Betrachtungstext: Osteroktav – Donnerstag

„Friede” ist das erste Wort des Auferstandenen – Jesus erneuert die Hoffnung in unserem Leben – Die Sendung, Frieden unter allen Menschen zu verbreiten.

IM LAUFE der Osteroktav erinnert uns die Liturgie der Kirche an die wichtigsten Erscheinungen des auferstandenen Herrn. Sie alle haben einen gemeinsamen Nenner: Die Jünger erkennen Jesus nicht gleich in der Person, die ihnen erscheint und zu ihnen spricht. Ihre Herzen waren für diese Erfahrung noch nicht bereit. So groß ist ihr Erstaunen, wenn sie ihn erkennen, dass manche von ihnen wie benommen und verwirrt sind.

So war es bei Jesu Erscheinen vor den im Abendmahlssaal versammelten Aposteln. Der heilige Lukas beschreibt die Szene (Lk 24,36-49). Die beiden Emmausjünger sind zurückgekehrt, um ausführlich zu berichten, was sie unterwegs erlebt haben. Bei ihrer Ankunft finden sie die anderen im Gespräch darüber, was Petrus gesehen hat und welche Nachrichten sie über das leere Grab erhalten haben. Während sie noch darüber redeten, trat er selbst in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! (Lk 24,36). Es ist wichtig festzuhalten: Das erste Wort, das der Herr nach seinem Sieg über den Tod spricht, lautet „Friede“, denn der Friede ist, wie der heilige Papst Paul VI. sagte, „das erste Geschenk des Auferstandenen“1. Zweifellos war es das, was die Apostel nach all den Ängsten, die sich in ihnen in diesen Tagen des Verrats und der Einsamkeit angestaut hatten, am nötigsten hören mussten.

Der Prophet Jesaja kündigte den Messias als Fürst des Friedens an (Jes 9,5). Das Reich Christi ist nach Worten des heiligen Paulus ein Reich, das Gerechtigkeit, Friede und Freude ist (Röm 14,17). Sowohl Jesaja als auch Paulus weisen auf göttliche Eingebung auf Jesu Herz hin, die Quelle des wahren Friedens. Das ist es, was der Meister seinen Aposteln im Abendmahlssaal, wenige Stunden vor seinem Leiden, zugesichert hatte: Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch (Joh 14,27). In jeder Eucharistie hören wir aus dem Munde Christi, des Priesters, von Neuem den Wunsch, dass „Friede“ mit uns, seinen Jüngern, sei. Der Prälat des Opus Dei schrieb in einer Botschaft: „Jesus wünscht sich für uns, die wir im Getriebe des täglichen Kommens und Gehens stecken, wahren Frieden, Gelassenheit und Ruhe. Und er zeigt uns den Weg dahin: ihm in der Demut und Sanftmut seines Herzens immer ähnlicher werden.“2


DIE ANGST trübte die Augen der Apostel; sie erkannten Jesus nicht und hielten ihn für einen Geist. Da erklärte ihnen der Herr, dass sein Körper real war: Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift (...). Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße (Lk 24,39-40). Obwohl sie seine heilige Menschheit staunend betrachteten, konnten sie immer noch nicht richtig glauben, dass er es war, vielleicht weil sie von einer solchen Freude überwältigt waren. Also fügte Jesus hinzu: Habt ihr etwas zu essen hier? Sie gaben ihm ein Stück gebratenen Fisch; er nahm es und aß es vor ihren Augen (Lk 24,41-43). Der lebendige Jesus zeigt uns weiterhin seine Wunden und sagt: „Ich bin es.“ Wenn die Gegenwart Christi in unserem Leben verblasst, können wir durch den Glauben entdecken, dass er sich nicht entfernt hat. Die menschlichen Niederlagen, Widersprüche und sogar Fehler stellen – im Lichte betrachtet, das aus den glorreichen Wunden des Auferstandenen strömt – nicht länger ein unlösbares Drama dar und rauben uns nicht mehr so leicht die Freude.

