Betrachtungstext: 1. Woche im Jahreskreis – Dienstag

Die Gnade Gottes wirkt in uns – Jesus ist stärker als unsere Schwächen – Gottes Gaben bewundern und weitergeben

WAS HABEN wir mit dir zu tun, Jesus von Nazaret, bist du gekommen, um uns ins Verderben zu stürzen? (Mk 1,24). Diese Worte schleudert ein von einem unreinen Geist besessener Mann Jesus entgegen. Vielleicht kann auch uns gelegentlich einmal der Gedanke kommen – ohne es so drastisch auszudrücken –, dass Gott uns das Leben unnötig schwer macht. Vielleicht kommt in Momenten der Widrigkeit auch in uns gelegentlich ein Gefühl der Klage oder des Selbstmitleids auf. Es mag uns auch beunruhigen, warum das Gute in unserem Leben nicht leichter, schneller und effektiver Fuß fasst. Manchmal übersehen wir allerdings, dass alles, was Gott von uns verlangt, in Wirklichkeit ein Geschenk ist, das er uns macht. Unsere feste Überzeugung, dass Gott will, dass wir in Wahrheit glücklich werden, und er uns deshalb erlöst hat, sollte durch derartige Überlegungen daher nicht erschüttert werden können. Dennoch wollen wir mit dem heiligen Josefmaria realistisch bleiben: „Wundert euch nicht, dass ihr nicht springen könnt, dass ihr nicht siegen könnt! Ist doch die Niederlage das unsere! Der Sieg kommt von der Gnade Gottes.“1 Wir gehen unseren Weg zum Haus des Vaters zuversichtlich – durch Christus, mit Christus und in Christus. Im Gegensatz zum unreinen Geist, der durch den armen Mann seinen Frust ablädt, wissen wir, dass Jesus, die zweite Person der Dreifaltigkeit, uns vertrauter ist als wir uns selbst und nur das Beste für uns möchte.

Wir brauchen uns über äußere oder persönliche Schwierigkeiten keine Sorgen zu machen, denn wir wissen, dass Christus durch sie hindurch wirken wird, wenn wir sie alle in seine Hände legen. Wie oft haben wir die Wirksamkeit der Gnade sowohl in uns als auch in anderen erlebt! „Auch dann dürft ihr euch nicht wundern“, sagt der heilige Josefmaria. „Ihr seid Christus, und Christus wirkt das alles durch euch, wie er es durch die ersten Jünger getan hat. Das ist gut, meine Töchter und Söhne, denn es gründet uns in der Demut, nimmt uns die Möglichkeit des Hochmuts und hilft uns, in der rechten Lehre zu stehen. Die Kenntnis der Wunder, die Gott durch eure Arbeit wirkt, macht euch wirksam, fördert eure Loyalität und stärkt dadurch eure Beharrlichkeit.2


JESUS gebietet dem unreinen Geist zu schweigen und fordert ihn auf, den Mann sofort zu verlassen. Der Dämon muss der Kraft und Macht der Gnade weichen. Papst Franziskus betonte einmal: „Die Wahrheit des Evangeliums lässt sich nicht verhandeln. (...) Der Glaube an Jesus ist keine Ware, um die man feilschen kann: Er ist Heil, er ist Begegnung, er ist Erlösung. Er wird nicht billig verkauft.3 An der Kraft Christi zu zweifeln bedeutet, aufzugeben. Wenn wir mehr auf die Macht unserer Schwäche als auf die Gnade vertrauen, versperren wir unser Herz seinem heilenden Handeln.

Da erschraken alle und einer fragte den andern: Was ist das? Eine neue Lehre mit Vollmacht: Sogar die unreinen Geister gehorchen seinem Befehl (Mk 1,27). Warum überrascht es so, dass die Sünde in der Gegenwart Jesu weicht? Warum schenken wir unseren Fehlern manchmal so viel Bedeutung, wie festverwurzelt sie auch sein mögen? Ein Wort von Jesus genügt, und sie gehören der Vergangenheit an, einmal und immer wieder. Vielleicht entdecken wir dann auch die Rolle, die diese Erbärmlichkeiten in unserem Leben spielen: Sie helfen uns, unser Herz zu vergrößern, damit die Gnade darin wohnen kann.

Im Sakrament der Beichte wird dieses Wunder ständig vollzogen. Das Böse weicht vor der Macht des Gottessohnes zurück. Durch dieses Sakrament kommt eine frische Strömung in die Welt, die die Luft erneuert, die durch die Sünde dünn geworden ist. Jedes Mal, wenn wir zur Beichte gehen, führen wir dem Teufel vor Augen, dass er keine Chance hat; es kommt zu einem Sieg des Guten über das Böse. In diesem Tribunal der Barmherzigkeit bekräftigt Jesus seinen Vertrag mit uns.


WIR MÖCHTEN Zeugen dieser Liebe sein und sie unseren Freunden, unserer Familie und unseren Arbeitskollegen vermitteln. In vielen Fällen hatten sie vielleicht nicht so viel Glück wie wir. Die Nähe zur Güte Gottes, die Selbstverständlichkeit, mit der wir sie täglich berühren, könnte jedoch dazu führen, dass wir uns an sie gewöhnen. Daher bitten wir unseren Schutzengel, uns stets mit Bewunderung für die Wunder der Gnade zu erfüllen. Das heutige Evangelium berichtet von dem Erstaunen der Einwohner von Kafarnaum über die Macht Jesu. Mögen auch wir in der Lage sein, Tag für Tag über seine unverdienten und beständigen Gaben zu staunen.

Es gibt kaum etwas Schöneres, als diese Gaben mit anderen zu teilen. In seiner Sendung zu evangelisieren vergisst der Apostel dabei nie, dass das, was er weitergibt, nicht sein Eigentum ist; dies befreit ihn von der Angst zu versagen, aufdringlich zu sein oder es nicht richtig zu machen. Er weiß, dass Gott auf ihn zählt und „dass es dabei immer darum geht, die Menschen glücklich, sehr glücklich zu machen4, und er macht sich auf den Weg, die gute Nachricht zu verkünden. So taten es die Apostel und viele andere Christen, die den Glauben bis in unsere Generation hinein weitergegeben haben. Papst Franziskus schildert den beispielhaften Einsatz des Apostelfürsten Paulus: „Wenn es um das Evangelium und um die Evangelisierungssendung geht, ist Paulus begeistert, geht er aus sich heraus. Er scheint nichts anderes zu sehen als diese Sendung, die der Herr ihm anvertraut hat. Alles in ihm ist dieser Verkündigung gewidmet, und er besitzt kein anderes Interesse als das Evangelium. Das ist die Liebe des Paulus, das Interesse des Paulus, der Beruf des Paulus: verkündigen.5

Wir bitten die Gottesmutter, die Königin der Apostel, dass sie uns zu guten Zeugen der Kraft ihres Sohnes macht. Wir bitten sie, uns Tag für Tag daran zu erinnern, dass Gott heute ebenso mächtig ist (vgl. Jes 59,1) wie einst und dass seine Barmherzigkeit in der Lage ist, jede Spur von Sünde und Traurigkeit auszulöschen.


1 Hl. Josefmaria, Im Zwiegespräch mit dem Herrn, Betrachtung „Jetzt am Jahresbeginn“, Nr. 3.

2 Ebd., Nr. 5.

3 Franziskus, Audienz, 4.8.2021.

4 Hl. Josefmaria, Die Spur des Sämanns, Nr. 185.

5 Franziskus, Audienz, 4.8.2021.