AMEN, ich sage euch: Unter den von einer Frau Geborenen ist kein Größerer aufgetreten als Johannes der Täufer (Mt 11,11), hören wir Jesus im Evangelium der heutigen Messe sagen. Und die Kirche hat diese Worte von Anfang an sehr ernst genommen und den Vorläufer stets besonders verehrt. So wird die Geburt des Täufers beispielsweise als Hochfest gefeiert, und zwar nicht zufällig am entgegengesetzten Ende des Jahreskreises zum Weihnachtsfest, nämlich am 24. Juni.
Alle vier Evangelien heben die Gestalt des heiligen Johannes des Täufers hervor. Als der letzte der Propheten schließt er das Alte Testament ab und weist auf das Neue hin, indem er Jesus, den Messias, das Lamm Gottes, verkündet. Sein Vater, Zacharias, lobte Gott – nachdem er die Sprache, die er wegen seines anfänglichen Unglaubens verloren hatte, wiedererlangt hatte – mit dem prophetischen Benedictus, einem Gebet, das in dieser liturgischen Zeit besonders bedeutsam ist. An seinen eigenen Sohn gerichtet, sagte er: Und du, Kind, wirst Prophet des Höchsten heißen; denn du wirst dem Herrn vorangehen und ihm den Weg bereiten. Du wirst sein Volk mit der Erfahrung des Heils beschenken in der Vergebung seiner Sünden (Lk 1,76-77). So deutete der Priester Zacharias die Sendung an, die Johannes bevorstehen sollte: die baldige Ankunft Jesu fruchtbarer zu machen, indem er zur Buße und zur Bekehrung der Herzen aufrief.
Um Christus finden zu können, ist innere Läuterung notwendig. Der heilige Josefmaria nennt uns einen Weg, um hineinzufinden: „Bitte den Vater, den Sohn, den Heiligen Geist und deine Mutter, dir Selbsterkenntnis zu schenken und damit zugleich den Schmerz über diesen Berg an Unreinheit, der durch dich geschehen ist und der – leider! – auch reichlich Spuren hinterlassen hat. – Und ohne dich von diesem Gedanken abwenden zu wollen, sag ihm zugleich: Gib mir, Jesus, eine Liebe, die wie ein reinigendes Feuer mein armes Fleisch, mein armes Herz, meine Seele und meinen Leib verzehrt und sie von allem irdischen Elend läutert. Wenn dann mein Ich völlig ,leer‘ und frei geworden ist, fülle du es ganz aus, damit ich mich an nichts Irdisches mehr hänge, sondern von deiner Liebe allein getragen werde.“1
DENN ich bin der Herr, dein Gott, der deine rechte Hand ergreift und der zu dir sagt: Fürchte dich nicht, ich habe dir geholfen (Jes 41,13). Diese Worte des Propheten Jesaja aus der ersten Lesung der heiligen Messe erinnern uns daran, dass bei all unserer Bemühung, uns stets gut auf den Empfang Jesu vorzubereiten, nichts wichtiger ist als das Vertrauen in die Hilfe der göttlichen Gnade. Gott ist es, der uns verwandelt, wenn wir uns seinen Eingebungen gegenüber fügsam zeigen. In unseren Herzen wird ein neues Leben erblühen, und das, was bisher vielleicht unfruchtbar war, wird erneuert werden. Die liebliche Verheißung des Herrn wird in unserer Seele Realität werden: Auf den kahlen Hügeln lasse ich Ströme hervorbrechen und Quellen inmitten der Täler. Ich mache die Wüste zum Wasserteich und das ausgetrocknete Land zu sprudelnden Wassern (Jes 41,18).
