Thema 13. Passion, Tod und Auferstehung Jesu Christi

Jesus hat die ihm durch die Ungerechtigkeit der Sünder zugefügten Leiden freiwillig angenommen. Das Kreuz Christi ist vor allem Ausdruck der großzügigen Liebe der Dreifaltigkeit zu den Menschen, einer Liebe, die uns rettet. Das Geheimnis des Kreuzes, das in den Sakramenten gegenwärtig ist, führt uns zu einem neuen Leben. Durch die Auferstehung Jesu hat Gott das neue Leben eröffnet, das Leben der zukünftigen Welt, und es den Menschen zur Verfügung gestellt.

Alle Mysterien Jesu sind Ursache unseres Heils. Durch sein heiliges Sohnesleben auf Erden führt Jesus die menschliche Wirklichkeit, die durch die Ursünde und die darauf folgenden persönlichen Sünden aller Menschen entstellt worden ist, wieder zur Liebe des Vaters zurück. Er stellt sie wieder her und befreit sie aus der Macht des Teufels.

Allerdings wird diese Wirklichkeit der Erlösung nur durch sein österliches Geheimnis (seine Passion und seinen Tod, seine Auferstehung und Himmelfahrt) endgültig begründet. Deshalb wird das Geheimnis unserer Erlösung häufig dem Leiden, dem Tod und der Auferstehung Christi, seinem Paschamysterium, zugeschrieben. Vergessen wir aber nicht, dass – streng genommen – das ganze Leben Christi, in seiner irdischen und seiner glorreichen Phase, uns rettet.

Das Leiden und der Tod Christi

Der Sinn des Kreuzes. Historisch gesehen starb unser Herr, weil er von den Autoritäten des jüdischen Volkes, die ihn der römischen Macht auslieferten und seine Hinrichtung verlangten, zum Tod verurteilt wurde. Grund für dieses Todesurteil war seine Erklärung vor dem Hohen Rat der Juden (dem Sanhedrin), er sei der Messias, der Sohn Gottes, dem Gott die Vollmacht gegeben hat, alle Menschen zu richten. Diese Erklärung wurde als Gotteslästerung angesehen, und ihretwegen hat der Sanhedrin Jesus zum Tod verurteilt.

Diese Verurteilung Jesu muss man im Zusammenhang mit der vorhergehenden Heilsgeschichte des jüdischen Volkes sehen. Oftmals hat Gott durch die Propheten zum Volk Israel gesprochen (vgl. Hebr 1,1). Aber Israel hat das Wort Gottes nicht immer angenommen. Die des auserwählten Volkes ist eine Geschichte großer Taten, aber auch großer Rebellionen. Immer wieder hat das Volk Gott und die von ihm empfangenen heiligen Gesetze vergessen. Deshalb mussten die Propheten beim Vollzug der ihnen von Gott anvertrauten Sendung häufig Ungerechtigkeiten erleiden.

Die Geschichte Jesu ist der Höhepunkt dieser Geschichte Israels, der universale Bedeutung zukommt. Als die Fülle der Zeit gekommen war, sandte Gott seinen Sohn, der die an Israel ergangenen Verheißungen erfüllen und die Errichtung des Reiches Gottes in der Welt vollenden sollte. Aber nur einige nahmen Christus auf und folgten ihm; die Führer des Volkes dagegen lehnten ihn ab und verurteilten ihn zum Tod. Nie hatten die Menschen Gott so direkt zurückgewiesen, um ihn auf jede mögliche Weise zu misshandeln. Gott jedoch wollte seinen Sohn nicht vor der menschlichen Bosheit schützen, sondern ihn den Händen der Sünder überlassen. Darin liegt der geheimnisvollste Aspekt des Kreuzes. „Gott ließ die aus ihrer Verblendung hervorgegangenen Taten zu, um seinen Heilsplan zu verwirklichen“ (KKK, Nr. 600). Und Jesus „nahm aus Liebe zu seinem Vater und zu den Menschen frei seine Passion und seinen Tod an“ (KKK, Nr. 609). Er lieferte sich selbst dieser Passion und diesem ungerechten Tod aus. Er bekannte kühn seine Identität und seine Beziehung zum Vater, obwohl er wusste, dass diese von seinen Feinden nicht anerkannt werden würde. Er wurde zu einem demütigenden gewaltsamen Tod verurteilt und erfuhr so an Leib und Seele die Ungerechtigkeit derer, die ihn verurteilten. Und nicht nur das: In dieser Ungerechtigkeit, die er erlitt und für uns annahm, waren auch alle Ungerechtigkeiten und Sünden der Menschheit eingeschlossen; denn jede Sünde ist nichts anderes als die Zurückweisung des Planes Gottes in Jesus Christus, die in der Verurteilung Jesu zu diesem grausamen Tod ihren stärksten Ausdruck gefunden hat. So stellt das Kompendium des Katechismus fest: „Jeder einzelne Sünder, das heißt jeder Mensch, ist Urheber und Vollstrecker der Leiden des Erlösers“ (Nr. 117).

