Thema 20. Die Sakramente

Die Sakramente sind wirksame Zeichen der Gnade. Die heiligmachende Gnade ist eine beständige und übernatürliche Disposition, die die Seele vervollkommnet, damit sie fähig wird, mit Gott zu leben. Die sieben Sakramente entsprechen allen wichtigen Abschnitten und Augenblicken des Lebens des Christen. Sie bewirken Geburt und Wachstum, Heilung und Sendung für das Glaubensleben der Christen. Sie bilden eine geordnete Gesamtheit, in deren Zentrum die Eucharistie steht, denn sie enthält den Urheber der Sakramente

„Das ganze liturgische Leben der Kirche kreist um das eucharistische Opfer und um die Sakramente. In der Kirche gibt es sieben Sakramente: die Taufe, die Firmung oder Chrismation, die Eucharistie, die Buße, die Krankensalbung, die Weihe und die Ehe.“1

Das österliche Geheimnis und die Sakramente

Die Auferstehung Christi bildet eine Einheit mit seinem Tod am Kreuz. Wie Gott durch die Passion und den Tod Jesu die Sünde getilgt und die Welt mit sich versöhnt hat, so hat er auf ähnliche Weise durch die Auferstehung Jesu das neue Leben grundgelegt, das Leben der zukünftigen Welt, und hat es den Menschen zur Verfügung gestellt. Durch die Gabe des Heiligen Geistes lässt uns der Herr an diesem neuen Leben seiner Auferstehung teilhaben. Somit ist das österliche Geheimnis ein zentrales Element unseres Glaubens. Es bildet immer die erste Verkündigung jedes Apostels: „Jesus Christus liebt dich, er hat sein Leben hingegeben, um dich zu retten, und jetzt ist er jeden Tag lebendig an deiner Seite, um dich zu erleuchten, zu stärken und zu befreien.“2 Das ist die erste Verkündigung, weil es die Hauptverkündigung ist, die auf verschiedene Weisen von neuem gehört und immer wieder auf die eine oder andere Art verkündet werden muss.

Dieses Heilswerk, das wir verkündigen, bleibt nicht in die Vergangenheit verbannt, denn „als dann seine Stunde gekommen war (vgl. Joh 13,1;17,1), durchlebte er das einzige Ereignis der Geschichte, das nicht vergeht: Jesus stirbt ’ein für allemal’ (Röm 6,10; Hebr 7,27; 9,12), wird begraben, ersteht von den Toten und sitzt zur Rechten des Vaters. Dieses tatsächliche Ereignis, welches sich in unserer Geschichte ereignet hat, ist ganz und gar einmalig: Alle anderen Ereignisse geschehen einmal, dann gehen sie vorüber, versinken in der Vergangenheit. Das Pascha-Mysterium Christi hingegen kann nicht in der Vergangenheit bleiben, denn durch seinen Tod hat er den Tod besiegt. Alles, was Christus ist, und alles, was er für alle Menschen getan und gelitten hat, nimmt an der Ewigkeit Gottes teil, steht somit über allen Zeiten und wird ihnen gegenwärtig. Das Ereignis des Kreuzes und der Auferstehung ist etwas Bleibendes und zieht alles zum Leben hin.“3

Zugleich ist das österliche Geheimnis so entscheidend, dass Jesus Christus erst zum Vater zurückkehrte, „nachdem er uns das Mittel hinterlassen hatte, damit wir so daran teilnehmen können, als ob wir selbst dabei gewesen wären. Jeder Gläubige kann auf diese Weise am Opfer Christi teilnehmen und seine Früchte in unerschöpflichem Maß erlangen.“4 Dieses Mittel ist die heilige Liturgie: besonders das eucharistische Opfer und die Sakramente5.

