Betrachtungstext: 26. Woche im Jahreskreis (2) - Samstag

Die Freude der Zweiundsiebzig. - Wir sind Träger dieser Freude. - Eine Frucht des Heiligen Geistes.

DIE RÜCKKEHR der zweiundsiebzig Jünger nach der Sendung, zu der sie ausgesandt worden waren, findet in einer Atmosphäre der Begeisterung statt. Lukas berichtet: "Die Zweiundsiebzig kehrten zurück und sagten voller Freude: ‘Herr, sogar die Dämonen sind uns in deinem Namen untertan'" (Lk 10,17). Die Jünger waren voller Bewunderung für das, was sie erlebt hatten, und waren Jesus zutiefst dankbar. Sie waren für die kühne Aufgabe auserwählt worden, das neue Reich zu verkünden, das nicht nur mit Worten und Reden kam, sondern mit konkreten Taten, die, immer auf Christus verweisend, das Leben der Menschen veränderten.

Die Freude ist in der Tat ein wiederkehrendes Thema im Lukasevangelium, das vom Anfang bis zum Ende präsent ist: Der Engel verheißt Zacharias im Tempel Freude, als er die Geburt des Täufers ankündigt (1,14); dann ist die sie im Dialog mit den Hirten an der Krippe präsent (2,10) und lässt den kleinen Johannes im Schoß seiner Mutter Elisabeth “vor Freude hüpfen” (1,44). Auch im Himmel ist die Freude groß, wenn sich ein Sünder bekehrt (15,7.10), oder wir wissen, dass die Herzen der Jünger beim Anblick des auferstandenen Jesus vor Freude brennen (24,41.52). Es ist, als wolle der Evangelist uns daran erinnern, dass die echte Begegnung mit Gott immer von dieser Freude des Herzens begleitet wird.

Allerdings sind wir auch oft mit der Versuchung der Traurigkeit oder der Entmutigung konfrontiert. Dann können wir mit neuem Vertrauen in die Stille des Gebets eintreten und uns zusammen mit der ganzen Kirche, die uns begleitet, der Quelle der Freude nähern. Es liegt nicht an den Umständen, nicht an der Gesundheit, nicht am Erfolg, nicht an den Gütern, die wir besitzen, sondern das, was für ein glückliches Leben wesentlich ist, liegt in uns selbst, in der Gegenwart Gottes in unserer Seele. Konkret erinnert uns der heilige Josefmaria daran, dass die Freude, die wir haben sollen, nicht jene ist, “die wir eine physiologische Freude nennen könnten. Sie ist vielmehr eine übernatürliche, die aufkommt, wenn man alles hingibt und sich ganz den liebenden Armen Gottes, unseres Vaters, überläßt”.1 Deshalb ist die Freude mit Schwierigkeiten vereinbar und steht jedem jederzeit zur Verfügung.

DIE EVANGELIEN berichten uns, dass es Jesus sehr wichtig war, dass seine Jünger wirklich froh sind. "Damit meine Freude in euch ist”, sagt der Herr, “und damit eure Freude vollkommen wird" (Joh 15,11). Daher ist die Reaktion des Herrn auf die Freude der Jünger ebenso freudig und gibt Anlass zu einigen rätselhaften Worten: "Ich sah den Satan wie einen Blitz aus dem Himmel fallen. Siehe, ich habe euch die Vollmacht gegeben, auf Schlangen und Skorpione zu treten und über die ganze Macht des Feindes. Nichts wird euch schaden können. Doch freut euch nicht darüber, dass euch die Geister gehorchen, sondern freut euch darüber, dass eure Namen im Himmel verzeichnet sind!" (Lk 10,18-20).

