Betrachtungstext: 8. Januar

Gott sorgt in seiner Liebe für Leib und Seele des Menschen. - Die gesunde Ernährung und Nahrung für viele. - Meine Speise ist nicht von dieser Welt’: Der Geist im Wort Gottes ist Nahrung.

ALS ER ausstieg, sah er die vielen Menschen und hatte Mitleid mit ihnen (Mk 6,34). Jesus hat einen Blick für die Not des Menschen und wendet sich nicht davon ab; im Gegenteil: er beseitigt Versorgungsengpässe und kommt jeder Not zuvor. Das entspricht ganz der Wirklichkeit jener neuen Liebe, die Jesus offenbart und von der wir heute in der Lesung aus dem ersten Johannesbrief hören: Darin besteht die Liebe: Nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für unsere Sünden gesandt hat (1 Joh 4,10). Johannes bringt nicht nur eine Klarstellung über den Ursprung, dass die Liebe aus Gott ist (1 Joh 4, 7), sondern auch die inhaltliche Angabe, dass diese Liebe stärker ist als die Bosheit der Sünde. Die Liebe Gottes zum Menschen besteht nun darin, dass er, Gott, selber kommt, um als Mensch den Menschen von der Geißel des Bösen zu befreien. Der so befreite Mensch erwirbt damit auch die Möglichkeit, Gutes zu tun, Gott und jeden Menschen in Wahrheit zu lieben, das Böse im Übermaß des Guten zunichte zu machen!1 Das ist aber kein ‘Selbstläufer’; es geschieht nicht schon aufgrund dessen, dass wir Menschen sind, wie manche das vereinfachend auffassen und darstellen. Gott hat uns aus Liebe erschaffen, aber so, dass die Dynamik unseres Lebens uns daran erinnert, dass wir im Wesentlichen bedürftige Wesen sind: wir hungern nach Nahrung, nach Bildung, nach Zuneigung, nach Ruhe. Das macht uns sehr menschlich, holt uns aus einer vermessenen Sicht heraus, das Glück einmal selber schaffen zu können. Noch mehr gilt das nach dem ersten Sündenfall, der durch die Verführung zum Bösen induziert wurde: ihr werdet wie Gott und erkennt Gut und Böse. Durch den schlechten Gebrauch der von Gott dem Menschen gegebenen Freiheit kam die Sünde in die Welt und folglich wurde der Mensch aller übernatürlichen Güter bis auf seine Existenz beraubt.

Alles, was nach dem Sündenfall aus Gottes Hand stammt, ist daher für uns pädagogisch, erzieht uns zum Guten. Die Menschen sind verloren, wenn sie niemanden haben, der ihnen von neuem die Güter gibt, die die Kraft und die Richtschnur für ihr Leben bilden. Jesus ist gekommen, um uns diese Nahrung zu bringen: In ihm finden wir den Sinn unseres Lebens. Schenke uns dich selbst in deinem Sohn Jesus Christus2 betet der Priester über die vielen oder wenigen, aber angesichts der Güte Gottes immer bescheidenen Gaben, die wir Menschen in der Heiligen Messe vor Gott bringen können.


