WIR FEIERN heute das Fest des heiligen Pius X., den der heilige Josefmaria im Jahr 1953 zum Fürsprecher des Werkes ernannte. Der Gründer des Werkes verehrte und bewunderte diesen heiligen Papst vor allem für seine eucharistische Frömmigkeit, seine Liebe zur Kirche und seinen Wunsch, dass das Reich Christi in allen Menschen errichtet werde. Er vertraute Pius X. alle Angelegenheiten an, die die Beziehungen des Werkes mit dem Heiligen Stuhl betreffen.
Giuseppe Sarto, so lautete sein bürgerlicher Name, wurde 1835 in Riese bei Treviso, Norditalien, als zweites von zehn Kindern bescheidener gottesfürchtiger Eltern geboren. Mit einem Stipendium konnte er in das Seminar von Padua eintreten, mit 23 Jahren wurde er zum Priester geweiht. Nach ersten seelsorgerischen Einsätzen wurde er Domherr in Treviso und mit dem Amt des bischöflichen Kanzlers sowie des Spirituals des Diözesanseminars betraut. In diesen Jahren reicher und umfassender pastoraler Erfahrungen zeigte der zukünftige Papst jene tiefe Liebe zu Christus und zur Kirche, jene Demut und Einfachheit und jene große Fürsorge für die Notleidenden, die sein ganzes Leben kennzeichneten. Mit 51 Jahren wurde er zum Bischof von Mantua ernannt, mit 58 zum Patriarchen von Venedig. Zehn Jahre später, am 4. August 1903 wurde er zum Papst gewählt. Diesen Dienst nahm er nur zögernd an, weil er sich einer so hohen Aufgabe nicht gewachsen fühlte. Sein Pontifikat dauerte zehn Jahre. Nach seinem Tod im August 1914 entstand in der ganzen Kirche eine große Verehrung für ihn, und viele Menschen kamen, um an seinem Grab im Petersdom zu beten. Im Jahr 1954 wurde er heiliggesprochen.
Das Pontifikat des heiligen Pius X. hinterließ in der Kirchengeschichte bleibende Spuren, ganz im Sinne des Mottos, das er für sein Pontifikat gewählt hatte: Alles in Christus erneuern (Instaurare omnia in Cristo). Pius X. führte liturgische und kanonische Reformen in der Kirche durch. Sein größtes Bestreben war es, die Eucharistie in den Mittelpunkt des christlichen Lebens zu stellen, indem er den täglichen Empfang der Eucharistie förderte und die Erstkommunion für Kinder im Alter von sieben Jahren vorsah. Er suchte auch die Verbreitung der christlichen Lehre voranzutreiben. Bereits in seiner Zeit als Pfarrer hatte er einen Katechismus ausgearbeitet, als Papst verfasste er einen Text für die Diözese Rom, der sofort in viele Teile der Welt verbreitet wurde. „Dieser Katechismus, der den Namen Pius’ X. trägt“, so sagte Papst Benedikt, „war aufgrund seiner einfachen, klaren und genauen Sprache und seinem gut durchdachten Aufbau für viele eine sichere Leitlinie zum Verständnis der Glaubenswahrheiten.“1 Und Papst Franziskus schrieb: „Pius X. ist seit jeher als der Papst der Katechese bekannt. Und nicht nur das! Ein sanfter und starker Papst. Ein demütiger und klarer Papst. Ein Papst, der der ganzen Kirche zu verstehen gab, dass ohne die Eucharistie und ohne die Aufnahme der geoffenbarten Wahrheiten der persönliche Glaube schwach wird und stirbt.“2
„DANKE, mein Gott, für die Liebe zum Papst, die du mir ins Herz gelegt hast“3, schrieb der heilige Josefmaria in „Der Weg“. Was er damit zum Ausdruck bringen wollte, war, dass seine kindliche Verbundenheit mit dem Papst zwar sehr menschlich war, dennoch aber über eine spontane Sympathie oder Gleichgesinntheit hinausging. Sie war für ihn auch keine Überzeugung oder Willensentscheidung, sondern eben ein Geschenk Gottes, eine Gnade, die der Herr in sein Herz gelegt hatte und die ihn die verschiedenen Päpste, die im Laufe seines Lebens auf dem Stuhl Petri aufeinander folgten, innig lieben ließ. Tatsächlich bat der Gründer des Werkes noch am Morgen seines Sterbetages zwei seiner Söhne, dem amtierenden heiligen Paul VI. die folgende Botschaft überbringen zu lassen: „Seit Jahren opfere ich die heilige Messe für die Kirche und für den Papst auf. Ihr könnt ihm versichern – ihr habt es ja oft von mir gehört –, dass ich dem Herrn mein Leben für den Papst angeboten habe, wer immer es sei.“4
