Thema 21. Taufe und Firmung

Die Taufe gliedert in Leben, Tod und Auferstehung Jesu Christi ein sowie in sein erlösendes Wirken. Sie prägt dem Empfänger ein geistiges, unauslöschliches Siegel seiner Zugehörigkeit zu Christus ein. Durch die Firmung nehmen die Christen vollkommener an der Sendung Jesu Christi und an der Fülle des Heiligen Geistes teil. Ein getaufter und gefirmter Christ ist bestimmt, kraft dieser Sakramente an der Evangelisierungssendung der Kirche teilzunehmen.

Die Taufe: biblische Grundlagen und Einsetzung

Unter den zahlreichen alttestamentarischen Vorausbildern der Taufe ragen die Sintflut, der Durchzug durch das Rote Meer und die Beschneidung hervor, weil sie im Neuen Testament unter Anspielung auf dieses Sakrament ausdrücklich erwähnt werden (vgl. 1 Petr 3,20-21; 1 Kor 10,1; Kol 2,11-12). Bei Johannes dem Täufer gibt es einen Wasserritus, der noch keine Heilswirksamkeit hat, aber mit der Unterweisung in der Lehre, mit der Bekehrung und dem Verlangen nach der Gnade verbunden ist – Grundpfeiler des künftigen Katechumenats.

Jesus wird zu Beginn seines öffentlichen Wirkens im Wasser des Jordan getauft (vgl. Mt 3,13-17), nicht aus Notwendigkeit, sondern aus erlösender Solidarität. Bei dieser Gelegenheit wird das Wasser endgültig als materielles Element des sakramentalen Zeichens ausgewiesen. Es öffnet sich außerdem der Himmel, der Geist kommt in Gestalt einer Taufe herab, und die Stimme des Vaters, bestätigt die göttliche Sohnschaft Christi. Am Haupt der künftigen Kirche offenbart sich also, was später sakramental an ihren Gliedern geschehen wird.

Beim Gespräch mit Nikodemus hebt Jesus das zwischen Taufwasser und Heil bestehende pneumatologische Band hervor, aus dem die Notwendigkeit der Taufe folgt: „Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen“ (Joh 3,5).

Das österliche Geheimnis verleiht der Taufe ihr Heilskraft. Jesus „hatte ja von seinem Leiden, das er in Jerusalem erdulden musste, als einer ’Taufe’ gesprochen, mit der er ’getauft’ werden müsse (Mk 10,38; vgl. Lk 12,50). Das Blut und das Wasser, die der durchbohrten Seite des gekreuzigten Jesus entflossen (vgl. Joh 19,34), sind Urbilder der Taufe und der Eucharistie, der Sakramente des neuen Lebens“ (Katechismus, 1225).

Vor seiner Himmelfahrt sagt der Herr zu den Aposteln: „Darum geht zu allen Völkern, und macht alle Menschen zu meinen Jüngern, und tauft sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes, und lehrt sie, alles zu befolgen, was ich euch geboten habe“ (Mt 28,19-20). Dieses Gebot wurde von Pfingsten an treu befolgt und ist bis heute das vorrangige Ziel der Evangelisierung.

Im Kommentar zu diesen Texten sagt Thomas von Aquin, dass die Einsetzung der Taufe schrittweise erfolgt ist. Bei der Taufe Christi wird die Materie bezeichnet; die Notwendigkeit der Taufe wird in Joh 3,5 bekräftigt; ihre Übung begann, als Jesus die Jünger zu Verkündigung und Taufe aussandte; ihre Wirksamkeit kommt aus der Passion; der allgemeine Taufbefehl wurde Mt 28,19 erteilt.

