Betrachtungstext: 3. Osterwoche – Mittwoch

Tagsüber immer wieder zu Jesus gehen – Gottes Projekt für uns – Den Herrn bitten, seinen Willen zu tun

ES IST SABBAT und Jesus predigt in der Synagoge von Kafarnaum. Er weckt das Interesse der Anwesenden, als er sagt, dass das Wirken Gottes der Glaube ist. Die Erwartung steigt, als er ihnen wie zur Beglaubigung seiner Worte das Brot vom Himmel anbietet. Und der Dialog erreicht seinen Höhepunkt, als er bekräftigt: Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben (Joh 6,35). Er fügt eine Verheißung an, die mit einer Forderung einhergeht: Alles, was der Vater mir gibt, wird zu mir kommen, und wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen (Joh 6,37).

Der Vater schenkt uns seinen Sohn, damit wir seine Kinder werden. Doch wir gehen aus freien Stücken zu Jesus, niemand nähert sich ihm aus Zwang. Papst Franziskus regt zu folgender Überlegung an: „Zu Jesus gehen: Dies scheint eine selbstverständliche und allgemeine geistliche Ermunterung zu sein. Aber versuchen wir, sie konkret werden zu lassen, indem wir uns Fragen stellen wie diese: Als ich heute im Büro an der Arbeit war, habe ich mich da dem Herrn genähert? Habe ich sie zum Anlass genommen, um mit ihm zu sprechen? Und bei den Menschen, denen ich begegnet bin, habe ich mich da an Jesus gewandt, habe ich sie im Gebet zu ihm hin getragen? Oder habe ich das alles vielmehr erledigt, vernagelt in meine eigene Gedankenwelt, und mich nur über das gefreut, was mir gelungen, und über das geklagt, was mir misslungen ist? Letzten Endes: Gehe ich in meinem Leben zum Herrn oder kreise ich um mich selbst? In welche Richtung geht mein Weg? Suche ich nur danach, einen guten Eindruck zu machen und meine Stellung, meine Zeit, meinen Raum zu verteidigen, oder gehe ich zum Herrn?1

Wer zu mir kommt, den werde ich nicht abweisen (Joh 6,37). Wir sind gekommen, um mit Jesus zusammen zu sein, wir wollen die Einladung des himmlischen Vaters in jedem Moment in Freiheit annehmen. Und wir danken ihm für die Gewissheit, dass er uns nicht abweisen wird, dass er immer an und auf unserer Seite sein wird. Der Herr ermuntert uns, zu beginnen und so oft wie nötig neu zu beginnen.


DENN ICH BIN nicht vom Himmel herabgekommen, um meinen Willen zu tun, sondern den Willen dessen, der mich gesandt hat (Joh 6,38). Der Weg, den Jesus ging, war der, den Willen des Vaters zu seinem eigenen zu machen. Dies ist das Modell, um ein glückliches Leben zu führen. Denn Gott wünscht sich mit mehr Nachdruck als jeder andere unser ewiges und irdisches Glück. Sich auf dieses Projekt einzulassen, ist der sicherste Weg, an diesem Glück zu bauen. Den Willen Gottes lieben heißt nicht, sich willkürlichen Regeln zu unterwerfen, sondern auf seinen unermesslichen Wunsch zu vertrauen, sein Glück mit uns zu teilen.

Und es lohnt sich, auch in schwierigen Momenten auf Gottes Plan zu vertrauen; auch da bleibt Christus unser Vorbild, wie Papst Franziskus erläutert, ohne die Schwierigkeit zu negieren: „Es ist nicht leicht, den Willen Gottes zu tun! Es war nicht leicht für Jesus, der dabei in der Wüste und auch im Ölgarten versucht wurde, wo er unter Qualen im Herzen die Folter akzeptierte, die ihn erwartete. Es war nicht leicht für einige Jünger, die ihn im Stich ließen, weil sie nicht verstanden, was es heißt, den Willen des Vaters zu tun (vgl. Joh 4,34). Es ist nicht leicht für uns, den Willen Gottes zu tun, denn heutzutage werden uns viele andere Möglichkeiten wie auf dem Silbertablett präsentiert.2

