Betrachtungstext: 34. Sonntag im Jahreskreis – Christkönigsfest (B)

Jesus, der König des Universums und jedes einzelnen von uns – Die scheinbare Schwäche des Königtums Christi – Der Dienst ist die wahre Macht

Christus König - Berliner Dom

DAS Christkönigsfest stellt den krönenden Abschluss jedes Kirchenjahres dar. Seit Wochen bereiten wir uns darauf vor. Die Betrachtung der letzten Dinge hat uns zu dieser Gewissheit geführt: Jesus Christus ist der Herr der Zeit und jeder persönlichen Geschichte, seine Herrschaft ist eine ewige, unvergängliche Herrschaft. Sein Reich geht niemals unter (Dtn 7,14). Nichts, was in der Welt geschieht, entzieht sich seiner Kenntnis. Keine unserer Sorgen und Wünsche ist ihm fremd, er regiert alles mit Liebe und Weisheit.

Regnare Christum volumus – „Wir wollen, dass Christus herrscht“ –, lautete der bischöfliche Wahlspruch des seligen Alvaro del Portillo. Der heilige Josefmaria betete dieses Stoßgebet schon in jungen Jahren: „Christus soll herrschen, vor allem in unserer Seele. Was würden wir antworten, wenn er uns fragte: Willst du, dass ich in dir herrsche? Ich würde ihm antworten, dass ich dazu die Fülle seiner Gnade brauche. Denn nur so wird alles zu einem Hosanna, zu einem Freudenruf auf Christus, meinen König: jeder Herzschlag, jeder Atemzug, selbst der flüchtigste Blick, jedes einfache Wort, jede Empfindung.1

Papst Franziskus predigte einmal anlässlich des heutigen Hochfests: „Jesus bittet uns heute zuzulassen, dass er unser König werde. Ein König, der uns durch sein Wort, sein Beispiel und sein am Kreuz hingegebenes Leben vom Tod errettet hat. Dieser König weist dem verlorenen Menschen den Weg und erhellt unser von Zweifeln, Angst und täglichen Prüfungen geprägtes Dasein. Wir dürfen jedoch nicht vergessen, dass das Königtum Jesu nicht von dieser Welt ist. Er kann unserem Leben – das oft auch durch unsere Fehler und Sünden hart erschüttert wird – einen neuen Sinn geben, unter einer einzigen Bedingung: dass wir die Logik der Welt und ihrer ,Könige‘ hinter uns lassen.“2


WÄHREND des Prozesses, der zu Jesu Verurteilung führte, schildert das Evangelium eindrucksvoll, wie Pontius Pilatus zunehmend von Überraschung und Verunsicherung ergriffen wird. Vor ihm steht ein Angeklagter, dessen würdevolles Auftreten eine Tiefe und Kraft offenbart, die Pilatus so noch nie erlebt hat. Die sanften Worte Jesu scheinen die verborgensten Winkel seiner Seele zu berühren. Die Wahrheit selbst steht vor ihm, und ihre Strahlkraft verwirrt ihn zutiefst, sodass er unsicher wird, welche Haltung er einnehmen soll. In der Gegenwart Christi bleibt kein Herz, wie es vorher war.

Die Kontraste in der Szene sind beredt: Auf der einen Seite die überwältigende Macht des Römischen Reiches, das fast die gesamte bekannte Welt beherrscht. Auf der anderen Seite der wahre Herrscher des Universums, der sich dennoch nicht verteidigt. Die Hände, die so viele Wunder gewirkt haben – Blinden das Augenlicht zurückgaben, Tote auferweckten, die Kranken berührten und Tränen trockneten – sind nun gefesselt. Diese Hände, die Brot und Wein in seinen Leib und sein Blut verwandelten und Legionen von Engeln herbeirufen könnten, bleiben gebunden.

Das Geheimnis der Szene bewegt uns: Christus verteidigt sich nicht. Seine Herrschaft zeigt sich in der freiwilligen Hingabe seiner selbst – durch sie nimmt das Heil seinen Anfang. Benedikt XVI. predigte: „Er will den Willen des Vaters bis ins Letzte erfüllen und sein Reich nicht mit Waffen und Gewalt errichten, sondern mit der scheinbaren Schwachheit der Liebe, die das Leben hingibt. Das Reich Gottes ist ganz anders als die irdischen Reiche.3 Gerade Jesu scheinbare Schwäche erobert die Freiheit der Seelen, gerade die Zerbrechlichkeit des Herrn flößt der Welt und den Menschen Leben ein, macht aus dem Bösen Gutes und schenkt Gnade, ohne sich aufzudrängen.


JEDER CHRIST ist berufen, Christus unter den Menschen zu verkörpern. Der Anblick der gefesselten Hände unseres Herrn lädt uns ein, uns zu verschenken, ohne Bedingungen oder Vorbehalte. Sein Beispiel zeigt uns, was es bedeutet, bedingungslos zu lieben: die Waffen des Stolzes und der Selbstverteidigung niederzulegen und stattdessen in Demut zu lernen, zuzuhören, ohne uns aufzudrängen, das Gute in jedem Menschen zu schätzen und unsere Zeit und Freude mit anderen zu teilen, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.

In Jesu Königtum vor Pilatus entdecken wir eine tiefe Lektion: Was bringt es, auf unser vermeintliches Recht zu pochen oder unseren Willen durchsetzen zu wollen? Selbst das Gute, das wir tun, verliert an Wert, wenn es nicht von dem aufrichtigen Wunsch getragen wird, wie Christus zu dienen. „Dienen. Wie sehr gefällt mir dieses Wort“, sagte der heilige Josefmaria, „meinem König dienen und durch ihn allen, die durch sein Blut erlöst sind. Wenn wir Christen es doch verstünden, zu dienen! Vertrauen wir dem Herrn unseren Entschluss an, lernen zu wollen, was es heißt, zu dienen. Denn nur, indem wir dienen, können wir Christus kennenlernen und lieben; und nur so werden wir andere Menschen zu ihm führen und sie dazu bewegen, ihn ebenfalls zu lieben.“4

Der Erzengel Gabriel verkündete Maria, dass ihr Sohn ein ewiges Reich führen werde. Maria glaubte dieser Verheißung noch vor der Geburt ihres Sohnes. Später würde sie, nicht ohne immer wieder vor Rätseln gestanden zu sein, verstehen, wie dieses Königtum Jesu beschaffen war. Bitten wir unsere Mutter, die sanfte und liebevolle Art des Regierens ihres Sohnes immer besser zu verstehen und in unserem Leben selbst umzusetzen.


1 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 181.

2 Franziskus, Angelus-Gebet, 25.11.2018.

3 Benedikt XVI., Predigt, 25.11.2012.

4 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 182.

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