Die Rechtfertigung und die Wirkungen der Taufe

Paulus fragt: „Wisst ihr denn nicht, dass wir alle, die wir auf Christus Jesus getauft wurden, auf seinen Tod getauft worden sind? Wir wurden mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod; und wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, so sollen auch wir als neue Menschen leben“ (Röm 6,3-4). Durch unsere Eingliederung in Leben, Tod und Auferstehung sowie in das Erlöserwirken Jesu schenkt sie uns die Rechtfertigung. Darauf weist auch Kol 2,12 hin: „Mit Christus wurdet ihr in der Taufe begraben, mit ihm auch auferweckt, durch den Glauben an die Kraft Gottes, der ihn von den Toten auferweckt hat“. Wobei auch auf der Glaube erwähnt wird, durch den wir in Verbindung mit dem Taufritus „Christus als Gewand anlegen“. So sagt es Gal 3,26-27: „Ihr seid alle durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt“.

Die Rechtfertigung durch die Taufe zeitigt konkrete Wirkungen in der Seele des Christen, die die Theologie als „heilend“ und „erhebend“ bezeichnet. „Heilende Wirkung“ ist die Vergebung der Sünden, wie Petrus in der Pfingstpredigt erklärt: „Kehrt um, und jeder lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen“ (Apg 2,38). Diese Vergebung betrifft die Erbsünde und (bei den Erwachsenen) alle persönlichen Sünden. Auch die ewige Strafe und alle zeitlichen Strafen werden nachgelassen. Es bleiben jedoch im Getauften „gewisse zeitliche Folgen der Sünde: Leiden, Krankheit, Tod, Gebrechen, die mit dem Leben gegeben sind (wie etwa Charakterschwächen), sowie eine Neigung zur Sünde, die von der Tradition als Konkupiszenz (Begierlichkeit) oder, bildhaft, als ’Herd der Sünde’ (fomes peccati) bezeichnet wird“ (Katechismus, 1264).

Die „erhebende Wirkung“ besteht in der Ausgießung des Heiligen Geistes: „Wir wurden durch den einen Geist in der Taufe alle in einen einzigen Leib aufgenommen“ (1 Kor 12,13). Da es sich um den „Geist Christi“ (Röm 8,9) handelt, empfangen wir „den Geist, der uns zu Söhnen macht“ (Röm 8,15), zu Söhnen im Sohn. Mit der Gotteskindschaft vermittelt Gott dem Getauften die heiligmachende Gnade, die theologischen und sittlichen Tugenden und die Gaben des Heiligen Geistes.

Abgesehen von diesen Gnadenwirkungen bezeichnet die Taufe „den Christen mit einem unauslöschlichen geistlichen Siegel (character), einem Zeichen, dass er Christus angehört. Dieses Zeichen wird durch keine Sünde ausgelöscht, selbst wenn die Sünde die Taufe daran hindert, Früchte des Heils zu tragen“ (Katechismus, 1272).

Da wir in einem einzigen Geist getauft wurden, „um nur einen Leib zu bilden“ (vgl. 1 Kor 12,13), ist die Eingliederung in Christus gleichzeitig Eingliederung in die Kirche, und in ihr bleiben wir mit allen Christen verbunden, auch mit jenen, die nicht in voller Gemeinschaft mit der Katholischen Kirche stehen.

Schließlich ist daran zu erinnern, was die Getauften sind: „ein auserwähltes Geschlecht, eine königliche Priesterschaft, ein heiliger Stamm, ein Volk, das sein besonderes Eigentum wurde, damit sie die großen Taten dessen verkünden, der sie aus der Finsternis in sein wunderbares Licht gerufen hat“ (vgl. 1 Petr 2,9). Die Getauften haben also am gemeinsamen Priestertum der Gläubigen teil und sind „‘gehalten, den Glauben, den sie von Gott durch die Kirche empfangen haben, vor den Menschen zu bekennen‘ (LG 11) und sich an der apostolischen und missionarischen Tätigkeit des Gottesvolkes zu beteiligen“ (Katechismus, 1270).