Der Katechismus der Katholischen Kirche erinnert uns: „Christus, der ’zur Rechten des Vaters sitzt’ und den Heiligen Geist in seinem Leib, der Kirche, ausbreitet, handelt jetzt durch die Sakramente, die er zur Mitteilung seiner Gnade eingesetzt hat.“6 „Als Kräfte, die vom stets lebendigen und lebensspendenden Leib Christi ausgehen (vgl. Lk 5,17; 6,19; 8,46), und als Taten des Heiligen Geistes, der im Leib Christi, der Kirche, wirkt, sind die Sakramente die ’Meisterwerke Gottes’ im neuen und ewigen Bund.“7

Die Kirche verkündet und feiert in ihrer Liturgie das Geheimnis Christi, damit die Gläubigen von ihm leben und in der Welt von ihm Zeugnis ablegen. „Von der ersten Gemeinde von Jerusalem an bis zur Wiederkunft Christi feiern die Kirchen Gottes, die dem apostolischen Glauben treu sind, überall das gleiche Pascha-Mysterium. Das Mysterium, das in der Liturgie gefeiert wird, ist nur eines; nur die Formen seiner Feier sind unterschiedlich.“8

Tatsächlich ist der Reichtum des Geheimnisses Christi so unergründlich, dass keine liturgische Tradition ihn erschöpfend ausdrücken kann; deshalb zeugt die Geschichte der Entstehung und der Entfaltung dieser Riten von einer wunderbaren, sich ergänzenden Vielfalt9. „Die Kirchen ein und desselben geographischen und kulturellen Bereichs begannen allmählich, das Mysterium Christi in besonderen, kulturell geprägten Ausdrucksformen zu feiern.“10

Das Wesen der Sakramente

„In der Kirche gibt es sieben Sakramente: die Taufe, die Firmung oder Chrismation, die Eucharistie, die Buße, die Krankensalbung, die Weihe und die Ehe.“11 „Diese sieben Sakramente betreffen alle Stufen und wichtigen Zeitpunkte im Leben des Christen: sie geben dem Glaubensleben der Christen Geburt und Wachstum, Heilung und Sendung. Es besteht also eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Stufen des natürlichen Lebens und den Stufen des geistlichen Lebens.“12 Sie bilden eine geordnete Gesamtheit, in der die Eucharistie den Mittel-punkt einnimmt, denn sie enthält den Urheber der Sakramente selbst13.

Der Katechismus der Katholischen Kirche bietet eine Definition: „Die Sakramente sind von Christus eingesetzte und der Kirche anvertraute wirksame Zeichen der Gnade, durch die uns das göttliche Leben gespendet wird. Die sichtbaren Riten, unter denen die Sakramente gefeiert werden, bezeichnen und bewirken die Gnaden, die jedem Sakrament zu eigen sind.“14 „Die Sakramente sind durch die Sinne wahrnehmbare Zeichen (Worte und Handlungen), die unserer Menschennatur zugänglich sind.“15

Wofür sind Sakramente Zeichen? Für dreierlei: für die heiligmachende Ursache, also den Tod und die Auferstehung Christi; für die heiligende Wirkung bzw. die zu bewirkende Gnade; und für das Ziel der Heiligung, nämlich die ewige Herrlichkeit. „Das Sakrament ist sowohl ein erinnerndes Zeichen dessen, was vorhergegangen ist, nämlich des Leidens Christi; als auch ein hinweisendes auf das, was in uns durch Christi Leiden gewirkt wird, nämlich der Gnade; wie auch ein vorausdeutendes Zeichen, nämlich eine Vorankündigung der künftigen Herrlichkeit.“16

Das jedem Sakrament eigene Zeichen besteht aus materiellen Elementen (Wasser, Öl, Brot, Wein) und menschlichen Handlungen (Waschung, Salbung, Auflegung der Hände usw.), die Materie genannt werden, und aus den vom Spender des Sakraments gesprochenen Worten, die man Form nennt. Der Katechismus hält fest: „Die Feier eines Sakramentes ist eine Begegnung der Kinder Gottes mit ihrem Vater in Christus und dem Heiligen Geist. Diese Begegnung findet wie ein Zwiegespräch ihren Ausdruck in Taten und Worten.“17

In der Liturgie der Sakramente gibt es einen unveränderlichen Teil (was Christus selbst in Bezug auf das sakramentale Zeichen festgesetzt hat) und Teile, die die Kirche zum Wohl der Gläubigen und zur größeren Verehrung der Sakramente verändern kann, indem sie Anpassungen an die Umstände von Ort und Zeit vornimmt. Dabei ist nicht zu übersehen: „Kein sakramentaler Ritus (darf) nach dem Belieben des Amtsträgers oder der Gemeinde abgeändert oder manipuliert werden. Selbst die höchste Autorität in der Kirche kann die Liturgie nicht nach Belieben ändern, sondern nur im Glaubensgehorsam und in Ehrfurcht vor dem Mysterium der Liturgie.“18

