Betrachtungstext: 1. Adventwoche - Montag

Jesus kommt, um unter uns zu sein. – Wir können uns ihm immer nähern. – Durch das Gebet die Freundschaft mit Jesus stärken.

DAS LITURGISCHE JAHR beginnt, und wir durchlaufen von neuem die Geheimnisse des Lebens Christi, seine Freuden, seine Leiden und seine Herrlichkeit. Wir werden diese Tage in der Erwartung seiner Geburt beginnen, dann sein Leben, seinen Tod, seine Auferstehung und Himmelfahrt betrachten, bis wir schließlich bis Pfingsten gelangen, wann er uns seinen Heiligen Geist sendet, damit er uns begleitet „alle Tage bis zum Ende der Welt“ (Mt 28,20).

Wir wissen, dass die Wiederholung der Geheimnisse Jahr für Jahr viel mehr ist als eine fromme Erinnerung: Sie ist nicht eine kalte und leblose Repräsentation von Dingen, die der Vergangenheit angehören, noch ein Gedächtnis einer früheren Zeit: sie ist vielmehr Christus selbst, der in seiner Kirche lebt1. Jede liturgische Zeit der Kirche führt uns persönlich in einen konkreten Moment oder Aspekt des Lebens Jesu selbst ein, der auf den Straßen Galiläas ging. Denn Iesus Christus heri et hodie, idem et in saecula (Hebr 13,8): Jesus Christus lebt weiter auf der Erde, und wir können ihn kennen und lieben; sogar mehr: wir können in Ihm leben.

Im Konkreten leben wir in diesen Tagen des Advents wirklich die Erwartung des Messias. Seine Zeit steht nahe bevor, und sein Tag verzögert sich nicht2 (2), wiederholt die Kirche. Einmal mehr kommt Jesus in unsere Welt, wird in unserem Leben gegenwärtig. Er kommt mit dem Wunsch, an unserer Seite auf den Pfaden der Geschichte zu wandern. Er will, dass wir ihn an unseren Freuden teilhaben lassen, dass wir ihm unsere Leiden anvertrauen; er will uns trösten können und uns die notwendige Kraft geben, um die Aufgabe eines jeden Tages voranzubringen. Wir können ihm für diesen Aspekt seines Lebens danken, den wir in diesen Tagen durchleben werden: dass Gott Mensch geworden ist, damit wir Kinder Gottes sein und mit seiner Begleitung rechnen können.


EINIGE PERSONEN, die mit Jesus zusammen waren, als er auf unserer Erde wandelte und Gutes tat, können uns lehren, Umgang mit dem Meister zu haben. Als er (Jesus) nach Kafarnaum kam, trat ein Hauptmann an ihn heran und bat ihn: Herr, mein Diener liegt gelähmt zu Hause und hat große Schmerzen (Mt 8,5-6). Die Liturgie legt uns heute diese Begebenheit aus dem Leben unseres Herrn zur Betrachtung vor. Dieser gute Mann, ein Heide, leidet wegen der Krankheit eines Dieners, den er wirklich schätzt. Angesichts der bitteren Unfähigkeit, ihm nicht helfen zu können, reagiert er weise und demütig, voller Glauben: er sucht Jesus auf und legt ihm aufrichtig den Grund seiner Traurigkeit dar. Es ist nicht notwendig, dass er um etwas bittet; es genügt, ihm von seiner Situation zu erzählen, seine Seele zu öffnen.

Auch wir haben unsere Schwierigkeiten und Leiden; wir haben auch Freunde, für die wir den Wunsch haben, dass sie geheilt werden; und wir selbst wollen uns in seinen Händen aufgehoben fühlen. Es ist gut, uns daran zu erinnern, wie sehr wir ihn brauchen, und wie er brennend wünscht, uns zu helfen. Es ist sehr tröstlich, zu wissen, dass wir uns in jedem Augenblick mit voller Aufrichtigkeit an Ihn wenden können: Jesus, ich habe einige Dinge, für die ich keine Lösung weiß und die mir den Frieden rauben. Ich habe Glauben, aber ich anerkenne, dass ich manchmal mehr auf dich vertrauen sollte; ich muss noch lernen, mein Leben vollkommener in deine Hände zu legen.

Heute wollen wir den Hauptmann des Evangeliums nachahmen und dem Herrn unser Herz öffnen. Wir verharren in Stille, im Gespräch mit dem Herrn, wir legen ihm unser Leben und unsere Bedürfnisse dar. Und wir bleiben ruhig, weil wir wissen, dass er sich jetzt um sie kümmert.


HERR, ich bin es nicht wert, dass du unter mein Dach einkehrst; aber sprich nur ein Wort, dann wird mein Diener gesund! (Mt 8,8). Wie rührt es uns immer wieder, wenn wir den Glauben des Hauptmanns betrachten! Ein Glaube, der Jesus selbst in Erstaunen versetzt und den er lobt: Amen, das sage ich euch: Einen solchen Glauben habe ich in Israel noch bei niemandem gefunden (Mt 8,10). Ein großer und zugleich demütiger und einfacher Glauben, der sich in Worten ausdrückt, die uns die Liturgie jeden Tag vor dem Empfang der heiligen Kommunion in den Mund legt.

Täglich können wir uns Jesus in der Eucharistie nähern, wir würden es gerne mit demselben Vertrauen auf die Macht des Herrn und derselben Demut tun, die wir an diesem Hauptmann des Evangeliums beobachten. Ich begreife nicht – sagte der heilige Josefmaria –, wie man christlich leben kann, ohne das dauernde Verlangen nach einer Freundschaft mit Jesus im Wort und im Brot, im Gebet und in der Eucharistie zu verspüren. Und ich verstehe es sehr gut, dass im Laufe der Jahrhunderte die eucharistische Frömmigkeit der Gläubigen von Generation zu Generation konkretere Form angenommen hat: manchmal in öffentlichen Äußerungen und gemeinschaftlichem Bekennen des Glaubens, manchmal in stiller, unauffälliger Weise im heiligen Frieden des Gotteshauses oder im Innern des Herzens3 (3).

In der Eucharistie und in der Vertrautheit des Herzens können wir unsere Freundschaft mit Jesus nähren. Er ist immer an unserer Seite, um uns mit seiner Gnade beizustehen, uns mit seiner Gegenwart zu erfreuen und uns seine Liebe zu uns erkennen zu geben. Auch wenn wir uns manchmal Jesus im Sakrament nicht physisch nähern können, so können wir doch immer Gott in der Stille unseres Herzens begegnen, wie es so oft unsere Mutter, die heilige Maria (vgl. Lk 2,19), getan hat. An der Schwelle dieses beginnenden liturgischen Jahres können wir sie um ihre Begleitung bitten, um uns in jedem Augenblick in das Leben ihres Sohnes zu versetzen.


1 Pius XII, Enzyklika Mediator Dei, Nr. 205.

2 Stundengebet, Montag der 1. Adventswoche, Non, Kurzlesung (vgl. Jes 14,1).

3 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 154.