Für einen Christen ist die Verbundenheit mit der Person und den Anliegen des Papstes eine Frage des Glaubens, eine Frage des Vertrauens in den Herrn, der einem armen Fischer mit offensichtlichen Unzulänglichkeiten versichert hat: Du bist Petrus und auf diesen Felsen werde ich meine Kirche bauen und die Pforten der Unterwelt werden sie nicht überwältigen. Ich werde dir die Schlüssel des Himmelreichs geben; was du auf Erden binden wirst, das wird im Himmel gebunden sein, und was du auf Erden lösen wirst, das wird im Himmel gelöst sein (Mt 16,18-19). „Die Obergewalt des Papstes und seine Unfehlbarkeit, wenn er ex cathedra spricht“, so sagte einmal der heilige Josefmaria, „sind keine menschliche Erfindung, sondern ergeben sich aus dem ausdrücklichen Stiftungswillen Christi. Wie wenig sinnvoll ist es dann aber, zwischen der Regierung des Papstes und jener der Bischöfe einen Gegensatz zu konstruieren oder die Gültigkeit der päpstlichen Lehrentscheide von der Zustimmung der Gläubigen abhängig zu machen! Nichts passt weniger als ein Mächtegleichgewicht. Menschliche Denkweisen sind hier unbrauchbar, so attraktiv und funktionell sie auch sein mögen. Niemand besitzt in der Kirche aus eigener Kraft, als Mensch, absolute Gewalt; in der Kirche gibt es kein anderes Oberhaupt als Christus; und Christus hat für seine pilgernde Braut einen Stellvertreter einsetzen wollen – den Papst.“5 Daher muss die Liebe zum Heiligen Vater „eine herrliche Leidenschaft in uns sein, denn in ihm sehen wir Christus. Wenn wir mit dem Herrn im Gebet verkehren, werden wir einen klaren Blick bekommen, der uns auch hinter Ereignissen, die wir vielleicht manchmal nicht verstehen oder die uns Kummer bereiten und Tränen in die Augen treiben, das Wirken des Heiligen Geistes erkennen lässt.“6
DIE PÄPSTE betonen häufig, dass sie auf unsere Gebete zählen. So sprach Benedikt XVI. unmittelbar nach seiner Wahl vom Balkon der Vatikanbasilika die folgenden Worte: „Mich tröstet die Tatsache, dass der Herr auch mit ungenügenden Werkzeugen zu arbeiten und zu wirken weiß. Vor allem vertraue ich mich euren Gebeten an.“7 Papst Franziskus hat uns in vielen seiner Reden an die Notwendigkeit einer solchen Unterstützung erinnert: „Bittet den Herrn, mich zu segnen. Euer Gebet gibt mir Kraft und hilft mir, zu unterscheiden und die Kirche zu begleiten, indem ich auf den Heiligen Geist höre.“8 In einem Brief an einen Kardinal versicherte der heilige Josefmaria dann auch: „Beten ist das Einzige, was ich tun kann. Mein armseliger Dienst an der Kirche beschränkt sich darauf. Und jedes Mal, wenn ich an mein Ungenügen denke, werde ich mit Kraft erfüllt, weil ich weiß und fühle, dass Gott es ist, der alles tut.“9
Der Glaube und die Gemeinschaft, die wir in der Kirche leben, führen uns Katholiken dazu, für die Person und Anliegen des Papstes zu beten, aber auch seine Lehren zu kennen und zu befolgen und ihm mit kindlicher Zuneigung zu begegnen. Wenn wir manchmal einen Aspekt seiner Worte oder seiner Werke nicht verstehen, hindert uns dies nicht daran, seine Lehren mit einem Geist des Glaubens und Vertrauens anzunehmen. In diesem Sinne sagte der heilige Josefmaria, der die heilige Katharina von Siena wegen ihrer Verteidigung des Papstes sehr verehrte: „Tausendmal lieber würde ich mir die Zunge abbeißen und sie weit weg spucken, bevor ich auch nur ein Wort über denjenigen verlöre, den ich auf dieser Erde nach dem Herrn und der heiligen Maria am meisten liebe: il dolce Cristo in terra, wie ich mit Worten der heiligen Katharina oft sage.“10 Diese Haltung ist das Gegenteil davon, sich in der Öffentlichkeit negativ über den Papst zu äußern oder das Vertrauen in ihn zu untergraben, auch wenn man eine bestimmte persönliche Meinung nicht teilt. Jedenfalls ist ihm, wie es das Kirchenrecht formuliert, zumindest „religiöser Verstandes- und Willensgehorsam“11entgegenzubringen.
Zuletzt blicken wir auf die Jungfrau Maria, damit das Fest des heiligen Pius X. uns helfe, unsere kindliche Verbundenheit mit dem Papst weiter zu stärken. So schrieb der heilige Josefmaria: „Maria hört nicht auf, die Kirche zu festigen und zu einen. Es ist kaum möglich, die Gottesmutter wahrhaft zu verehren, ohne sich mit den übrigen Gliedern des mystischen Leibes enger verbunden zu fühlen, auch mit dem sichtbaren Haupt dieses Leibes, dem Papst. Deshalb wiederhole ich gern: omnes cum Petro ad Iesum per Mariam, alle mit Petrus zu Jesus durch Maria!“12
1 Benedikt XVI., Audienz, 18.8.2010.
2 Franziskus, Vorwort zu einer Biographie von Pius X. (Lucio Bonora), 2023.
3 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 573.
4 Sel. Alvaro del Portillo, Über den Gründer des Opus Dei, Adamas, 1996, S. 218.
5 Hl. Josefmaria, Loyal zur Kirche, Nr. 13.
6 Ebd.
7 Benedikt XVI., Ansprache, 19.4.2005.
8 Franziskus, Monatsanliegen, November 2023.
9 Hl. Josefmaria, Brief 15.7.1967.
10 Hl. Josefmaria, Brief 17, Nr. 53.
11 Codex des Kanonischen Rechts, Nr. 752. Vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 892.
12 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 139.