Die Sakramente und die Gnade

„Die Gnade ist das Wohlwollen, die ungeschuldete Hilfe, die Gott uns schenkt, um seinem Ruf zu entsprechen. Denn unsere Berufung ist es, Kinder Gottes zu werden (vgl. Joh 1,12-18), seine Adoptivsöhne (vgl. Röm 8, 14-17), teilzuhaben an der göttlichen Natur (vgl. 2 Petr 1,3-4) und am ewigen Leben (vgl. Joh 17,3). Die Gnade ist eine Teilhabe am Leben Gottes; sie führt uns in das Innerste des dreifaltigen Lebens: Durch die Taufe hat der Christ Anteil an der Gnade Christi, der das Haupt seines Leibes ist. Als ein ’Adoptivsohn’ darf er nun in Vereinigung mit dem eingeborenen Sohn Gott ’Vater’ nennen.“19 In diesem Sinn „sind die Getauften vom Tod zum Leben übergegangen“, von der Gottferne zur Gnade der Rechtfertigung, zur Gotteskindschaft. Wir sind vielgeliebte Kinder Gottes kraft des österlichen Geheimnisses Christi, seines Todes und seiner Auferstehung.

„Die Gnade besteht darin, dass uns Gott ungeschuldet sein Leben schenkt. Er gießt es durch den Heiligen Geist in unsere Seele ein, um sie von der Sünde zu heilen und sie zu heiligen. Das ist die heiligmachende oder vergöttlichende Gnade, die wir in der Taufe erhalten haben.“20 Der Katechismus erklärt: „Die heiligmachende Gnade ist ein bleibendes Geschenk, eine übernatürliche feste Neigung. Sie vervollkommnet die Seele, um sie zu befähigen, mit Gott zu leben und aus seiner Liebe zu handeln.“21

Alle Sakramente verleihen die heiligmachende Gnade allen, die kein Hindernis entgegensetzen. Diese Gnade ist „die Gabe des Heiligen Geistes, der uns rechtfertigt und heiligt“22. Außerdem schenken uns die Sakramente die sakramentaleGnade, die also „jedem Sakrament eigen ist“23: eine gewisse göttliche Hilfe, um das Ziel dieses Sakraments zu erreichen.

Wir empfangen nicht nur die heiligmachende Gnade, sondern den Heiligen Geist selbst: „Die Gnade ist in erster Linie die Gabe des Heiligen Geistes, der uns rechtfertigt und heiligt.“24 Deshalb können wir sagen: „Durch die Sakramente der Kirche teilt Christus den Gliedern seines Leibes seinen heiligenden Heiligen Geist mit.“25 So besteht die Frucht des sakramentalen Lebens darin, dass der Heilige Geist die Gläubigen vergöttlicht, indem er sie lebendig mit Christus vereint26.

Die drei Sakramente der Taufe, der Firmung und der Priesterweihe verleihen, abgesehen von der Gnade, den so genannten sakramentalen Charakter, der ein unauslöschliches, geistiges, der Seele eingeprägtes Siegel ist, durch das der Christ am Priestertum Christi teilhat und in verschiedenen Ständen und mit entsprechenden Funktionen der Kirche angehört. Der sakramentale Charakter verbleibt für immer im Christen als eine positive Disposition für die Gnade, als Verheißung und Garantie des göttlichen Schutzes und als Berufung zum göttlichen Kult und zum Dienst an der Kirche. Deshalb können diese drei Sakramente nicht wiederholt werden27.

Die Sakramente, die Christus der Kirche anvertraut hat, sind – wenigstens dem Verlangen nach – zum Heil notwendig, weil sie uns die heiligmachende Gnade schenken. Keines ist überflüssig, auch wenn nicht alle für jeden Einzelnen notwendig sind.

Die Wirksamkeit der Sakramente

Die Sakramente „sind wirksam, denn in ihnen ist Christus selbst am Werk: er selbst tauft, er selbst handelt in seinen Sakramenten, um die Gnade mitzuteilen, die das Sakrament bezeichnet“28. Die Sakramente verleihen die Gnade, die sie bezeichnen, kraft des Wirkens Christi und durch die Macht des Heiligen Geistes.