DARAUF NAHM ER die fünf Brote und die zwei Fische, also eine völlig unzureichende Menge für die vielen Menschen, die Jesus folgten und auf die Ernährung des Leibes vergaßen. Aber der Herr nutzte dies, um den Jüngern zu verdeutlichen: die Ernährung, existentielle Fragen im Allgemeinen, dürfen nicht auf die lange Bank geschoben werden. Er brach die Brote und gab sie den Jüngern, damit sie diese an die Leute austeilten (Mk 6, 41). Aber wo ist diese Nahrung zu finden? Von welcher Nahrung spricht das Evangelium wirklich? Die Nahrung für den Körper wird gekauft. Die Jünger konnten diese Nahrung jedoch nicht für viele Menschen bereitstellen. Warum bat Jesus sie dann, so viele Menschen zu speisen? Denn es gibt offensichtlich einen Mundvorrat, den sie geben könnten und der untrennbar mit Jesus verbunden ist. Er gibt ihn uns in dem Maß, wie wir auf ihn hören, ihm Einlass in unser Herz gewähren: Durch Gebet und Arbeit in den gewöhnlichen Umständen unseres Lebens3Das [äußere] Tun ist ohne das Gebet nichts wert4, lehrte der hl. Josefmaria. Mit dem Gebet kann die Nahrung und jegliche Art von Gütern, die jemand großzügig bereitstellt, sogar vermehrt werden und es ergeht einem wie es der Witwe von Sarepta erging, von der das erste Buch der Könige berichtet, dass ihre Verbrauchsgüter Öl und Mehl auch wenn sie konsumiert werden, nicht ausgehen, denn so spricht der HERR, der Gott Israels: Der Mehltopf wird nicht leer werden und der Ölkrug nicht versiegen bis zu dem Tag, an dem der HERR wieder Regen auf den Erdboden sendet (17,8-16).


DIE LITURGIE zu Weihnachten weist wiederholt auf die Gaben hin, die nun auf die Erde kommen. Ein großes Licht ist auf die Erde herabgekommen5ein Kind ist uns geboren (Jes 9,5); Johannes fasst zusammen, dass das Wort Gottes aus Liebe Menschengestalt angenommen hat (vgl. Joh 1, 14).Das Wort Gottes muss alle Zeiten und Räume durchdringen, damit es von Zeitalter zu Zeitalter jeden Winkel der Welt erreicht und die Herzen erwärmen kann. Jede Generation von Christen muß ihre eigene Zeit erlösen und heiligen. Hierzu müssen sie die Sorgen ihrer Mitmenschen verstehen und teilen, damit sie ihnen mit der Sprachengabe näherbringen können, wie sie auf das Wirken des Heiligen Geistes und auf den stets überfließenden Reichtum des göttlichen Herzens antworten können. Uns Christen fällt in unserer Zeit die Aufgabe zu, der Welt, in der wir sind und leben, die Botschaft des Evangeliums zu verkünden, die alt und zugleich immer neu ist6.

Sicher geschieht das in besonderer Weise durch seine Propheten, die den Auftrag haben, die Nahrung des Wortes zu den Menschen in ihrer Umgebung zu bringen, damit sie sie ihrerseits zu anderen bringen können und damit die Nahrung reichlich vorhanden ist und immer mehr Menschen an immer mehr Orten ernährt werden. Jesus erinnert uns aber auch daran, dass seine Aufforderung, die Hungrigen zu speisen, alle Christen betrifft. Das darf nicht gleich als Schwierigkeit gesehen werden, sondern ist in Wirklichkeit einfach und ständiger Grund zur Freude. Derjenige, der überall gegenwärtig ist, ist auch niemals abwesend; unfassbar für die Engel und dem Blick der Menschen entzogen, tritt er freiwillig zur Taufe hinzu. Und der Himmel öffnete sich und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden (vgl. Lk 3, 21-22). Der Geliebte bringt Liebe hervor, das immaterielle Licht das unzugängliche Licht. Dieser ist es, der der Sohn Josephs genannt wird, aber mir gehört der einzige, der aus göttlichem Wesen geboren ist7. Es liegt an uns, zu sehen, wie wir das Heilige, das Göttliche, in unserem täglichen Leben, in unseren Worten und in unseren Taten entdecken8und durch sie überall verbreiten können. Und wir wollen Maria und Josef darum bitten.


1 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 848.

2 Messe vom 8. Jänner, Gabengebet.

3 Prälat Fernando Ocáriz, Weihnachtsbotschaft, Dezember 2021.

4 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 81.

5 Messe vom 8. Jänner, Eröffnungsvers.

6 Ders., Christus begegnen, Nr. 132.

7 Aus: Rede zur heiligen Theophanie, dem hl. Hippolyt, Priester, zugeschrieben, Nr. 6-8, (PG 10, 858).

8 Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 114.