Betrachtungstext: 3. Woche im Jahreskreis – Sonntag (B)

Die Bekehrung der Niniviten – Jesus hat das Leben der Apostel verändert – Den Zauber der ersten Bekehrung aufleben lassen

Hoher Fels in der Sonne mit Blick auf eine sonnige Hügellandschaft

DIE ERSTE LESUNG berichtet vom Auftrag, den Jona vom Herrn erhielt: Mach dich auf den Weg und geh nach Ninive, der großen Stadt, und rufe ihr all das zu, was ich dir sagen werde! Jona machte sich auf den Weg und ging nach Ninive, wie der Herr es ihm befohlen hatte. Ninive war eine große Stadt vor Gott; man brauchte drei Tage, um sie zu durchqueren. Jona begann, in die Stadt hineinzugehen; er ging einen Tag lang und rief: Noch vierzig Tage und Ninive ist zerstört! Und die Leute von Ninive glaubten Gott. Sie riefen ein Fasten aus und alle, Groß und Klein, zogen Bußgewänder an. Als Gott sah, dass sie umkehrten und sich von ihren bösen Taten abwandten. Da reute Gott das Unheil, das er ihnen angedroht hatte, und er tat es nicht (vgl. Jona 3, 1-5. 10).

Jede Bekehrung erfordert eine freie Antwort: Der erste Interessent für eine Veränderung ist man selbst. Aber es geht nicht nur darum, bestimmte äußere Verhaltensweisen zu ändern, sondern es geht um etwas viel Tieferes: Es geht darum, Gott in den Mittelpunkt des eigenen Lebens zu stellen und nicht die Modelle der Welt. „Es geht also darum, unsere Mentalität zu ändern – darin besteht Umkehr, unsere Mentalität zu ändern – und unser Leben zu ändern: nicht mehr den Vorbildern der Welt zu folgen, sondern dem Vorbild Gottes, das Jesus ist; Jesus zu folgen, wie Jesus getan und wie Jesus uns gelehrt hat. Es ist eine entscheidende Änderung der Perspektive und Haltung. Tatsächlich ist die Sünde, besonders die Sünde der Weltlichkeit, wie Luft, sie durchdringt alles, und sie hat eine Mentalität hervorgebracht, die dazu neigt, sich selbst gegen andere und auch gegen Gott zu behaupten.‟1 Die Einwohner von Ninive ließen ihre alten Sicherheiten hinter sich, jene Bosheit, die bis vor den Herrn gedrungen war (vgl. Jona 1,2), und ließen sich auf Opfer und Buße ein, um die göttliche Gunst zu erlangen, was nichts anderes war als ihr eigenes Glück.

Die Botschaft des Herrn an die Niniviten forderte sie auf, sich von den weltlichen Realitäten zu lösen und zu erkennen, dass nur das, was von ihm kommt, sie glücklich machen kann. Diese Aufforderung anzunehmen, bedeutet vor allem, seinem Wort zu vertrauen, sich von Gott heilen zu lassen und sich der Gemeinschaft mit ihm zu öffnen. Auf diese Weise wirkt er in unseren guten Wünschen und stärkt unsere Bemühungen, ihm zu folgen. „Für ein Kind Gottes‟, sagte der heilige Josefmaria, „ist jeder einzelne Tag eine Gelegenheit, sich zu erneuern; dabei wird es von der Gewißheit getragen, daß es ‒ mit Hilfe der Gnade ‒ bis zum Ende des Weges, bis zur Liebe selbst gelangen wird. Es ist also gut, wenn du beginnst und immer wieder neu beginnst. Wenn du entschlossen bist zu siegen und mit der Hilfe Gottes kämpfst, wirst du auch siegen. Es gibt keine Schwierigkeit, die du nicht überwinden könntest!‟2


DAS EVANGELIUM erzählt uns auch von der Einladung Jesu zu einem neuen Leben. Sobald er hörte, dass Johannes verhaftet worden war, ging der Herr nach Galiläa, um zu predigen: Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium! Als Jesus am See von Galiläa entlangging, sah er Simon und Andreas, den Bruder des Simon, die auf dem See ihre Netze auswarfen; sie waren nämlich Fischer. Da sagte er zu ihnen: Kommt her, mir nach! Ich werde euch zu Menschenfischern machen (Mk 1,14-18).