Jesus nahm also die physischen und moralischen Leiden frei an, die er durch die Ungerechtigkeit der Sünder erfuhr, und nahm damit alle Gott zugefügten Beleidigungen auf sich. Man kann bildlich sagen, dass er unsere Sünden auf seine Schultern „geladen“ hat. Warum aber tat er das? Die Antwort, die die Kirche in verschiedenen Formulierunge gegeben hat, lautet: Er tat es, um unsere Sünden in der Gerechtigkeit seines Herzens zu tilgen.

Wie hat Jesus unsere Sünden getilgt? Er hat sie dadurch ausgelöscht, dass er diese Leiden, die Folge der Sünden der Menschen waren, in gehorsamer und liebender Verbundenheit mit seinem Vater auf sich nahm; mit einem Herzen voll Gerechtigkeit und mit der Liebe dessen, der den Sünder liebt, obwohl dieser es nicht verdient (vgl. Lk 22,42; 23,34). Vielleicht kann ein Beispiel zum besseren Verständnis beitragen. Manchmal gibt es im Leben Situationen, in denen jemand von einer Person, die er liebt, beleidigt wird. Innerhalb der Familie etwa kann es vorkommen, dass ein alter, gebrechlicher Mensch schlecht gelaunt ist und diejenigen leiden lässt, die sich um ihn kümmern. Wo wirkliche Liebe ist, werden solche Beschwernisse angenommen, und man bemüht sich weiter, diesem Menschen Gutes zu tun. Die Beleidigungen fallen in sich zusammen, weil sie in einem gerechten und liebevollen Herzen nicht Fuß fassen können. Jesus verfuhr ähnlich, ging aber weit darüber hinaus; denn der Greis im Beispiel verdient vielleicht die Zuneigung seiner Betreuer wegen des Guten, das er ihnen in jüngeren Jahren erwiesen hat. Jesus aber hat uns geliebt, ohne dass wir es verdienten, und er hat sich nicht für jemanden geopfert, den er aus irgendeinem besonderen Grund liebte, sondern für jeden Menschen, für alle und jeden einzelnen. „Er hat mich geliebt und sich für mich hingegeben“ (Gal 2,20), schreibt der heilige Paulus, der die Christen voll Hass verfolgt hatte. Jesus hat dem Vater diese Leiden und seinen Tod für uns darbringen wollen, damit wir aufgrund dieser seiner Liebe immer die Vergebung unserer Gott zugefügten Beleidigungen erlangen können: „Durch seine Wunden sind wir geheilt“ (Jes 53,5). Und Gott Vater, der mit der Kraft des Heiligen Geistes das Opfer Jesu trug, hat Gefallen gefunden an der Liebe im Herzen seines Sohnes: „Wo die Sünde mächtig wurde, da ist die Gnade übergroß geworden“ (Röm 5,20).

Entscheidend am historischen Ereignis des Kreuzes war daher nicht die ungerechte Tat seiner Ankläger und Richter, sondern die zutiefst gerechte und barmherzige Reaktion Jesu darauf. Sie war zugleich eine Tat der Dreifaltigkeit: „(Dieses Opfer Christi) ist zunächst eine Gabe Gottes des Vaters selbst: Der Vater gibt seinen Sohn dahin, um uns mit sich zu versöhnen. Gleichzeitig ist es eine Opfergabe des menschgewordenen Gottessohnes, der aus freiem Willen und aus Liebe im Heiligen Geist sein Leben seinem Vater darbringt, um unseren Ungehorsam zu sühnen“ (KKK, Nr. 614).

Das Kreuz Christi ist vor allem Ausdruck der großzügigen Liebe des dreifaltigen Gottes zu den Menschen, einer Liebe, die uns rettet. Darin besteht das Wesen dieses Mysteriums.