Die Wirkung des Sakraments erfolgt ex opere operato (durch die Tatsache des Vollzugs des sakramentalen Zeichens). Es wirkt somit nicht kraft der Gerechtigkeit des Spenders oder Empfängers, sondern durch die Macht Gottes. Daraus folgt: „Sobald ein Sakrament der Absicht der Kirche gemäß gefeiert wird, wirkt in ihm und durch es die Macht Christi und seines Geistes, unabhängig von der persönlichen Heiligkeit des Spenders.“29

Die Person, die das Sakrament vollzieht, stellt sich in den Dienst Christi und der Kirche und wird daher Spender des Sakraments genannt. Das kann nicht unterschiedslos jeder Gläubige sein, sondern es bedarf gewöhnlich einer besonderen Gleichförmigkeit mit dem Priester Christus, die durch das Sakrament der Weihe verliehen wird.

Die Wirksamkeit der Sakramente kommt aus Christus selbst, der in ihnen wirkt. „Die Früchte der Sakramente sind (jedoch) auch von der inneren Verfassung ihres Empfängers abhängig.“30 Je besser die Dispositionen des Glaubens, der Bekehrung des Herzens und der Verbundenheit mit dem Willens Gottes sind, desto reichlicher sind die Wirkungen der Gnade.

„Außerdem hat die heilige Mutter Kirche Sakramentalien eingesetzt. Diese sind heilige Zeichen, durch die in einer gewissen Nachahmung der Sakramente Wirkungen, besonders geistlicher Art, bezeichnet und kraft der Fürbitte der Kirche erlangt werden. Durch diese Zeichen werden die Menschen bereitet, die eigentliche Wirkung der Sakramente aufzunehmen; zugleich wird durch solche Zeichen das Leben in seinen verschiedenen Gegebenheiten geheiligt.“31 „Die Sakramentalien verleihen die Gnade des Heiligen Geistes nicht nach Art der Sakramente, sondern bereiten durch das Gebet der Kirche vor, die Gnade zu empfangen und mit ihr mitzuwirken.“32 Zu den Sakramentalien zählen in erster Linie die Segnungen (von Personen, Mahlzeiten, Gegenständen, Orten).

Juan José Silvestre

Bibliografie

II. Vatikanisches Konzil, Sacrosanctum Concilium, Nr. 5-7.

Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 1066-1098; 1113-1143; 1200-1211 und 1667-1671.

Hl. Johannes Paul II., Ecclesia de Eucharistia, Nr. 2-5.


1 Katechismus der Katholischen Kirche (KKK), Nr. 1113.

2 Papst Franziskus, Evangelii gaudium, Nr. 164.

3 KKK, Nr. 1085.

4 Hl. Johannes Paul II., Ecclesia de Eucharistia, Nr. 11.

5 Vgl. II. Vatikanisches Konzil, Sacrosanctum Concilium, Nr. 6.

6 KKK, Nr. 1084.

7 Ebd., Nr. 1116.

8 Ebd., Nr. 1200.

9 Vgl. ebd., Nr. 1201.

10 Ebd., Nr. 1202.

11 Ebd., Nr. 1113.

12 Ebd., Nr. 1210.

13 Vgl. ebd., Nr. 1211.

14 Ebd., Nr. 1131.

15 Ebd., Nr. 1084.

16 Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, III, q. 60, a.3; vgl. KKK, Nr. 1130.

17 KKK, Nr. 1153.

18 Ebd., Nr. 1125.

19 Ebd., Nr. 1996f.

20 Ebd., Nr. 1999.

21 Ebd., Nr. 2000.

22 Ebd., Nr. 2003.

23 Vgl. ebd., Nr. 1129.

24 Ebd., Nr. 2003.

25 Ebd., Nr. 739.

26 Vgl. ebd., Nr. 1129.

27 Vgl. ebd., Nr. 1121.

28 Ebd., Nr. 1127.

29 Ebd., Nr. 1128.

30 Ebd.

31 Ebd., Nr. 1667.

32 Ebd., Nr. 1670.

Juan José Silvestre