Betrachtungstext: 34. Woche im Jahreskreis - Mittwoch

Das Zeugnis des Martyriums – Märtyrer im Gewöhnlichen – Die Fruchtbarkeit des Lebens eines Apostels in der Welt

JESUS HATTE mehrere Fragen seiner Zuhörer beantwortet, als einer von ihnen anfing, die Schönheit des Tempels von Jerusalem zu preisen. Der Herr nahm diesen Kommentar zum Anlass, um zur Verwunderung seiner Zuhörer von der künftigen Zerstörung des Tempels zu sprechen und, noch geheimnisvoller, einige Dinge über die Endzeit zu sagen. Die so genannte eschatologische Rede Christi – also seine Rede über das, was am Ende kommen wird – ist keinem der Evangelisten entgangen, wir finden sie in allen drei synoptischen Evangelien; und die Liturgie der Kirche fordert uns ebenfalls auf, in diesen letzten Tagen des Jahreskreises  darüber nachzudenken.

Wir werden nicht wissen, wann das Ende kommen wird; Gott selbst wollte es nicht offenbaren. Doch das heutige Evangelium drängt uns, jederzeit und unter allen Umständen „Zeugnis zu geben“, in einer steten Haltung der Erwartung. Das Martyrium ist das höchste Zeugnis des Glaubens an Jesus Christus. Das Wort Märtyrer kommt aus dem Griechischen und bedeutet tatsächlich „Zeuge“. Jesus wusste, dass einige unserer Brüder und Schwestern, von den Anfängen des Christentums bis heute, eine solche Verfolgung erleiden werden: Man wird Hand an euch legen und euch verfolgen. Man wird euch den Synagogen und den Gefängnissen ausliefern, vor Könige und Statthalter bringen um meines Namens willen. Dann werdet ihr Zeugnis ablegen können (Lk 21,12-13).

Die Märtyrer sind jene Menschen“, erklärte einmal Papst Franziskus, „die die Kirche voranbringen; es sind jene, die die Kirche stützen, die sie einst gestützt haben und sie auch heute noch stützen. Viele Christen sind selig, weil sie verfolgt, geschmäht, inhaftiert werden. Heute gibt es in den Gefängnissen viele von ihnen, die nur deshalb dort sind, weil sie ein Kreuz tragen oder Jesus Christus bekennen: Das ist der Ruhm der Kirche und gleichzeitig auch unsere Demütigung. (...) In den ersten Jahrhunderten der Kirche sagte ein antiker Schriftsteller: ,Das Blut der Christen, das Blut der Märtyrer, ist der Same der Christen.‘ Durch ihr Martyrium, durch ihr Zeugnis, durch ihr Leiden, auch dadurch, dass sie ihr Leben hingeben, säen sie Christen für die Zukunft.1


DIESE WELT, in der wir leben, braucht Schönheit, um nicht in Verzweiflung zu verfallen“, mit diesen Worten wandte sich der heilige Papst Paul VI. einmal an die Künstler. „Die Schönheit, wie die Wahrheit, bringt Freude in die Herzen der Menschen; sie ist die kostbare Frucht, die dem Verfall der Zeit widersteht und die Generationen verbindet.2 Die Ausstrahlung eines demütigen und freudigen christlichen Lebens ist eine Quelle der Hoffnung für unsere Welt. Jede Anstrengung, die wir vereint mit Gott unternehmen, ist eine Gelegenheit, Zeugnis abzulegen; in den Aufgaben des täglichen Lebens können wir allen Christen nahe sein, besonders jenen, die Schwierigkeiten erleiden und uns brauchen.

Der heilige Josefmaria erinnerte daran, dass „die spezifische Art der Laien, ihren Beitrag zur Heiligkeit und zum Apostolat der Kirche zu leisten, im freien und verantwortlichen Wirken im Schoß der zeitlichen Strukturen besteht, sodass sie den Sauerteig der christlichen Botschaft dorthin bringen. Das Zeugnis eines christlichen Lebens, das Wort, das im Namen Gottes aufleuchtet, und das verantwortliche Handeln im Dienst an den Mitmenschen durch einen Beitrag zur Lösung der gemeinsamen Probleme sind weitere Äußerungen dieser Gegenwart, durch die ein gewöhnlicher Christ seinen göttlichen Auftrag erfüllt.3

Mit hoher Wahrscheinlichkeit besteht der Ruf Gottes an jeden von uns darin, den Glauben unter jeglichen Umständen kohärent zu leben: in der Arbeit, in der Familie, im Freundeskreis; vielleicht wird das Martyrium, zu dem wir berufen sind, ein ständiges sein und darin bestehen, die gewöhnlichen Dinge mit Sorgfalt zu erfüllen und dabei zu versuchen, die anderen glücklich zu machen. Der heilige Josefmaria hielt folgenden Dialog fest: „Du willst Märtyrer werden. – Ich will dir ein Martyrium zeigen, das in deiner Reichweite liegt: Apostel sein und dich nicht Apostel nennen; Missionar sein – mit einer Mission – und dich nicht Missionar nennen; ein Mann, eine Frau Gottes sein und ein Mann, eine Frau der Welt zu sein scheinen: verborgen bleiben!4


WELCHE ÜBERRASCHUNGEN wird uns das Ende unseres Lebens bereit halten, wenn wir entdecken, wie viel Gutes wir in den Jahren, die Gott uns hier auf Erden geschenkt hat, getan haben. Wir werden mit Erstaunen die Früchte unseres christlichen Zeugnisses entdecken, das wir oft für unbemerkt oder – in einer Selbsttäuschung – sogar für unfruchtbar hielten. Am Ende werden wir sehen, dass unser Apostolat viel wirksamer war, als wir dachten.

Der heilige Petrus versicherte den ersten Christen in einem seiner Briefe: Wer wird euch Böses zufügen, wenn ihr euch voll Eifer um das Gute bemüht? Aber auch wenn ihr um der Gerechtigkeit willen leidet, seid ihr seligzupreisen. Fürchtet euch nicht vor ihnen und lasst euch nicht erschrecken, heiligt vielmehr in eurem Herzen Christus, den Herrn! (1 Petr 3,13-15). Die Treue, die Gott von uns erwartet, umfasst einerseits die Überzeugung, dass wir bei ihm immer gut aufgehoben sind, und andererseits den Wunsch, an unserem demütigen und verborgenen Zeugnis festzuhalten.

Es lohnt sich nicht, sich bei den Hindernissen des Weges aufzuhalten. „Die Mutlosigkeit ist der Feind deiner Beharrlichkeit“, schreibt der heilige Josefmaria. „Wenn du nicht gegen die Mutlosigkeit vorgehst, wirst du zuerst dem Pessimismus anheimfallen und schließlich der Lauheit. Sei optimistisch.5 Wir wissen nicht, wann das Ende kommt, doch solange wir auf Erden sind, dürfen wir immer froh sein, weil wir wissen, dass Gott auch bei Schwierigkeiten der Herr der Geschichte ist. Daran wollen wir festhalten, um auch Zeiten der Bedrängnis durchzustehen und schließlich dort anzukommen, wo unsere Mutter Maria auf uns wartet.


1 Franziskus, Tagesmeditation, 30.1.2017.

2 Hl. Paul VI., Botschaft an die Künstler, 8.12.1965.

3 Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 59.

4 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 848.

5 Ebd., Pkt. 988.

Foto: Daniel Chekalov (unsplash)