Die Frucht des Kreuzes ist hauptsächlich die Tilgung der Sünde. Das bedeutet nicht, dass wir nicht mehr sündigen können oder dass uns jede Sünde, ohne dass wir unsererseits etwas tun müssten, automatisch vergeben wird. Vielleicht kann ein Vergleich helfen. Wenn jemand von einer Giftschlange gebissen wird, sucht man sofort ein Mittel dagegen. Das Gift hat, wie die Sünde, eine zerstörende Wirkung für den Menschen. Die Funktion des Gegengiftes besteht darin, diese Zerstörung unseres Organismus zu unterbinden, weil es etwas enthält, das das Gift neutralisiert. Das Kreuz ist also gleichsam das „Gegengift“ gegen die Sünde. In ihm gibt es eine Liebe, die gegen die Ungerechtigkeiten und die Beleidigungen reagiert; und diese aufopfernde Liebe, die in der Trostlosigkeit des Kreuzes dem Herzen Christi entströmt, ist die Kraft, die die Sünde überwindet, besiegt und zu beseitigt.

Wir sind Sünder, können uns aber von der Sünde und ihren verderblichen Wirkungen befreien, indem wir am Mysterium des Kreuzes teilhaben und zu diesem „Gegengift“ greifen, das Christus in sich selbst gerade dadurch erzeugte, dass er den Schaden erlebte und ertrug, den die Sünde hervorruft. Seine Wirksamkeit wird uns durch die Sakramente zugewendet. Die Taufe gliedert uns Christus ein und tilgt so unsere Sünden; die sakramentale Beichte reinigt uns und erlangt die Vergebung von Gott; die Eucharistie läutert und stärkt uns… So führt uns das Geheimnis des Kreuzes, das in den Sakramenten gegenwärtig ist, zu diesem neuen Leben, das niemals mehr endet und in dem es nichts Böses und keine Sünde geben wird, weil das Kreuz Christi sie getilgt hat.

Es gibt noch andere Früchte des Kreuzes. Vor einem Kruzifix wird uns bewusst, dass das Kreuz nicht nur Gegenmittel gegen die Sünde ist, sondern auch die Macht der Liebe offenbart. Jesus am Kreuz lehrt uns, wozu man aus Liebe zu Gott und zu den Menschen imstande sein kann, und weist uns so den Weg zur menschlichen Fülle, denn das Ziel des Menschen ist es, Gott und die anderen wirklich zu lieben. Zu dieser menschlichen Fülle gelangen wir allerdings nur, weil uns Jesus an seiner Auferstehung teilhaben lässt und uns den Heiligen Geist gibt. Davon wird später die Rede sein.

Biblische und liturgische Ausdrucksformen

Wir haben eben den theologischen Sinn des Leidens und Sterbens Jesu erläutert. Das haben natürlich auch die ersten Christen getan. Sie haben dazu die Kategorien und Begriffe benützt, die ihnen in der religiösen Kultur ihrer Zeit zur Verfügung standen und die wir auch im Neuen Testament finden. Dort versteht man Leiden und Sterben Christi als: A) Bundesopfer; B) Opfer der Sühne, der Versöhnung und der Wiedergutmachung für die Sünden; C) Akt der Erlösung und der Befreiung der Menschen; D) Akt, der uns rechtfertigt und mit Gott wieder versöhnt.

Wir wollen diese Deutungen der Passion und des Todes Christi, auf die wir bei der Lektüre der Schrift oder bei der Teilnahme an der Liturgie stoßen, näher betrachten:

A) Jesus hat durch die Darbringung seines Lebens am Kreuz den Neuen Bund begründet, also die neue und endgültige Form der Vereinigung Gottes mit den Menschen, die von Jesaja (Jes 42,6), Jeremia (Jer 31,31-33) und Ezechiel (Ez 37,26) vorausgesagt worden war. Es ist der Neue Bund Christi mit der Kirche, an dem wir durch die Taufe teilhaben.

B) Das Opfer Christi am Kreuz hat sühnenden Wert, es läutert also und reinigt von der Sünde (Röm 3,25; Hebr 1,3; 1 Joh 2,2; 4,10). Es wirkt auch als Versöhnung und Wiedergutmachung für die Sünde (Röm 3,25; Hebr 1,3; 1 Joh 2,2; 4,10), weil Jesus dem Vater durch seinen Gehorsam die Liebe und die Unterwerfung erwies, die wir Menschen ihm durch unsere Beleidigungen verweigert hatten. In diesem Sinn gewann er das Herz des Vaters und machte diese Beleidigungen gut.