Die Notwendigkeit der Taufe

Von Christus erklärt die neutestamentliche Katechese kategorisch, dass „uns Menschen kein anderer Name unter dem Himmel gegeben ist, durch den wir gerettet werden sollen“ (Apg 4,12). Da nun „die Taufe in Christus“ bedeutet, dass wir „Christus als Gewand angelegt zu haben“ (Gal 3,27), müssen die Worte Jesu in ihrer vollen Kraft verstanden werden: „Wer glaubt und sich taufen lässt, wird gerettet, wer aber nicht glaubt, wird verdammt werden“ (Mk 16,16). Darauf beruht der Glaube der Kirche an die Heilsnotwendigkeit der Taufe.

Das ist entsprechend der sorgfältigen Formulierung des Lehramts zu verstehen: „Die Taufe ist für jene Menschen heilsnotwendig, denen das Evangelium verkündet worden ist und die die Möglichkeit hatten, um dieses Sakrament zu bitten (vgl. Mk 16,16). Die Kirche kennt kein anderes Mittel als die Taufe, um den Eintritt in die ewige Seligkeit sicherzustellen. Darum kommt sie willig dem vom Herrn erhaltenen Auftrag nach, allen, die getauft werden können, zur ’Wiedergeburt aus Wasser und Geist’ zu verhelfen. Gott hat das Heil an das Sakrament der Taufe gebunden, aber er selbst ist nicht an seine Sakramente gebunden“ (Katechismus, 1257).

Es gibt besondere Situationen, in denen die hauptsächlichen Früchte der Taufe ohne die Vermittlung des Sakraments erlangt werden können. Da jedoch kein sakramentales Zeichen vorliegt, wird die Gnade nicht sicher erlangt. Was die kirchliche Tradition „Bluttaufe“ und „Begierdetaufe“ genannt hat, ist nicht wirklich eine Taufe, sondern eine Gesamtheit von Umständen, die in einer Person zusammentreffen, so dass man von Heil sprechen kann. „Die Kirche ist von jeher der festen Überzeugung, dass Menschen, die wegen des Glaubens den Tod erleiden, ohne vorher die Taufe empfangen zu haben, durch ihren Tod für und mit Christus getauft werden“ (Katechismus, 1258). Analog stellt die Kirche fest: „Jeder Mensch, der ohne das Evangelium Christi und seine Kirche zu kennen nach der Wahrheit sucht und den Willen Gottes tut, soweit er ihn kennt, kann gerettet werden. Man darf annehmen, dass solche Menschen ausdrücklich die Taufe gewünscht hätten, falls ihnen deren Notwendigkeit bewusst gewesen wäre“ (Katechismus, 1260).

Blut- und Begierdetaufe kommen für ungetauften Kinder nicht in Frage. Die Kirche kann sie „nur der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen, wie sie dies im entsprechenden Begräbnisritus tut. Das große Erbarmen Gottes, ‚der will, dass alle Menschen gerettet werden‘ (1 Tim 2,4), und die zärtliche Liebe Jesu zu den Kindern, die ihn sagen lässt: ’Lasst die Kinder zu mir kommen; hindert sie nicht daran!’ (Mk 10,14), berechtigen uns zu der Hoffnung, dass es für die ohne Taufe gestorbenen Kinder einen Heilsweg gibt“ (vgl. Katechismus, 1261).

Die liturgische Feier

Die „Einleitungsriten“ stellen den Willen des Kandidaten (bzw. seiner Eltern) fest, das Sakrament zu empfangen und seine Folgen auf sich zu nehmen. Die biblischen Lesungen erläutern das Geheimnis der Taufe, das in der Homilie kommentiert wird. Dann ruft man die Fürsprache der Heiligen an, in deren Gemeinschaft der Kandidat aufgenommen wird. Mit dem Gebet des Exorzismus und der Salbung mit Katechumenenöl wird der göttliche Schutz gegen die Nachstellungen des Bösen zum Ausdruck gebracht. Es erfolgt die Weihe des Taufwassers, deren Formeln tiefen katechetischen Inhalt haben und den Zusammenhang Wasser-Geist in der Liturgie erläutern. Der Glaube und die Bekehrung werden durch das trinitarische Bekenntnis und die Absage an Satan und Sünde kundgetan.