Als der Herr die Freude der zweiundsiebzig Jünger und ihr Erstaunen über die Dämonenaustreibung sieht, versichert er ihnen, dass er gekommen ist, um das Reich des Satans zu besiegen, dessen Versagen durch einen Blitz dargestellt wird. Jesus erinnert uns daran, dass tiefe Freude aus dem Wissen erwächst, dass die Mächte, die uns davon abhielten, in der Nähe Gottes zu leben, besiegt sind; sie erwächst aus der Ankündigung, dass der Messias in die Welt gekommen ist, damit unsere Sünden ein für alle Mal vergeben werden können. "Die Barmherzigkeit Gottes schenktvor allem Freude,eine besondere Freude, die Freude unentgeltlicher Vergebung".2

"Der Gläubige weiß, daß das Böse und das Unvernünftige nicht das letzte Wort haben, sondern daß der einzige Herr der Welt und des Lebens Christus ist, das fleischgewordene Wort Gottes, der uns bis zum Opfer seiner selbst liebte und am Kreuz für unser Heil gestorben ist".3 Die Erfahrung der Vergebung Gottes, die Wiedererlangung unserer wahren Identität als geliebte Kinder, macht uns zu Überbringern einer Nachricht, die wir in alle Windrichtungen hinaustragen wollen. Wie bei den zweiundsiebzig Jüngern zählt Gott auf unser freudiges Leben, "um die Furcht derer zu zerstreuen, die aus dem einen oder anderen Grund an der Macht Jesu, den Tod und das Böse zu besiegen, [noch] zweifeln".4

NACH DER VERKÜNDIGUNG des Sieges über die Mächte des Bösen wurde Jesus "vom Heiligen Geist erfüllt, voll Freude" (Lk 10,21) begann er, Gott für alles zu preisen, was dieser durch die Jünger gewirkt hatte. Es ist der Paraklet, der Beistand, der uns befähigt, das Böse zu überwinden, der uns in Kinder Gottes verwandelt und uns in die Liebe des Vaters einführt. "Der heilige Paulus bekräftigt mehrmals”, macht der heilige Johannes Paul II. aufmerksam, “dass ‘die Frucht des Geistes die Freude ist’ (Gal 5,22) (...). Es ist klar, dass der Apostel von der authentischen Freude spricht, die das menschliche Herz erfüllt, und nicht von einer oberflächlichen und vergänglichen Freude, wie es die weltliche Freude oft ist. Selbst für einen Beobachter, der sich nur auf der Ebene der Psychologie und der Erfahrung bewegt, ist es nicht schwer zu entdecken, dass die Banalisierung auf dem Gebiet des Lustempfindens und der Liebe direkt proportional zur Leere im menschlichen Herzen ist, welche solche Freuden die nur täuschen und betrügen, dort hinterlassen”.5

Gott hat diese gute Welt geschaffen, voller Freuden, die uns wie Wegweiser zu ihm führen, besonders im Zusammenleben mit anderen Menschen. Wenn wir lernen, uns als Kinder Gottes an diesen echten Freuden zu erfreuen, kann uns das helfen, jene Freuden zu entlarven, die uns zu betrügen versuchen. "Die Freude ist ein christliches Gut", schreibt der heilige Josefmaria. “Einzig bei der Beleidigung Gottes schwindet sie: denn die Sünde ist die Folge des Egoismus, und der Egoismus ist die Ursache der Traurigkeit. Aber selbst dann bleibt die Freude noch in einem Winkel der Seele, denn es steht fest, daß Gott und seine Mutter niemals die Menschen vergessen”.6 Sie, die Ursache unserer Freude, wird uns daran erinnern, dass das wahre Glück in diesem Leben nur in Gott und, wenn wir bei ihm sind, in allen Dingen zu finden ist.


1 Hl. Josefmaria, Weg, Nr. 659.

2 Papst Franziskus, Homilie, 24-IV-2022.

3 Benedicto XVI., Angelus, 22-VI-2008.

4 Msgr. Fernando Ocáriz, Homilie, 20-IV-2019.

5 Hl. Johannes Paul II., Generalaudienz, 19-VI-1991.

6 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 178.

Foto: Austin Distel (unsplash)