C) Das Kreuz Christi ist Akt der Erlösung und der Befreiung des Menschen. Jesus hat unsere Freiheit mit dem Preis seines Blutes – also seiner Leiden und seines Todes – erkauft, uns so von der Sünde erlöst (1 Petr 1,18) und aus der Macht des Teufels befreit. Wer eine Sünde begeht, macht sich gewissermaßen zum Knecht des Teufels.

D) Besonders in den Briefen des heiligen Paulus lesen wir, dass das Blut Christi uns rechtfertigt, das heißt, dass es uns die Gerechtigkeit zurückgibt, die wir durch die Beleidigung Gottes verloren haben; und so versöhnt es uns wieder mit ihm. Das Kreuz ist, zusammen mit der Auferstehung Christi, die Ursache unserer Rechtfertigung. Gott ist wieder in unserer Seele gegenwärtig, weil der Heilige Geist kommt, um neuerlich in unseren Herzen zu wohnen.

Die Auferstehung des Herrn

Hinabgestiegen in das Reich des Todes“. Nach seinem Tod wurde der Leib Christi in einem neuen Grab bestattet, unweit vom Ort seiner Kreuzigung. Seine Seele dagegen „stieg in das Reich des Todes hinab“, das heißt, er teilte den Zustand der Gerechten, die vor ihm gestorben waren. Sie waren noch nicht in die Herrlichkeit des Himmels eingegangen und warteten auf das Kommen des Messiaskönigs, der das endgültige Heil bringen sollte.

Das Begräbnis Jesu zeigt, dass er wirklich gestorben ist. Auch sein Abstieg in das Reich des Todes hatte erlösende Wirkung: Er öffnete den Gerechten, die Christus erwarteten, die Tore des Himmels, sodass sie an der ewigen Glückseligkeit in Gott teilhaben konnten.

Auferstanden von den Toten“. „Am dritten Tag“ (nach seinem Tod) erstand Jesus zu einem neuen Leben. Seine Seele und sein Leib vereinten sich wieder, ganz umgestaltet von der Herrlichkeit seiner göttlichen Person. Die Seele nahm von neuem den Leib an, und die Herrlichkeit der Seele teilte sich ganz dem Leib mit. „Die Auferstehung Christi war nicht eine Rückkehr in das irdische Leben. Sein auferstandener Leib ist derselbe, der gekreuzigt worden ist, und trägt die Spuren seines Leidens. Doch er hat bereits Anteil am göttlichen Leben und besitzt die Eigenschaften eines verherrlichten Leibes“ (Kompendium, Nr. 129).

Das Faktum der Auferstehung Christi. Jesus ist wahrhaft auferstanden. Die Apostel konnten sich nicht täuschen oder die Auferstehung erfinden. Vor allem: Wenn das Grab Jesu nicht leer gewesen wäre, hätten sie nicht von seiner Auferstehung sprechen können; wenn der Herr ihnen – mehreren Gruppen von Personen, Männern und Frauen – nicht außerdem bei verschiedenen Gelegenheiten erschienen wäre, hätten viele Jünger Christi seine Auferstehung – wie anfangs der Apostel Thomas – nicht annehmen können. Noch viel weniger hätten sie für eine Lüge ihr Leben hingegeben. Deshalb sagt Paulus, dass er, wenn Christus nicht auferstanden wäre, ein falsches Zeugnis von Gott abgelegt hätte: „Dass Gott Christus auferweckt hat, den er nicht auferweckt hat“ (vgl. 1 Kor 15,14f). Aber der heilige Paulus hatte nicht die Absicht, derartiges zu tun. Er war von der Auferstehung Jesu vollkommen überzeugt, weil er den Auferstandenen gesehen hatte. Analog antwortet der heilige Petrus den Führern Israels: „Man muss Gott mehr gehorchen als den Menschen. Der Gott unserer Väter hat Jesus auferweckt, den ihr ans Holz gehängt und ermordet habt. (…) Wir sind Zeugen dieser Ereignisse“ (Apg 5,29-30.32).

Der theologische Sinn der Auferstehung. Die Auferstehung Christi bildet eine Einheit mit seinem Tod am Kreuz. Wie Gott durch die Passion und den Tod Jesu die Sünde getilgt und die Welt mit sich versöhnt hat, hat er durch die Auferstehung Jesu das neue Leben grundgelegt, das Leben der künftigen Welt, und es den Menschen zur Verfügung gestellt.