Dann kommt die sakramentale Phase, um den Täufling „im Wasser und durch das Wort rein und heilig zu machen“ (Eph 5,26). Die Abwaschung, sei es durch Übergießen oder durch Untertauchen, wird so vorgenommen, dass das Wasser über den Kopf rinnt, wodurch die Reinigung der Seele bezeichnet wird. Gültige Materie des Sakraments ist Wasser (nach allgemeinem Urteil der Menschen). Während der Spender das Wasser dreimal über den Kopf des Kandidaten gießt oder ihn untertaucht, spricht er die Worte: „N.N., ich taufe dich im Namen des Vaters und der Sohnes und des Heiligen Geistes.“ In den östlichen Liturgien lautet die folgende Formel: „Der Diener Gottes, NN., wird im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes getauft“.

Die ausdeutenden Riten nach der Taufe erläutern das vollzogene Mysterium. Das Haupt des Getauften wird gesalbt (wenn nicht unmittelbar die Firmung folgt), um seine Teilnahme am gemeinsamen Priestertum zum Ausdruck zu bringen und auf die künftige Chrismation hinzuweisen. Ein weißes Kleid wird übergeben als Mahnung, die Unschuld der Taufe zu bewahren, und als Symbol des empfangenen neuen Lebens. Die an der Osterkerze entzündete Kerze symbolisiert das Licht Christi, das uns geschenkt wurde, um aufgrund des empfangenen Glaubens als Kinder des Lichtes zu leben. Der Ritus des effeta – das Berühren der Ohren und des Mundes – deutet die Bereitschaft zum Hören und Verkünden des Wortes Gottes an. Schließlich offenbart das Gebet des Vaterunser am Altar – bei den Erwachsenen innerhalb der Messe – die neue Verfasstheit der Gotteskindschaft.

Spender und Empfänger. Die Taufe im Leben des Christen

Ordentlicher Spender ist der Bischof und der Priester; in der lateinischen Kirche auch der Diakon. Im Notfall kann jeder Mensch, Mann wie Frau, sogar ein Nichtchrist, das Sakrament spenden, wenn er nur die Absicht hat zu tun, was die Kirche tut, wenn sie tauft.

Die Taufe ist für alle Menschen bestimmt, die sie noch nicht empfangen haben. Die notwendigen Eigenschaften der Kandidaten hängen davon ab, ob es sich um Kinder oder Erwachsene handelt. Kinder, die noch nicht den Vernunftgebrauch erlangt haben, sollen das Sakrament in den ersten Tagen nach der Geburt empfangen, sobald es ihre Gesundheit und die der Mutter erlaubt. Als Tür zum Leben der Gnade ist die Taufe tatsächlich ein absolut ungeschuldetes Ereignis. Für ihre Gültigkeit reicht aus, dass sie nicht zurückgewiesen wird. Der erforderliche Glaube ist der der Kirche, an dem der Empfänger teilhat, sobald er herangewachsen ist. Es gibt jedoch für die Taufe der Kinder gewisse Einschränkungen: Sie ist unerlaubt, wenn das Einverständnis der Eltern fehlt oder wenn keine ausreichende Garantie für die Erziehung im katholischen Glauben gegeben ist. Um das sicherzustellen, werden Paten bestimmt, die unter Personen mit vorbildlichem Lebenswandel ausgewählt werden (vgl. Katechismus, 1255).