Christus ist das helle Licht (Jes 9,1), das die Bewohner von Galiläa und die Apostel erleuchtet hat. Er ist die Grundlage für die Bekehrung und Berufung der Jünger. Wenn diese Männer nun ihr Leben geändert haben, dann gerade deshalb, weil Jesus sie berufen hat. Manchmal mag es unmöglich erscheinen, „den Weg der Sünde zu verlassen, weil das Engagement für die Umkehr nur auf einen selbst und auf die eigene Kraft ausgerichtet ist und nicht auf Christus und dessen Geist. Doch unser Festhalten am Herrn kann nicht nur auf eine persönliche Anstrengung beschränkt sein, nein. Dies zu meinen wäre auch eine Sünde des Stolzes. Unser Festhalten am Herrn darf nicht auf eine persönliche Anstrengung beschränkt werden, sondern muss sich vielmehr in einer vertrauensvollen Offenheit von Herz und Verstand ausdrücken, um die Gute Nachricht Jesu aufzunehmen‟3.

Die ersten Jünger konnten in Jesus das helle Licht erkennen, das ihr Leben erhellte. Diese Begegnung veränderte die Ausrichtung ihrer Zukunft. So verließen sie sogleich das Boot und ihren Vater und folgten Jesus nach (Mt 4,22). Das, was ein wesentlicher Teil ihres täglichen Lebens war ‒ der Fischfang ‒, wird dann in die Pläne, die der Meister ihnen gibt, integriert und diesen untergeordnet. Gewiss, der Herr verlangt nicht von allen Menschen, ihre Netze auf diese Weise zu verlassen. Aber jede Berufung „ist ein Phänomen, das der Arbeit den Sinn einer Sendung vermittelt; es veredelt unsere Existenz und macht sie wertvoll. Jesus tritt mit einem Akt der Autorität in die Seele ein – in die deine, in die meine: Das ist der Ruf‟4.


DAS HERZ zu öffnen und dem Ruf Gottes zur Umkehr zu folgen, ist der erste Schritt auf dem Weg zur Heiligkeit. Die Apostel entschieden sich, Jesus nachzufolgen, aber sie mussten noch viel in ihrem Leben ändern. In diesem Sinne schrieb der heilige Josefmaria: „Sich bekehren ist Sache eines einzigen Augenblicks, sich heiligen Sache eines ganzen Lebens. Der göttliche Samen der Liebe, den der Herr in uns gelegt hat, will wachsen, sich in Taten erweisen und Früchte bringen, die jederzeit dem Herrn wohlgefällig sind. Deshalb müssen wir bereit sein, neu anzufangen und in jeder neuen Situation, vor die uns das Leben stellt, das Licht und die Kraft der ersten Bekehrung wiederzufinden.‟5

Jesus verlangt nicht, dass wir ein perfektes Leben führen. Er will, dass wir nicht von ihm getrennt sind: das ist die Wurzel unserer Wirksamkeit, nicht so sehr das Fehlen von Schwächen. Das Entscheidende ist also nicht, niemals zu fallen, sondern bereit zu sein, in jedem Augenblick neu anzufangen und immer die Einheit mit dem Herrn zu suchen. Indem wir unsere Zerbrechlichkeit erkennen, lernen wir uns selbst besser kennen, und wir kennen auch die Art und Weise, wie Gott handelt, der uns immer wieder entgegenkommt, und zwar mit besonderer Sanftheit, wenn wir unsere Fehler entdecken und akzeptieren. Die Erinnerung an unsere erste Berufung, als wir Jesus in den Mittelpunkt unseres Lebens gestellt haben, kann uns helfen, wenn unsere Fehler vielleicht noch offensichtlicher sind und uns verwirren.

„Erinnere dich an dein Galiläa und gehe zu deinem Galiläa. Es ist der „Ort“, an dem du Jesus persönlich kennengelernt hast, wo er für dich nicht einfach eine geschichtliche Gestalt blieb wie andere, sondern wo er zur wichtigsten Person deines Lebens wurde: kein ferner Gott, sondern der nahe Gott, der dich besser kennt und dich mehr liebt als jeder andere.‟6 Vielleicht erinnerte sich Petrus, als er weinte, weil er Jesus dreimal verleugnet hatte, an einige Momente, die er mit ihm geteilt hatte: den Tag seiner Berufung, die vertrauten Gespräche, die Freude, Zeuge der Wunder zu sein... Und das war es vielleicht, was ihn ermutigte, nicht in Verzweiflung zu verfallen, und was ihn an etwas erinnerte, das auch wir erfahren haben: dass wir die göttliche Barmherzigkeit häufig empfangen müssen. Die Jungfrau Maria wird uns auch in schwierigen Zeiten helfen, den Blick ihres Sohnes zu suchen und uns daran zu erinnern, dass Gott uns immer ruft.


1 Papst Franziskus, Angelus, 24-I-2021.

2 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Pkt. 344.

3 Papst Franziskus, Angelus, 26-I-2020.

4 Hl. Josefmaria, Brief 3, Nr. 9.

5 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 58.

6 Papst Franziskus, Homilie, 8-IV-2023.