Das ganze körperliche und seelische Leiden Jesu am Kreuz verwandelt sich durch seine Auferstehung in Glück und Vollkommenheit sowohl für seinen Leib wie für seine Seele. Alles in ihm ist vom Leben Gottes erfüllt, von seiner Liebe und seiner Glückseligkeit, und so wird es für immer sein.

Das gilt nicht nur für ihn, sondern auch für uns. Durch die Gabe des Heiligen Geistes lässt uns der Herr an diesem neuen Leben seiner Auferstehung teilhaben. Schon hier auf Erden erfüllt er uns mit seiner Gnade, der Gnade Christi, die uns zu Kindern und Freunden Gottes macht; und wenn wir treu sind, wird er uns am Ende unseres Lebens auch seine Glorie mitteilen, und auch wir werden zur Herrlichkeit der Auferstehung erlangen.

In diesem Sinn sind wir, die Getauften, „vom Tod zum Leben übergegangen“, von der Gottferne zur Gnade der Rechtfertigung und der Gotteskindschaft. Wir sind vielgeliebte Kinder Gottes durch die Kraft des österlichen Geheimnisses Christi, seines Todes und seiner Auferstehung. In der Entfaltung dieses Lebens als Kinder liegt die Fülle unseres Menschseins.

Die Auffahrt Christi in den Himmel. Mit den Himmelfahrt endet die Sendung Christi im sterblichem Fleisch, um unser Heil zu wirken. Es war notwendig, dass er nach seiner Auferstehung den Jüngern noch dann und wann seine Gegenwart in ihrer Mitte unter Beweis stellte, um sein neues Leben zu offenbaren und ihre Bildung zu vervollständigen. Diese Gegenwart endet mit dem Tag der Himmelfahrt. Auch wenn Jesus in den Himmel zum Vater zurückkehrt, bleibt er doch auf verschiedene Weisen bei uns, hauptsächlich auf sakramentale Weise in der Eucharistie.

Zur Rechten des Vaters sitzend, setzt Jesus seinen Dienst als universaler Mittler des Heils fort. „Er ist der Herr, der nun mit seiner Menschennatur in der ewigen Herrlichkeit des Sohnes Gottes herrscht und unablässig beim Vater für uns eintritt. Er sendet uns seinen Geist und gibt uns die Hoffnung, eines Tages zu ihm zu gelangen, weil er einen Platz für uns bereitet hat“ (Kompendium, Nr. 132).

Bedenken wir auch, was die Verherrlichung Christi sonst noch bedeutet:

A) Sie ermuntert, mit dem Blick auf die Herrlichkeit des Himmels zu leben: „Strebt nach dem, was im Himmel ist“ (Kol 3,1); sie erinnert uns daran, dass wir hier keine bleibende Stadt haben (vgl. Hebr 13,14), und fördert in uns den Wunsch, die menschlichen Wirklichkeiten zu heiligen.

B) Sie spornt uns an, aus dem Glauben zu leben, weil wir uns von Jesus Christus begleitet wissen, der uns vom Himmel her kennt und liebt und uns ohne Unterlass die Gnade seines Geistes gibt. Mit der Kraft Gottes können wir die Aufgabe der Evangelisierung, die er uns aufgetragen ist, verwirklichen: ihm alle Seelen zuführen (vgl. Mt 28,19) und ihn an die Spitze aller menschlichen Tätigkeiten stellen (vgl. Joh 12,32), damit sein Reich Wirklichkeit wird (vgl. 1 Kor 15,25). Außerdem begleitet er uns immer vom Tabernakel aus.

Die Aktualität des österlichen Geheimnisses im Leben des Christen

Die Auferstehung Jesu ist nicht bloße Rückkehr in das frühere Leben, wie das bei Lazarus der Fall war, sondern etwas vollkommen Neues und Anderes. Die Auferstehung Christi ist der Schritt in ein Leben, das nicht mehr der Vergänglichkeit der Zeit unterworfen ist; es ist eingetaucht in die Ewigkeit Gottes. Und dieses Leben hat Jesus nicht für sich allein erlangt, sondern für uns, für die er gestorben und auferstanden ist.