Die erwachsenen Kandidaten bereiten sich durch ein Katechumenat vor, das örtlich verschieden strukturiert ist und jedenfalls auch zum Empfang von Firmung und Erstkommunion in derselben Zeremonie hinführt. In dieser Zeit versucht man das Verlangen nach der Gnade zu wecken und damit die Absicht zu seinem Empfang als Bedingung für die Gültigkeit des Sakraments. Damit ist eine Unterweisung in der Lehre verbunden, die fortschreitend erteilt wird und im Kandidaten die übernatürliche Tugend des Glaubens und die wahre Bekehrung des Herzens weckt, was radikale Änderungen in seinem Leben verlangen kann.

Der erwähnte sakramentale Charakter ist ein geistliches Zeichen, das Christus gleichförmig macht und ein Abbild Christi einprägt, dem wir von diesem Augenblick an zugehören und dem wir immer ähnlicher werden sollen. Diese Gleichgestaltung stellt eine ständige Aufforderung zur vollkommenen Einswerdung mit Christus dar, um „an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei“ (Röm 8,29). Auf dem Fundament der Taufe gründet die Berufung zur Heiligkeit, auf die sich das II. Vatikanische Konzil bezieht: „Alle Christgläubigen jeglichen Standes oder Ranges sind zur Fülle des christlichen Lebens und zur vollkommenen Liebe berufen“ (Lumen gentium, Nr. 40).

Der Taufcharakter ist ein „distinktives“ und „dispositives“ geistliches Zeichen. Distinktiv, insofern es den Christen „nach außen“ von den Nicht-Christen unterscheidet; dispositiv, insofern der Charakter „nach innen“ die Grundlage der radikalen Gleichheit aller Getauften ist: „Ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus als Gewand angelegt. Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht Mann und Frau, denn ihr alle seid ’einer’ in Christus Jesus“ (Gal 3,27-28). Diese grundlegende Gleichheit, verbunden mit dem „Einer-Sein“ in Christus, spornt dazu, eine Brüderlichkeit zu leben, die über die bloß menschliche Verbundenheit hinausgeht. Endlich begründet der Charakter als dispositives Zeichen auch die übernatürliche Befähigung zum Empfang der Heilsgnade in den anderen Sakramenten. Es wäre unlogisch, die Taufe zu empfangen und dann die anderen Sakramente zu ignorieren.

Die biblischen und historischen Grundlagen der Firmung

Vom Messias war prophezeit worden, dass „der Geist des Herrn sich auf ihm niederlässt“ (vgl. Jes 11,2), was mit seiner Erwählung als Gesandter zusammenfällt: „Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze; das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen. Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Völkern das Recht“ (Jes 42,1). Der prophetische Text ist noch expliziter, wenn er dem Messias in den Mund gelegt wird: „Der Geist Gottes, des Herrn, ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt, damit ich den Armen eine frohe Botschaft bringe“ (Jes 61,1).

Ähnliches wird für das ganze Volk Gottes verkündet. So sagt Gott: „Ich lege meinen Geist in euch und bewirke, dass ihr meinen Gesetzen folgt“ (Ez 36,27). Und bei Joël 3,2 wird die Universalität dieser Ausgießung hervorgehoben: „Auch über Knechte und Mägde werde ich meinen Geist ausgießen in jenen Tagen“.

Mit der Menschwerdung wird die messianische Prophezeiung Wirklichkeit (vgl. Lk 1,35). Sie wird bestätigt, ergänzt und offenbart in der „Salbung“ im Jordan (vgl. Lk 3,21-22), als der Geist in Gestalt einer Taube auf Christus herabkommt und die Stimme des Vaters die Prophezeiung der Auserwählung aktualisiert. Der Herr selbst stellt sich zu Beginn seines Wirkens als der von Jahwe Gesalbte dar, in dem die Prophezeiungen in Erfüllung gehen (vgl. Lk 4,18-19), und er lässt sich vom Geist leiten (vgl. Lk 4,1; 4,14; 10,21) bis zur Stunde seines Todes (vgl. Hebr 9,14).