In leidvollen Momenten können wir uns daran erinnern, dass Jesus im Ölberggarten in seinem menschlichen Herzen tief gelitten hat. Die Versuchung eines Jüngers, der Gott in allem gefallen will, kann darin bestehen, ohne Einsatz des Herzens zu kämpfen. Während uns theoretisch klar zu sein scheint, was wir tun sollten, und sogar mit großer Gewissheit, ist in unserem Herzen möglicherweise nicht dieselbe Entschlossenheit vorhanden und laden uns auch die Gefühle nicht auf diesen Weg ein. Wir sollten den Willen Gottes daher auch mit dem Herzen suchen. Im Wissen, dass niemand unser Glück so sehr will wie unser Schöpfer, wiederholte der heilige Josefmaria oftmals: „Ich will, was du willst, ich will, wie du willst, ich will, wann du willst ...“3


„WIE KANN ich den Willen Gottes tun? Als Erstes soll man um die Gnade bitten, den Willen Gottes tun zu wollen. Bitte ich den Herrn darum, mir den Wunsch zu schenken, seinen Willen zu tun? Oder suche ich nach Kompromissen, weil ich Angst habe vor dem Willen Gottes? Überdies“, so sagte Papst Franziskus, müsse man „beten, um zu entdecken, wie der Wille Gottes in Hinblick auf mich und mein Leben aussieht, im Hinblick auf die Entscheidung, die ich jetzt treffen muss, im Hinblick darauf, wie ich vorgehe.4 Genau das tat auch der heilige Josefmaria: „Als ich sah, dass der Herr etwas von mir erwartete – ich wusste nicht, was es war! –, sagte ich meine Stoßgebete: Herr, was willst du? Was erbittest du von mir? Ich ahnte, dass er etwas Neues von mir wollte, und jenes Rabboni, ut videam – Meister, dass ich sehe – ließ mich Christus in einem beständigen Gebet anflehen: Herr, gib, dass geschehe, was du von mir willst.“5

Diese Handlungsweise der Heiligen führt uns in ihre Vertrautheit mit Gott ein, in jenen Einklang der Wünsche, der der Weg zum Glück ist. Deshalb können wir mit Papst Franziskus darum bitten, dass „der Herr uns die Gnade dieser Vertrautheit mit ihm schenken möge, die gerade das bedeutet: den Willen Gottes zu tun. Der Herr möge eines Tages von uns sagen können, was er von jener Gruppe sagte, von jenen Menschen, die ihm folgten und die um ihn herum saßen (...): Das sind meine Mutter und meine Brüder. Wer den Willen Gottes tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter (Mk 3,35). Gottes Willen zu tun, macht uns zu einem Teil der Familie Jesu, macht uns zu Mutter, Vater, Schwester, Bruder.“6 Jesus will uns an seinen Erlösungs- und Liebesprojekten teilhaben lassen; er erwartet unsere freie, kreative Antwort und gibt uns die Gnade, sie umzusetzen. Mit einer Einmalaktion ist es nicht getan, Gott braucht Helfer, die ihm ein Leben lang treu sind. Papst Benedikt XVI. wandte sich einmal so an Seminaristen und Diakone: „Die auf Dauer angelegte Treue ist der Name der Liebe, einer konsequenten, authentischen und tiefen Liebe zu Christus, dem Priester.7

Maria sagte nicht nur bei der Verkündigung des Engels, sondern ihr ganzes Leben lang, selbst in den schmerzlichen Momenten des Leidens ihres Sohnes, Ja zu Gott. Bitten wir sie, ein feinfühliges Herz zu haben, das nach dem großen und glücklichen Leben strebt, an dem Gott uns teilhaben lassen möchte.


1 Franziskus, Predigt, 4.11.2019.

2 Franziskus, Tagesmeditation, 27.1.2015.

3 Hl. Josefmaria, Handschriftliches Gebet, April 1934.

4 Franziskus, Tagesmeditation, 27.1.2015.

5 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 197.

6 Vgl. Franziskus, Tagesmeditation, 27.1.2015.

7 Benedikt XVI., Ansprache, 12.5.2010.