WIE wurdest du verherrlicht, Elija, durch deine Wunder! Wer wird sich gleich dir rühmen können? Selig, die dich gesehen haben und die in Liebe entschlafen sind (Sir 48,4.11). Das Buch Jesus Sirach preist Elija, einen Propheten wie Feuer, sein Wort brannte wie eine Fackel (Sir 48,1. Es rühmt auch Elischa, der, kaum dass Elija vom Wirbelsturm verhüllt wurde, mit seinem Geist erfüllt wurde; zu seiner Zeit wurde er von keinem Herrscher ins Wanken gebracht, und niemand hatte Macht über ihn. Kein Wort ging über seine Kraft, und noch im Tod hat sein Leib prophezeit. In seinem Leben hat er Wunder getan, und im Tod waren seine Werke erstaunlich (Sir 48,13-15).
Angesichts solch strahlender Beispiele könnte man denken, dass wahre Heiligkeit ein fernes unerreichbares Ideal ist. Doch dasselbe Buch der Heiligen Schrift bestätigt eindeutig, dass auch wir gewiss leben werden (Sir 48,11): Wir werden das übernatürliche Leben, dieses Leben Gottes, das die Heiligkeit ist, in uns tragen. Wie der damalige Präfekt Josef Ratzinger sagte, lernen wir vom heiligen Josefmaria, dass „die Heiligkeit eine tiefe Verbindung mit Gott ist: Sie bedeutet, Freund Gottes zu werden, den Anderen wirken zu lassen, den Einzigen, der wirklich erreichen kann, dass diese Welt gut und glücklich ist. Wenn Josefmaria Escrivá davon spricht, dass alle Menschen berufen sind, heilig zu werden, so scheint es mir, dass er sich im Grunde auf seine persönliche Erfahrung bezieht, denn niemals hat er aus eigener Kraft unglaubliche Dinge getan, sondern er beschränkte sich darauf, Gott wirken zu lassen. Deshalb ist eine große Erneuerung entstanden, eine Kraft des Guten in der Welt, auch wenn alle menschlichen Schwächen gegenwärtig bleiben.“1
Durch Gottes Barmherzigkeit ist jeder von uns Teil dieser „großen Erneuerung“, dieser „Kraft des Guten in der Welt“: Wir sind berufen, Heilige im Gewöhnlichen zu sein, und zwar Heilige für die Altäre.
GOTT WILL Großes durch uns vollbringen und bittet uns dazu, unsere Einheit mit ihm „mit dem Zartgefühl von Verliebten“2 zu pflegen, wie der heutige Prälat in seinem ersten Hirtenbrief schrieb. Das Geheimnis, um diese Beziehung lebendig zu halten, ist das Gebet. Papst Franziskus betont, dass der Heilige ein Mensch ist „mit einem betenden Geist, der die Kommunikation mit Gott braucht (...). Ich glaube nicht an eine Heiligkeit ohne Gebet (...). Dies gilt nicht nur für einige wenige Privilegierte, sondern für alle, weil wir alle dieses von angebeteter Gegenwart erfüllte Schweigen nötig haben. Das vertrauensvolle Gebet ist eine Reaktion des Herzens, das sich Gott von Angesicht zu Angesicht öffnet, wo alles Gerede zum Verstummen kommt, um auf die sanfte Stimme des Herrn zu horchen, die im Schweigen widerhallt. In diesem Schweigen kann man im Licht des Heiligen Geistes die Wege der Heiligkeit erkennen, die der Herr uns vorschlägt.“3
Jesus lehrt uns, wie ein Gebet aussieht, das Gott gefällt: Wenn ihr betet, sollt ihr nicht plappern wie die Heiden, die meinen, sie werden nur erhört, wenn sie viele Worte machen. Macht es nicht wie sie; denn euer Vater weiß, was ihr braucht, noch ehe ihr ihn bittet. So sollt ihr beten (Mt 6,7-9); und Jesus lehrt uns die Worte des Vaterunsers, „die Zusammenfassung des ganzen Evangeliums“4 (Tertullian), das „im Mittelpunkt der Heiligen Schrift“5 steht. „Das Gebet des Herrn ist im höchsten Grade vollkommen“, lehrte der heilige Thomas von Aquin, denn es „enthält nicht nur das, was wir in rechter Weise verlangen können, sondern auch die rechte Ordnung, in welcher wir verlangen können; es unterrichtet uns sonach nicht nur im Beten, sondern regelt auch all unser Verlangen.“6
Jesus möchte, dass wir die Stärke unserer Kindschaft, die Größe der Liebe Gottes, des Vaters, zu jedem von uns sehr stark spüren. Deshalb ermutigt er uns, uns mit dem Vertrauen von Kindern an Gott zu wenden: Das lebendige Bewusstsein unserer Kindschaft gibt uns in jeder Situation Sicherheit und erlaubt uns, uns ins Abenteuer zu stürzen.
„DEIN LEBEN“, sagte der heilige Josefmaria, „soll ständiges Gebet sein, ein fortwährender Dialog mit dem Herrn: Einerlei ob das, was da geschieht, angenehm oder unangenehm, leicht oder schwer, alltäglich oder außergewöhnlich ist …, stets soll dir sofort die Aussprache mit Gott, deinem Vater, in den Sinn kommen, den du im Inneren deiner Seele suchst.“7
Wenn wir manchmal nicht wissen, wo wir anfangen sollen, kann es helfen, daran zu denken, dass wir in Verbindung mit Jesus Christus, durch ihn und in ihm stets zu Gott dem Vater gelangen. Unser Gebet kann einfach darin bestehen, den Namen Jesu zu wiederholen. Der Katechismus der Kirche erklärt: „Die Anrufung des Namens Jesu ist der einfachste Weg des ständigen Betens. Von einem demütig aufmerksamen Herzen oft wiederholt, verliert sich dieses Gebet nicht in vielen Worten (Mt 6,7), sondern bewahrt das Wort und bringt in Ausdauer Frucht. Es ist allzeit möglich, denn zu beten ist nicht eine Beschäftigung neben anderen, sondern die einzigartige Beschäftigung, Gott zu lieben, die in Christus Jesus alles Tun beseelt und verklärt.“8
Den Namen Jesu anzurufen, ihn zu wiederholen, ihn auszukosten, ist ein schönes und einfaches Gebet, das eine ungeahnte Kraft hat. Deshalb ermutigt uns der heilige Josefmaria: „Verliere die Scheu, den Herrn bei seinem Namen – Jesus – zu rufen und ihm zu sagen, dass du ihn liebst.“9 Maria wurde der Name Jesus als erster verkündet, und von dem Augenblick an, als sie ihren Sohn im Mutterleib trug, sagte sie ihn oft mit grenzenloser Zuneigung, während sie in ihrem Herzen alle Dinge betrachtete (vgl. Lk 2,19).
1 Joseph Ratzinger, Gott wirken lassen, in L’Osservatore Romano, 6.10.2002.
2 Msgr. Fernando Ocáriz, Hirtenbrief, 14.2.2017, Nr. 30.
3 Franziskus, Gaudete et exsultate, Nr. 147-150.
4 Tertullian, Über das Gebet, 1, 6
5 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2774.
6 Hl. Thomas von Aquin, Summa Theologiae, II-II, q. 83, a. 9
7 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 538.
8 Katechismus der Katholischen Kirche, Nr. 2668.
9 Hl. Josefmaria, Der Weg, Nr. 303.