Gott wird uns seine Gnade gewähren wie diese Ströme, die dazu bestimmt sind, die Felder zu beleben. In diesem geheimnisvollen Gewebe zwischen unserem Willen und dem seinen, besteht unser Teil darin, die Gnade zu wünschen und zu empfangen und zugleich die Hindernisse zu beseitigen, die die Frucht ersticken könnten: „Jesus: Mein verführbares Herz sei wie ein verschlossener Garten“, bitten wir mit dem heiligen Josefmaria. „Mein verletzliches Herz soll ein Paradies sein, wo du wohnen kannst. Mein Schutzengel bewache es mit feurigem Schwert, das alle Regungen läutert, bevor sie in mich Einlass finden. Jesus: Versiegle mein armes Herz mit dem göttlichen Siegel deines Kreuzes.“2
Wir wollen den Herrn von ganzem Herzen lieben; wir bitten ihn daher, uns zu helfen das zu verbessern, was uns noch davon abhält, dieselben Gefühle wie er zu hegen: Mangel an Liebe und Barmherzigkeit den anderen den gegenüber, Egoismus, Gleichgültigkeit … Bitten wir ihn also um die Hilfe der Gnade, um unser Herz zu reinigen, wie ein Kirchenvater betonte: „Die Gabe schenkte er jenen, die darum baten, die sie wollten, die sich anstrengten, sie zu empfangen.“3 Der Aufruf zur Läuterung des Herzens, den die Kirche im Advent an uns richtet, verlangt nicht einfach die Vermeidung von Verunreinigung, sondern zielt auf etwas radikal Anderes, viel Anziehenderes, allen Zugängliches ab: Wir wollen unser Herz läutern – indem wir den Herrn demütig darum bitten –, um es dem Herzen Christi immer ähnlicher zu machen.
„WIR CHRISTEN sind in die Liebe verliebt. Der Herr will uns nicht trocken und starr wie leblose Materie. Er möchte, dass wir von seiner Liebe durchdrungen sind!“4 Um unsere Herzen mit göttlicher Liebe zu erfüllen, müssen wir unablässig bitten, wie im Tagesgebet der heutigen Messe: „Rüttle unsere Herzen auf, allmächtiger Gott, damit wir deinem Sohn den Weg bereiten und durch seine Ankunft fähig werden, dir in aufrichtiger Gesinnung zu dienen.“ Wir sollen uns bemühen, wie Liebende zu handeln, zu leben und zu sterben,5 und können uns dabei dem Gebet des heiligen Josefmaria anschließen: „Gewähre mir, Herr, so sehr dein Eigen zu sein, dass selbst die edelsten Gefühlen nur durch dein verwundetes Herz in mein Inneres gelangen.“6
Die Liturgie des Advents wiederholt häufig die dringende Ankündigung: Der Herr kommt und wir sollen ihm einen immer breiteren Weg, eine immer reinere Wohnstatt, ein immer bereitwilligeres Herz bereiten. Für einen liebenden Menschen ist Warten jedoch zu wenig; die Liebe treibt ihn dazu an, auf die Suche zu gehen. Deshalb wollen wir, dass sie sich von nun an im Vorsatz niederschlägt, ihm im Gebet entgegen zu gehen, mit Liebeserweisen, wie jenen Marias und Josefs. Wir wollen Jesus in der Frömmigkeitspraxis während des Tages finden, um ihm zu sagen, dass wir ihn lieben, dass uns unsere Untreuen leid tun, dass wir ungeduldig sind, ihn zu empfangen.
Gott wird unsere Bemühungen, uns ihm zu nähern, belohnen, wie es im heutigen Antwortpsalm heißt: Der Herr ist gnädig und barmherzig, langmütig und reich an Huld (Ps 145,8). Er wird uns ein freieres, verliebteres Herz geben, das für alle in unserer Umgebung von Frieden und Freude überfließen wird. Um mit höherer Sicherheit erhört zu werden, wenden wir uns an Maria, die Mutter der schönen Liebe, und folgen dem Rat des heiligen Josefmaria: „Sag der Mutter Gottes, jetzt gleich, in der Einsamkeit deines Herzens, wobei sie da ist, in einem Zwiegespräch ohne den Lärm von Worten: Meine Mutter, mein armes Herz begehrt manchmal auf ... Aber wenn du mir hilfst ... – Und sie wird dir beistehen, damit du dein Herz rein bewahrst und den Weg weitergehst, auf den Gott dich gerufen hat.“7
1 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 41.
2 Ebd., Nr. 412.
3 Hl. Hieronymus, Kommentar zum Evangelium von Matthäus, 3, 19, 11.
4 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 183.
5 Vgl. ders., Im Feuer der Schmiede, Nr. 988.
6 Ebd., Nr. 98.
7 Ebd., Nr. 315.