Bevor er sein Leben für uns hingibt, verheißt Jesus die Sendung des Geistes (vgl. Joh 14,16; 15,26; 16,13), die sich tatsächlich zu Pfingsten ereignet (vgl. Apg 2,1-4), wobei ausdrücklich auf die Prophezeiung von Joël Bezug genommen wird (vgl. Apg 2,17-18). Damit wird die universale Sendung der Kirche eingeleitet.

Der in Jerusalem auf die Apostel ausgegossene Geist wird von ihnen den Getauften durch die Handauflegung und Gebet vermittelt (vgl. Apg 8,14-17; 19,6). Diese Praxis ist in der Urkirche so bekannt, dass sie vom Hebräerbrief als Teil der „elementaren Lehre“ bezeugt und zu den „grundlegenden Themen“ gezählt wird (Hebr 6,1-2). Dieser biblische Rahmen wird von der paulinischen und johanneischen Tradition ergänzt, die „Salbung“ und „Siegel“ mit dem den Christen eingegossenen Geist verbinden (vgl. 2 Kor 1,21-22; Eph 1,13; 1 Joh 2,20-27), was liturgisch schon in den ältesten Dokumenten durch die Salbung des Kandidaten mit wohlriechendem Öl zum Ausdruck kommt.

Diese Dokumente bezeugen die ursprüngliche rituelle Einheit der drei Sakramente der Initiation, die während der Osterfeier unter dem Vorsitz des Bischofs in der Kathedrale gespendet wurden. Als sich das Christentum außerhalb der Städte verbreitete und die Kindertaufe häufiger wurde, konnte die ursprüngliche Praxis nicht mehr beibehalten werden. Während im Westen die Firmung dem Bischof vorbehalten blieb und von der Taufe getrennt wurde, hat der Osten die Einheit der Sakramente der Initiation bewahrt. Sie werden alle drei schon dem Neugeborenen vom Priester gespendet. Dadurch gewinnt im Osten die Salbung mit dem myron (dem heiligen Chrisam) größere Bedeutung, die auf verschiedene Stellen des Körpers ausgedehnt wird. Im Westen wird die Handauflegung auf eine Ausbreitung der Hände über alle Firmlinge reduziert, während jeder einzelne mit dem Chrisam auf der Stirn gesalbt wird.

Liturgische Bedeutung und sakramentale Wirkungen

Das Chrisam, das sich aus Olivenöl und Balsam zusammensetzt, wird vom Bischof oder Patriarchen, und nur von ihm, in der Chrisam-Messe geweiht. Die Salbung des Firmlings mit dem heiligen Chrisam ist Zeichen seiner Weihe an den Herrn. „Durch die Firmung haben die Christen – das heißt die Gesalbten – vermehrt an der Sendung Jesu Christi und an der Fülle des Heiligen Geistes Anteil, damit ihr ganzes Leben den ’Wohlgeruch Christi’ (vgl. 2 Kor 2,15) ausströme. Durch diese Salbung erhält der Firmling das Mal, das Siegel des Heiligen Geistes“ (Katechismus, 1294-1295).

Liturgisch geht dieser Salbung, wenn sie getrennt von der Taufe erfolgt, die Erneuerung der Taufversprechen und das Glaubensbekenntnis der Firmlinge voraus. „So tritt klar zutage, dass die Firmung sich an die Taufe anschließt“ (Katechismus, 1298). Es folgt in der römischen Liturgie die extensio manuum des Bischofs über alle Firmlinge, während der er ein Gebet der Anrufung und Fürbitte (Epiklese) spricht. Der eigentliche sakramentalen Ritus wird vollzogen „durch die Salbung mit Chrisam auf die Stirn unter Auflegen der Hand und durch die Worte: ’Sei besiegelt durch die Gabe Gottes, den Heiligen Geist’. In den Ostkirchen werden nach einem Epiklesegebet die wichtigsten Körperstellen mit Myron gesalbt: Stirn, Augen, Nase, Ohren, Lippen, Brust, Rücken, Hände und Füße. Bei jeder Salbung wird die Formel gesprochen: ’Siegel der Gabe des Heiligen Geistes’“ (Katechismus, 1300). Der Ritus schließt mit dem Friedensgruß, als Zeichen der kirchlichen Gemeinschaft mit dem Bischof (vgl. Katechismus, 1301).