Das österliche Geheimnis findet Widerhall in unserem Alltag. Im Brief an die Kolosser schreibt Paulus: „Ihr seid mit Christus auferweckt; darum strebt nach dem, was im Himmel ist, wo Christus zur Rechten Gottes sitzt. Richtet euren Sinn auf das Himmlische und nicht auf das Irdische“ (Kol 3,1-2). Hier ein Kommentar zu diesen Worten des heiligen Paulus: „Wenn man diesen Text liest, könnte es auf den ersten Blick scheinen, dass der Apostel der Verachtung der irdischen Gegebenheiten Vorschub leisten will und dazu auffordert, diese Welt des Leidens, der Ungerechtigkeit, der Sünden zu vergessen, um schon im Voraus in einem himmlischen Paradies zu leben. Um jedoch den wahren Sinn dieser paulinischen Worte zu erfassen, genügt es, sie nicht aus dem Kontext herauszunehmen. Der Apostel erläutert sehr genau, was er mit dem »Himmlischen«, nach dem der Christ streben soll, und mit dem »Irdischen«, vor dem er sich hüten soll, meint. Vor allem folgende Dinge sind nach dem heiligen Paulus das »Irdische«, das man meiden muss: »Tötet, was irdisch an euch ist: die Unzucht, die Schamlosigkeit, die Leidenschaft, die bösen Begierden und die Habsucht, die ein Götzendienst ist« (3,5). Das unersättliche Verlangen nach materiellen Gütern, der Egoismus, die Wurzel aller Sünde, muss in uns getötet werden.“ (Benedikt XVI., Generalaudienz, 27.4.2011).

Es soll also der „alte Mensch“ sterben; damit wir Christus anziehen und die Güter erlangen können, die er uns erworben hat. Paulus selbst nennt diese Güter: „Ihr seid von Gott geliebt, seid seine auserwählten Heiligen. Darum bekleidet euch mit aufrichtigem Erbarmen, mit Güte, Demut, Milde, Geduld! Ertragt euch gegenseitig und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat (…). Vor allem aber liebt einander, denn die Liebe ist das Band, das alles zusammenhält und vollkommen macht“ (Kol 3,12-14). Man sieht, dass das Streben nach den Gütern des Himmels keine Flucht aus einer Gegenwart bedeutet, die nur Hindernis für das Erlangung des ewigen Lebens ist. Es geht vielmehr darum, schwungvoll durch die Gegenwart auf das ewige Leben zuzugehen.

Das ist nur möglich, wenn wir häufig unsere Taufberufung erneuern. Wir haben sie von Christus empfangen, und sie gibt uns Anteil an seinem Leben und seiner Gnade. Es gilt, aus dem Glauben zu leben, mit Vertrauen auf Gott und seine Vorsehung, von ihm zu erhoffen, dass unsere Werke gute Früchte tragen, und die Liebe zu allen zu fördern. Wir müssen beten und oft bei den Quellen der Gnade Zuflucht suchen, nämlich den Sakramenten. So wird aus einem Leben, das vielleicht vorher der Sünde versklavt und in tausend kleinen Egoismen gefangen war, ein heiliges Leben, und wir leisten zugleich unseren kleinen Beitrag zur Verwandlung der Welt nach dem Willen Gottes. Sie wird am Ende der Zeiten ihre Erfüllung finden; aber schon hier verleihen wir durch unser Beispiel und Handeln als Christen der irdischen Stadt ein neues Antlitz, das das wahre Menschsein begünstigt: die Solidarität, die Würde der Personen, den Frieden und die Harmonie der Familien, die Gerechtigkeit und den gesellschaftlichen Fortschritt, die Sorge für die Umwelt, in der wir leben.

„Wenn wir Christen fest daran glauben, dass die Auferstehung Christi den Menschen erneuert hat, ohne ihn aus der Welt zu nehmen, in der sich seine Geschichte abspielt, müssen wir leuchtende Zeugen dieses neuen Lebens sein, das Ostern gebracht hat. (…) Das Licht der Auferstehung Christi muss unsere Welt durchdringen, es muss als Botschaft der Wahrheit und des Lebens durch unser tägliches Zeugnis alle Menschen erreichen“ (Benedikt XVI., Generalaudienz, 27.4.2011).

Antonio Ducay

Grundlegende Bibliografie

Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 595-667.

Johannes Paul II., Jesus Christus der Erlöser, EOS, St. Ottilien 1993.

Ergänzende Bibliografie

Antonio Ducay, Jesús, el Hijo Salvador, Rialp, Madrid 2015 (besonders die Kap. V-VI).

Vicente Ferrer Barrientos, Jesus Christus unser Erlöser, Fassbaender, Wien 2008.

Antonio Ducay