Brief des Prälaten (Juni 2007)

Brief von Bischof Javier Echevarría an die Gläubigen der Prälatur Opus Dei. In diesem Monat schreibt er über die Geheimnisse der Trinität und der Eucharistie.

In den vergangenen Tagen habe ich an einigen Wochenenden meine Pastoralreisen fortgesetzt und bin so nach Stockholm gelangt. Auch in jenen „Ländern des kalten Nordens[1] – so ein Ausdruck des heiligen Josefmaria, den er vor vielen Jahren gebrauchte – verbreitet sich der Geist des Werkes immer mehr. Diese Worten benutzte er wohl deshalb, weil man nur mit dem ignem veni mittere in terram[2], das er von Jesus Christus gelernt hatte, bis zu diesen Breitengraden vordrang. Ich habe Gott gedankt, denn mit seiner Hilfe erleben wir die Erfüllung der Träume unseres Vaters. Und außerdem nehmen wir durch das Gebet, durch die optimistische und großzügige Abtötung wie auch durch die Pflichterfüllung, die jeder an seinem Platz leistet, aktiv an dieser Verwirklichung teil. Auf diese Weise sollten wir immer, mit allen Christen und untereinander verbunden, an der Ausbreitung der Kirche in der ganzen Welt mitarbeiten.

Die Wurzel der übernatürlichen Wirksamkeit wird, wie wir wissen durch ein intensives und tiefes inneres Leben gekräftigt, das der Heilige Geist in den Seelen wirkt. Wie wichtig ist es daher, jeden Tag inniger mit der Dritten Person der Heiligsten Dreifaltigkeit vereint zu sein. Dieser Gedanke kommt mir ganz spontan angesichts der großen Feste, die wir gefeiert haben – Pfingsten mit der Priesterweihe meiner Söhne – oder noch feiern werden – das Dreifaltigkeitsfest am nächsten Sonntag.

Ab heute beten wir das Trisagium Angelicum. Wir haben den Wunsch, Sprachrohr des Lobes und des Dankes zu sein, die die ganze Menschheit Gott schuldet. Er, der Dreimal Heilige, hat uns erschaffen und erlöst, und er möchte unsere Heiligung bis zu Ende führen. Bemühen wir uns, diese Zeit sehr gut zu nutzen, um aus den vierundzwanzig Stunden des Tages ein Loblied für die Heiligste Dreifaltigkeit zu machen. Wiederholen wir häufig mit dem Mund oder mit dem Herzen die Worte der Liturgie: Sanctus, Sanctus, Sanctus Dominus Deus Sabaoth. Pleni sunt caeli et terra gloria tua[3]. Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten. Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlichkeit.

Die christliche Seele sollte in der Betrachtung des Geheimnisses der Heiligsten Dreifaltigkeit ihre gewöhnliche Nahrung finden. Der hl. Augustinus sagte: »Das ist unsere vollkommene Freude und eine größere gibt es nicht: die göttliche Dreifaltigkeit zu verkosten, als deren Abbild wir geschaffen wurden.«[4] Und die Heilige Schrift gebraucht ein Bild und vergleicht die, die versuchen, sich in ihren Gedanken und Handlungen nach Gott zu richten, mit einemBaum, der an Wasserbächen gepflanzt ist, der zur rechten Zeit seine Frucht bringt und dessen Blätter nicht welken[5]. Alles, was wir auf der Erde vollbringen, auch wenn es in den Augen der Menschen noch so unbedeutend scheint, ist überaus wertvoll, wenn es direkt und beständig auf den Einen und Dreifaltigen Gott, das letzte Ziel unseres Lebens, bezogen ist. Gott interessiert sich für alles, was uns betrifft, seine unendlich zarte Liebe und Barmherzigkeit sind immer bei uns.