Der heilige Thomas Morus bezeugt mit einem Brief, den er aus seinem Verließ im Tower zu London an seine Tochter schrieb, was Hoffnung bedeutet: „Meine liebste Tochter, lass deine Seele niemals durch irgendetwas betrüben, das mir in dieser Welt widerfahren könnte. Nichts kann geschehen außer dem, was Gott will. Und ich bin ganz sicher, was immer es sein mag, wie schlimm es auch erscheinen mag, es wird tatsächlich das Beste sein.“3 Laut Papst Franziskus legt uns die Hoffnung in den Auferstandenen „die Gewissheit ins Herz, dass Gott alles zum Guten zu wenden vermag, da er sogar aus dem Grab das Leben hervorgehen lässt. Das Grab ist der Ort, aus dem nicht mehr herauskommt, wer hineingeht. Aber Jesus ist für uns herausgekommen, er ist für uns auferstanden, um Leben zu bringen, wo Tod war, um eine neue Geschichte einzuleiten, wo die alte verschlossen und sogar ein Stein daraufgelegt worden war. Er, der den Felsen am Eingang des Grabes gestürzt hat, kann auch die Felsblöcke, die das Herz versiegeln, entfernen.“4


UNSERE APOSTOLISCHE Sendung ist es, den Frieden Christi zu den Menschen in unserem Umkreis zu bringen. Als die zweiundsiebzig Jünger in die Dörfer Galiläas ausgesandt wurden, sollten sie jeder Familie die Botschaft überbringen: Friede diesem Haus! (Lk 10,5). Am Abend des Ostersonntags sendet Jesus sie aus, in seinem Namen (...) allen Völkern Umkehr [zu] verkünden, damit ihre Sünden vergeben werden. Angefangen in Jerusalem (Lk 24,47-48). Gott will, dass sich dieser Friede, den er uns schenkt, über die ganze Welt ausbreitet. Er hat uns beauftragt, ihn „in seinem Namen“ zu verbreiten. In diesem Sinne sagte ein Kirchenvater: Wir sollten uns schämen, auf den Friedensgruß zu verzichten, den der Herr uns hinterlassen hat, als er aus der Welt ging. Der Friede ist wohlschmeckend als Wort und als Wirklichkeit, von der wir wissen, dass sie von Gott kommt.5 Ausgehend von dem Gruß, den der Auferstandene entbietet, wird der Friede ein Identitätsmerkmal des Christen sein.

Lasst uns also dem nachjagen, was dem Frieden dient und der gegenseitigen Auferbauung! (Röm 14,19), ermutigt Paulus die Römer. In der Evangelisierungsaufgabe ahmt der Christ die Vorgehensweise des Auferstandenen nach, der seine Wunden herzeigt, nicht um den Jüngern vorzuwerfen, dass sie ihn im Stich gelassen haben, sondern um ihnen die Quelle des Friedens zu zeigen, um ihnen zurückzugeben, was sie verloren hatten. Der Prälat des Werkes rät uns, Gott in unserem Gebet zu bitten, „er möge uns ein Herz wie das seine geben. Das wird sich auf die Ruhe unserer Seele und auch der Menschen um uns auswirken.6 Der heilige Josefmaria sagte immer wieder dieses Stoßgebet: Cor Iesu sacratissimum et misericors, dona nobis pacem! Heiligstes und barmherziges Herz Jesu, schenke uns den Frieden!In unserem Verlangen, den Frieden Gottes zu verbreiten, finden wir in Maria, der Königin des Friedens, ein besonderes Beispiel und eine mächtige Fürsprache.


1 Hl. Paul VI., Ansprache, 9. 4.1975.

2 Prälat Fernando Ocáriz, Botschaft, 19.6.2020.

3 Hl. Thomas Morus, Briefe, Nr. 7.

4 Franziskus, Predigt, 11.4.2020.

5 Hl. Gregor von Nazianz, in: Catena Aurea, Bd. VI.

6 Prälat Fernando Ocáriz, Botschaft, 19.6.2020.