Symbolen. Ich werde mich kurz mit ein paar davon befassen.

Schon in der ersten Strophe spricht die Sequenz vom Heiligen Geist als Licht der Seele, wenn sie vom Himmel seines Lichtes Strahlerbittet; und danach, wenn sie uns einzustimmen einlädt: Komm, o du glückselig Licht, fülle Herz und Angesicht, dring bis auf der Seele Grund. Das Licht widersetzt sich der Dunkelheit. Es ist Bedingung für das Leben: Eine Welt ohne Licht wäre eine tote Welt. Der Geist vertreibt das Dunkel der Sünde, stellt uns die Lehren Christi vor Augen und hilft uns dabei, tiefer in sie einzudingen. Er zeigt uns die Zärtlichkeit unseres Vaters Gott auf, und lässt uns nach den himmlischen Gütern streben. Wie uns der Katechismus der Katholischen Kirche lehrt, ist der Heilige Geist durch seine Gnade „der Erste bei der Weckung unseres Glaubens und beim Eintritt in das neue Leben. Dieses Leben besteht darin, den Vater ‚zu erkennen und Jesus Christus‘, den er gesandt hat (Joh 17,3).“(7)

Euch, meinen Söhnen Diakonen, wird der Paraklet durch das Priestertum die Fähigkeit verleihen, die Wahrheiten des christlichen Glaubens und der christlichen Moral mit Autorität zu lehren. Ihr seid seine Instrumente, um die Seelen zu erhellen und Antwort zu geben auf die Fragen, die so oft die Herzen der Menschen bedrängen: Die Fragen nach dem Sinn des Leidens, des Lebens und des Todes, nach der unfassbaren Liebe unseres himmlischen Vaters zu all seinen Geschöpfen; und untrennbar damit verbunden nach den Pflichten der Gerechtigkeit und der Liebe gegenüber allen Menschen. Erinnert euch an die Verkündigung des heiligen Josefmaria: „Wir Priester dürfen nur von Gott sprechen. Wir sprechen nicht von Politik, nicht von Soziologie, nicht von Angelegenheiten, die von unseren priesterlichen Aufgaben fern sind. Und so werden wir bewirken, dass die heilige Kirche und der Papst geliebt werden.“(8)

Der Heilige Geist wird auch mit dem Wasser verglichen. Wir haben es im Evangelium vernommen. „Am letzten Tag des Festes, dem großen Tag, stellte sich Jesus hin und rief: Wer Durst hat, komme zu mir, und es trinke, wer an mich glaubt. Wie die Schrift sagt: Aus seinem Inneren werden Ströme von lebendigem Wasser fließen. Damit meinte er den Geist, den alle empfangen sollten, die an ihn glauben“(9), erläutert der heilige Johannes.

Im Sakrament der Buße, meine Söhne, könnt ihr die Flecken der Seelen reinigen, die Sünden vergeben im Namen und mit der Vollmacht Jesu Christi, dank der Barmherzigkeit Gottes des Vaters und kraft des Heiligen Geistes. Dankt dem Herrn – sagen wir alle Dank! – für dieses bewundernswerte Geschenk, das der barmherzige Gott in unsere armen Hände gelegt hat, und seid darauf bedacht, daraus reiche Frucht zu ziehen. Folgt dem Beispiel und dem Rat des heiligen Josefmaria und verbringt viele Stunden mit Beichthören. Das ist keine verlorene Zeit, sondern im Gegenteil eine sehr wertvolle Zeit, weil es kein besseres „Geschäft“ gibt als Seelen zu retten, wenn sie erneut in der Gnade Gottes leben.

Insofern er Liebe ist, wird der Heilige Geist mit dem Feuer verglichen, das unsere Herzen erwärmt und unsere Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen entflammt. Auf diese Art kam über die Kirche der Pfingsttag. Entzünde in unseren Herzen die Liebe, vor allem, indem Du uns Jesus in der eucharistischen Kommunion gibst! Derselbe Geist, der im reinsten Schoß Mariens die Fleischwerdung des Wortes geschehen machte, bewirkt nun, dass sich Brot und Wein in Leib und Blut Christi verwandeln.