Die Firmung besitzt also eine innere Einheit mit der Taufe, auch wenn sie nicht notwendigerweise im selben Ritus erfolgt. Mit ihr wird das Gnadengeschenk der Taufe durch die für die christliche Reife charakteristischen übernatürlichen Gaben vervollständigt. Die Firmung wird nur ein einziges Mal gespendet, denn „sie prägt ja der Seele ein unauslöschliches geistiges Zeichen ein, den’ Charakter’. Dieser ist Zeichen dafür, dass Jesus Christus einen Christen mit dem Siegel seines Geistes gekennzeichnet und ihm die Kraft von oben verliehen hat, damit er sein Zeuge sei“ (Katechismus, 1304). Durch sie empfangen die Christen besonders reichlich die Gaben des Heiligen Geistes, werden der Kirche enger verbunden und sind so „in strengerer Weise verpflichtet, den Glauben als wahre Zeugen Christi in Wort und Tat zugleich zu verbreiten und zu verteidigen“ (Lumen gentium, 11).

Ein getaufter und gefirmter Christ ist folglich kraft dieser Sakramente dazu bestimmt, an der evangelisierenden Sendung der Kirche teilzunehmen, ohne dass es dazu noch eines besonderen Auftrags der Hierarchie bedürfte, zumindest was den Bereich der persönlichen Beziehungen (Familie, Freunde, Beruf…) betrifft. Besonders durch die Firmung zieht diese „Bestimmung“ zugleich die erforderlichen übernatürlichen Mittel nach sich, damit einerseits das persönliche christliche Wachstum nicht durch die Wechselfälle des Lebens beeinträchtigt wird und es andererseits nicht an Stärke fehlt, den christlichen Glauben kühn zu bekennen – sowohl in einem freundlichen Umfeld als auch in einem Klima der Säkularisierung, in dem man dem Evangelium gleichgültig begegnet oder dem Christentum und der Kirche sogar feindlich gegenübersteht. Ein Gefirmter ist gerufen, durch ein festes christliches Leben und sein Wort Zeugnis für Christus abzulegen.

Spender und Empfänger der Firmung

Als Nachfolger der Apostel sind nur die Bischöfe die erstberufenen Firmspender (vgl. Lumen gentium, 26). Im lateinischen Ritus ist der Bischof der ordentliche Spender; ein Priester kann nur in den vom allgemeinen Gesetz vorgesehenen Fällen gültig firmen (Taufe von Erwachsenen, Aufnahme in die katholische Kirche, Todesgefahr) oder wenn er die spezifische Bevollmächtigung erhält bzw. vom Bischof im Zuge einer Firmspendung beigezogen wird. In den Ostkirchen ist auch der Priester ordentlicher Spender; er muss immer das vom Patriarchen oder Bischof geweihte Chrisam verwenden.

Als Sakrament der Initiation ist die Firmung für alle Christen bestimmt, nicht nur für einige auserwählte. Im lateinischen Ritus wird sie gespendet, wenn der Kandidat den Vernunftgebrauch erlangt hat. Das konkrete Alter hängt von der lokalen Praxis ab, die den Charakter der Initiation respektieren soll. Voraussetzung ist die entsprechende Vorbereitung, die Absicht, das Sakrament zu empfangen, und der Stand der Gnade.

Philip Goyret

Bibliografie:

Katechismus der Katholischen Kirche, 1212-1321.

Kompendium des Katechismus der Katholischen Kirche, 251-270.

Philip Goyret