Betrachtungstext: 3. Osterwoche - Sonntag (C)

Der auferstandene Christus erscheint seinen Jüngern. - Die ersten Christen verkünden die Barmherzigkeit Gottes. - Wir sind die Zeugen Jesu.

WIR KOMMEN in der dritten Osterwoche an. Das heutige Evangelium führt uns in den Abendmahlssaal, bereits in der Nacht, am Tag der Auferstehung Jesu. Die Emmausjünger erzählten auch, was sie unterwegs erlebt und wie sie ihn erkannt hatten, als er das Brot brach (Lk 24,35). Es gab keinen Zweifel mehr: Es gab viele Zeugen, die an diesem Tag die Auferstehung des Meisters bestätigten. Es gab kein anderes Gesprächsthema. Sie sprachen über diese Dinge und halfen sich gegenseitig, sich an die Verheißungen Jesu zu erinnern, als er in ihre Mitte trat und zu ihnen sagte: Friede sei mit euch! (Lk 24,36). Er grüßte sie mit Frieden, wie er es ihnen schon lange zuvor empfohlen hatte, wenn sie ein Haus betraten (vgl. Lk 10,5).

Obwohl die Anwesenden im Obergemach bereits von der Auferstehung des Herrn überzeugt waren, reagierten sie auf die Erscheinung mit Erstaunen und Furcht und meinten, einen Geist zu sehen (Lk 24,37). Es erging ihnen wie in jener Nacht auf dem See, als er ihnen inmitten des Sturms auf dem Wasser erschien (vgl. Mk 6,50). Bei dieser Gelegenheit beharrt Jesus auf der Realität seiner physischen Anwesenheit. Und er zeigt ihnen seine Wunden, als wären sie sein Ausweis, sein Identitätsausweis. Da sagte er zu ihnen: Was seid ihr so bestürzt? Warum lasst ihr in eurem Herzen Zweifel aufkommen? Seht meine Hände und meine Füße an: Ich bin es selbst. Fasst mich doch an und begreift: Kein Geist hat Fleisch und Knochen, wie ihr es bei mir seht. Bei diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und Füße (Lk 24,38-40).

Angesichts der Verwirrung der Apostel, die der Evangelist mit der Freude erklärt, die sie überkam, gibt Jesus ihnen ein weiteres Argument an die Hand: Er sagte zu ihnen: Habt ihr etwas zu essen hier? (Lk 24,41). Wieder teilt er den Tisch mit ihnen, wie drei Tage zuvor, als er die Eucharistie einsetzte. Auf diese Weise zeigt er, dass er nicht aus der Totenwelt kommt,, die er endgültig hinter sich gelassen hat, sondern er kommt im Gegenteil aus der Welt des reinen Lebens1. Wir können die Einladung annehmen, die der heilige Josefmaria an uns richtet, wenn wir die Auferstehung Christi betrachten: Und bevor wir das Geheimnis beenden, hast du die Wunden seiner Füße geküsst..., und ich, noch verwegener ‒ weil ich mehr Kind bin ‒, habe meine Lippen auf seine geöffnete Seite gedrückt2.

DARAUF ÖFFNETE er ihren Sinn für das Verständnis der Schriften (Lk 24,45). Wie bei den Emmausjüngern gibt der Herr ihnen die Gnade, die Prophezeiungen des Alten Testaments zu erkennen, die sich auf ihn beziehen. Nach drei Jahren der Lehre bildet Jesus sie weiter aus: Jetzt gibt er ihnen eine besondere Hilfe zur Auslegung der Schrift. In diesem Licht verstehen die Jünger die Bedeutung all dessen, was sie mit dem Meister erlebt hatten. Er sagte zu ihnen: So steht es geschrieben: Der Christus wird leiden und am dritten Tag von den Toten auferstehen und in seinem Namen wird man allen Völkern Umkehr verkünden, damit ihre Sünden vergeben werden, angefangen in Jerusalem (Lk 24:46-47). Angeregt durch diese Worte verkünden die ersten Christen die Nähe der Barmherzigkeit Gottes, nur dass es sich jetzt nicht mehr nur um eine Verheißung handelt, sondern dass die Jünger von nun an Diener der Versöhnung sein würden, denn Jesus selbst hatte ihnen gesagt: Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen (Joh 20,23).