Liebe Diakone, wenn heute der Beistand über euch herabkommt, wird er euren Seelen das priesterliche Siegel einprägen. Es zeigt unauslöschlich an, dass euch Christus, der höchste und ewige Priester bestärkt und euch alle Vollmachten seiner Diener überträgt. Darunter die wunderbarste und grundlegendste für das Leben der Kirche, nämlich „in persona Christi Capitis“ handeln zu können, Christus im eucharistischen Opfer zu vertreten. Mit dem heiligen Josefmaria lade ich euch alle ein, darüber nachzusinnen, wie überreich der göttliche Tröster wirkt, wenn die Priester überall auf den Altären in der Feier der Heiligen Messe das Opfer von Kalvaria erneuert. Wie sehr müssen wir Gott dem Heiligen Geist für dieses Geschenk der Liebe danken, die Heilige Eucharistie!

Am Ende möchte ich an ein weiteres Zeichen erinnern, mit dem die Heilige Schrift den Heiligen Geist bezeichnet, den Wind. Der heilige Lukas beschreibt ihn am Anfang der Apostelgeschichte: „Als der Pfingsttag gekommen war, … kam plötzlich vom Himmel her ein Brausen, wie wenn ein heftiger Sturm daherfährt, und erfüllte das ganze Haus, in dem sie waren“(10). Unverzüglich macht sich bemerkbar, was dieses Hereinbrechen bewirkt: Petrus und die übrigen Apostel legen ihre Ängste ab und verkünden öffentlich mit großer Kraft die Auferstehung Jesu, sodass zahlreiche Menschen der Kirche zugezählt werden konnten.

Wir dürfen nie vergessen, auch nicht, wenn die Schwierigkeiten in unserem persönlichen Leben oder im Apostolat manchmal groß sind: Das Wirken des Geistes wird sich in dem Maße offenbaren, in dem wir seinen Eingebungen folgen. Mit dem Gebet, mit dem regelmäßigen Empfang der Sakramente, mit der vollen Fügsamkeit gegenüber dem Beistand werden wir alle Hindernisse überwinden.

4. Am Anfang habe ich euch daran erinnert, dass wir in dieser Basilika wie in jenem Obergemach von Jerusalem zusammengekommen sind: mit Maria in unserer Mitte. Bitten wir um ihre mütterliche Fürsprache für den Heiligen Vater und für die Bischöfe, für die neuen Priester und ihre Familien, für alle Priester und das ganze Volk Gottes. Ich mache mir die flehentliche Bitte des Papstes bei einer ähnlichen Feier vor wenigen Wochen zu eigen, bei der Benedikt XVI. sagte: „Wir beten dafür, dass in jeder Pfarrgemeinde und in jeder christlichen Gemeinschaft die Aufmerksamkeit gegenüber den Berufungen und der Formung der Priester wachsen möge: Sie beginnt in der Familie, wird im Seminar fortgesetzt und bezieht all jene ein, denen das Heil der Seelen am Herzen liegt.“(11)

Nie möge diese dringende Bitte in unseren täglichen Gebeten fehlen, damit der Beistand auf die Fürsprache Mariens, der Mutter der Priester, viele und heilige Diener Christi für die Kirche berufe.

Amen.

1 Apg 1,14.

2 Benedikt XVI., Ansprache in Aparecida, 12.05.2007.

3 Vigilmesse vom Pfingstsonntag, Erste Lesung (Joël 3,1.5).

4 Vigilmesse vom Pfingstsonntag, Zweite Lesung (Röm 8,23).

5 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 685–686.

6 Josemaría Escrivá, Christus begegnen, Nr. 130.

7 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 684.

8 Josemaría Escrivá, Brief an die Priester, 10.06.1971.

9 Vigilmesse vom Pfingstsonntag, Evangelium (Joh 7,37–38).

10 Apg 2,1–2.

11 Benedikt XVI., Predigt anlässlich einer Priesterweihe, 29.04.2007.