Vor allem während der letzten Jahre seines irdischen Lebens sprach der heilige Josefmaria häufig über diesen Punkt des christlichen Glaubens. So sagte er zum Beispiel 1972: „Wenn wir im Stand der Gnade sind, ist der Heilige Geist im Zentrum unserer Seele und verleiht all unserem Tun einen übernatürlichen Charakter. Und mit dem Heiligen Geist sind dort der Vater und der Sohn, die Heiligste Dreifaltigkeit, die ein einziger Gott ist. Wir sind Tempel der Dreifaltigkeit und können in aller Einfachheit, ohne Absonderlichkeiten, mit Gott sprechen. Wir können auf uns selbst treten, wie die Trauben in der Kelter getreten werden, denn wir sind nichts. Wir versetzen uns in die Tiefe unserer Seele, um ihm zu erzählen, was uns passiert. Und wir bitten, wir beten an, wir sühnen und wir lieben.“[6]

Wenden wir uns in den nächsten Tagen voller Ehrfurcht an die Heiligste Dreifaltigkeit. Diese Haltung wird uns helfen, uns auch auf die weiteren großen Feste dieses Monats vorzubereiten und sie fruchtbringend zu begehen: Fronleichnam und das Fest des Heiligsten Herzens Jesu. In der eucharistischen Frömmigkeit zu wachsen bedeutet, tiefer in das Geheimnis der Heiligsten Dreifaltigkeit einzudringen, denn, so erinnert uns der Papst in seinem letzten apostolischen Schreiben über die heilige Eucharistie, „der Hauptinhalt des eucharistischen Glaubens ist das Mysterium Gottes selbst, der trinitarische Liebe ist. (…) Jesus schenkt in der Eucharistie nicht ›etwas‹, sondern sich selbst; er bringt seinen Leib als Opfer dar und vergießt sein Blut. Auf diese Weise verschenkt er sich in der Ganzheit seiner Existenz und offenbart die ursprüngliche Quelle dieser Liebe[7].

Mit welchem Staunen betrachtete unser Vater täglich in den Texten der Messe die Gegenwart und das Wirken des Dreieinigen Gottes! Er schrieb es in einer seiner Homilien nieder, wo er darauf hinwies, daß „dieser dreifaltige Strom der Liebe zu den Menschen in erhabener Weise in der Eucharistie fortdauert. (…) Die ganze Dreifaltigkeit wirkt beim heiligen Meßopfer mit[8].Er hielt besonders gerne inne, um das Handeln des Großen Unbekannten zu betrachten. Dabei wünschte er, dieser möge für die Christen nicht länger unbekannt bleiben. Und so rief er alle dazu auf, sich häufiger und beständiger an jede der göttlichen Personen zu wenden und sie voneinander zu unterscheiden, ohne sie zu trennen, „denn die ganze Dreifaltigkeit ist beim Opfer des Altares gegenwärtig. Dem Willen des Vaters gehorsam und unter Mitwirkung des Heiligen Geistes bringt sich der Sohn als Erlösungsopfer dar. Wir müssen den Umgang mit der Heiligsten Dreifaltigkeit, dem einen und dreipersönlichen Gott lernen, mit den drei göttlichen Personen in der Einheit ihrer Wesenheit, ihrer Liebe, ihres wirksamen heiligmachenden Tuns[9].

Benedikt XVI. wies mit Nachdruck darauf hin daß „es nötig ist, daß wir in uns das Bewußtsein der entscheidenden Rolle wachrufen, die der Heilige Geist für die Entwicklung der liturgischen Form und für das Vertiefen der göttlichen Geheimnisse spielt[10]. Und der Heilige Vater präzisiert: „Von größter Wichtigkeit für das geistliche Leben der Gläubigen ist eine klarere Kenntnis des Reichtums der Anaphora: Neben den von Christus beim Letzten Abendmahl gesprochenen Worten enthält sie die Epiklese als Bitte an den Vater, die Gabe des Geistes herabzusenden, damit Brot und Wein zum Leib und zum Blut Jesu Christi werden und »die ganze Gemeinde immer mehr Leib Christi werde«. Der Geist, der vom Zelebranten auf die auf den Altar gelegten Gaben von Brot und Wein herabgerufen wird, ist derselbe, der die Gläubigen in »einem Leib« vereint und sie zu einem geistigen Opfer macht, das dem Vater wohlgefällt.“[11]

Wie können wir uns dieses göttliche Leben zu eigen machen, das in der heiligen Messe vom Himmel auf die Erde niedersteigt und sich jedem von uns in der Kommunion schenkt? Indem wir uns so gut wie möglich auf den Empfang des Herrn vorbereiten und uns bemühen, mit Inbrunst nach der Messe dankzusagen. Bedenkt doch: In diesen wenigen Minuten, in denen Christus auf sakramentale Weise in uns gegenwärtig ist, vollzieht sich die innigste Vereinigung, die zwischen Schöpfer und Geschöpf vorstellbar ist. Und diese Vereinigung zieht sich später durch den Tag dank des Wirkens des Heiligen Geistes. Sind Deine Kniebeugen ein Akt ergebener Anbetung? Entspringen Deinem Herzen Akte des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe? Bitten wir Jesus wie Dimas, der gute Schächer, er möge unser gedenken und wir mögen ihn immer vor Augen haben. Die Eucharistie ist ein Zeichen der unendlichen Barmherzigkeit Gottes; nicht nur weist er uns nicht ab, er schenkt sich uns vielmehr als Nahrung, er macht uns sich selbst gleich. Das soll immer mehr unser Leben werden.