In der ersten Lesung der Messe hören wir das Zeugnis des heiligen Petrus: Also kehrt um und tut Buße, damit eure Sünden getilgt werden (Apg 3,19). Und in der zweiten Lesung erinnern wir uns an die Warnung des Heiligen Johannes: Ich schreibe euch dies, damit ihr nicht sündigt. Wenn aber einer sündigt, haben wir einen Beistand beim Vater: Jesus Christus, den Gerechten. Er ist die Sühne für unsere Sünden, aber nicht nur für unsere Sünden, sondern auch für die der ganzen Welt (1 Joh 2,1-3). Die Kirche erneuert diese Einladung jedes Jahr in der Osterzeit. Die Beichte ist der Übergang von der Erbärmlichkeit zum Erbarmen, sie ist die Schrift Gottes auf dem Herzen. Dort lesen wir jedes Mal, dass wir in den Augen Gottes kostbar sind, dass er Vater ist und uns mehr liebt, als wir selbst uns lieben. (...) Wie oft fühlen wir uns allein und verlieren den Faden des Lebens. Wie oft wissen wir nicht mehr, wie wir von neuem beginnen sollen, weil wir von der Anstrengung, uns selbst anzunehmen, erdrückt werden. Wir müssen von vorne beginnen, aber wir wissen nicht von wo aus. (...) Nur als solche, die Vergebung empfangen haben, können wir neu gestärkt wieder aufbrechen, nachdem wir die Freude erfahren haben, vom Vater vollkommen geliebt zu sein. Nur durch die Vergebung Gottes geschehen wahrhaft neue Dinge in uns3.

DIE LITURGIE bringt das Ostermysterium in die Wirklichkeit und damit die apostolische Sendung. Wie vor zwanzig Jahrhunderten sagt der auferstandene Jesus auch heute zu uns: Ihr seid Zeugen dafür (Lk 24,48). Diese Berufung zum Apostolat ist Teil unserer christlichen Identität. Die neue Evangelisierung muss ein neues Verständnis der tragenden Rolle eines jeden Getauften einschließen. Diese Überzeugung wird zu einem unmittelbaren Aufruf an jeden Christen, dass niemand von seinem Einsatz in der Evangelisierung ablasse; wenn einer nämlich wirklich die ihn rettende Liebe Gottes erfahren hat, braucht er nicht viel Vorbereitungszeit, um sich aufzumachen und sie zu verkündigen4.

Ihr seid Zeugen dafür (Lk 24,48). Aber wie können wir gute Zeugen sein? Wir können nur Zeugen sein, wenn wir Christus aus erster Hand und nicht nur von anderen kennen, aus unserem eigenen Leben, aus unserer persönlichen Begegnung mit Christus. Indem wir ihm wirklich in unserem Glaubensleben begegnen, werden wir zu Zeugen und können so zur Neuheit der Welt, zum ewigen Leben beitragen5. Ein Leben mit Sendungsbewusstsein setzt voraus, ein Herz voller Liebe zu haben, Freunde des auferstandenen Jesus zu sein, mit ihm in Brot und Wort Umgang zu haben. Jesus Christus lebt, sagte der heilige Josefmaria, mit einem Fleisch wie dem meinen, aber in Herrlichkeit; mit einem Herzen aus Fleisch wie dem meinen (...).Ich weiß: Mein Erlöser lebt (Hiob 19,25). Mein Erlöser, mein Freund, mein Vater, mein König, mein Gott, meine Liebe, er lebt! Er kümmert sich um mich6.

Im Bewusstsein einer so wichtigen Sendung wollen wir es den ersten Christen gleichtun: Wir wenden uns an Maria, die Königin der Apostel, damit sie uns hilft, Boten Jesu Christi zu werden.


1 Benedikt XVI. Jesus von Nazareth, Band II, Herder, Wien, 2011, S..

2 Hl. Josefmaria, Rosenkranz, Erstes glorreiches Geheimnis.

3 Papst Franziskus, Predigt, 29-III-2019.

4 Papst Franziskus, Evangelii Gaudium, Nr. 120.

5 Benedikt XVI., Generalaudienz, 20. Januar 2010.

6 Hl. Josefmaria, Instruktion vom 9. Januar 1935, Nr. 248.