Wenn ihr kommuniziert habt und Gott mit dem Herzen Dank sagen wollt“, lehrte der heilige Josefmaria, „dann denkt daran, daß ihr die Heiligste Menschheit Christi – seinen Leib, sein Blut, seine Seele – und seine Gottheit empfangen habt; und mit Christus die ganze Dreifaltigkeit, denn der Vater, der Sohn und der Heilige Geist sind untrennbar miteinander verbunden. Betrachtet, daß die Realpräsenz vergeht, wenn sich die sakramentalen Gestalten auflösen, daß aber Gott der Heilige Geist in unserer Seele und in unserem Leib – die sein Tempel sind (vgl. 1 Kor 3, 16) – bleibt.

Ihr versteht es schon: Gott geht nicht nur vorüber, sondern er bleibt in uns. Um es irgendwie auszudrücken: Er ist im Zentrum unserer Seele im Stand der Gnade und verleiht unserem Tun übernatürlichen Sinn, solange wir uns nicht widersetzen und ihn durch die Sünde hinauswerfen. Gott ist in uns, in jedem von uns, verborgen“.[12]

Diese Ratschläge unseres Vaters können uns helfen, uns auf seinen Festtag am 26. Juni vorzubereiten. Bittet ihn um seine Fürsprache, damit wir, jede und jeder von uns, in unserem geistlichen Leben einen entschlossenen Schritt nach vorn tun. Dieses läßt sich darin zusammenfassen, daß wir auf Erden die Dreifaltigkeit kennen, lieben und mit ihr Umgang haben, um uns später in alle Ewigkeit an Gott zu erfreuen.

Übrigens: Wie ihr wißt, werde ich, so Gott will, am 14. Juni fünfundsiebzig Jahre alt. Das schönste Geschenk, das ihr mir machen könnt, ist, viel für mich zu beten. Bittet Gott, er möge mir verzeihen, daß ich ihm nicht in jedem Augenblick die Liebe geschenkt habe, die er erwartete. Er möge mir weiterhin seine Gnade geben, damit ich mit Gott Vater, Gott Sohn und Gott Heiliger Geist und der heiligen Maria, unserer Mutter, immer inniger verbunden bin.

In der letzten Woche war die Priesterweihe von achtunddreißig Diakonen eine große Freude für mich. Jetzt müssen wir sie noch mehr unterstützen, damit sie heiligmäßige Priester Jesu Christi sind. Mir standen die drei ersten Priester vor Augen. Ich habe sie gebeten, wir alle mögen in Nachahmung ihrer treuen Antwort auch den Wunsch verspüren, mehr aus unserer priesterlichen Seele heraus zu leben; das heißt mehr Umgang mit dem Meister, mehr Sorge um die Seelen und eine Beharrlichkeit, die durch nichts zu erschüttern ist[13].

Bittet weiter für meine Anliegen; für die Kirche und für den Papst, für die Heiligkeit der Priester und aller Gläubigen, für die Ausbreitung der Kirche in aller Welt.

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[1] Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 315

[2] Lk 12, 49

[3] Meßbuch, Texte der hl. Messe

[4] Hl. Augustinus, Über die Dreifaltigkeit, I, 8

[5] Ps 1, 3

[6] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus der mündlichen Predigt, 12.10.1972

[7] Benedikt XVI., Apost. Schreiben, Sacramentum caritatis, 22.2.2007, Nr. 7

[8] Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 85

[9] Ebd., Nr. 86

[10] Benedikt XVI., Apost. Schreiben Sacramentum caritatis, 22.2.2007, Nr. 12

[11] Ebd., Nr. 13

[12] Hl. Josefmaria, Aufzeichnungen aus der mündlichen Predigt, 8.12.1971

[13] Vgl. Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 934