Betrachtungstext: 11. Woche im Jahreskreis (2) - Samstag

Ein Schöpfer, der barmherzig ist. - Einem einzigen Herrn dienen. - Gott ist immer treu.

DER HEILIGE PAULUS erinnerte in seiner Ansprache an die ersten Christen in Rom oft an die Größe der Liebe Gottes: Ist Gott für uns, wer ist dann gegen uns? (...) Weder Höhe oder Tiefe noch irgendeine andere Kreatur können uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn (Röm 8,31.39). Der Apostel war davon überzeugt, dass uns nichts von der göttlichen Liebe trennen kann, die in Jesus Christus verkörpert ist, weil er sie persönlich erfahren hatte. Und dieses Vertrauen in Gott kommt aus dem Wissen, dass er ein vorsorgender Schöpfer ist, der uns nie aus seiner Hand lässt: Seine Liebe reicht, soweit der Himmel ist, seine Treue bis zu den Wolken (vgl. Ps 36,6). Dieselbe innere Erfahrung ließ den heiligen Augustinus ausrufen: Meine ganze Hoffnung ruht allein auf deiner großen Barmherzigkeit1.

Auf ewig werde ich ihm meine Huld bewahren, mein Bund mit ihm ist verlässlich. Sein Haus lasse ich dauern für immer (Ps 89,29-30), sagt Gott in dem Psalm. Erstaunlicherweise begleitet dieser Text in der Liturgie des Wortes die Erzählung, in der das Königreich Juda den Tempel verlässt, um den Götzen zu dienen: Es geschah, dass das auserwählte Volk die menschliche Sicherheit, den zeitlichen Triumph, den Stolz der Macht über das, was richtig ist, suchte. Schließlich werden sie von einer Armee besiegt, die ihrer eigenen weit unterlegen ist, und müssen sich der öffentlichen Schande stellen.

Unsere Liebe zu Gott hängt nicht vom persönlichen Triumph oder vom Eintreten bestimmter Bedingungen in der Welt, in der wir leben, ab. Wir erinnern uns an die Worte Christi, dass wir Gutes tun wollen,damit sie eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen (Mt 5,16). Das Licht, das wir anbieten können, ist eine kleine Spur, ein diskreter Hinweis, den Christus mit einem kleinen Samenkorn verglichen hat: das Samenkorn des Gottes, den wir alle suchen und der barmherzig ist.

JESUS SAGT UNS: Niemand kann zwei Herren dienen; er wird entweder den einen hassen und den anderen lieben, oder er wird zu dem einen halten und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon (Mt 6,24-25). Mit dieser Lehre warnt uns der Herr vor der Möglichkeit, uns von der scheinbaren Macht des Geldes täuschen zu lassen, einer Macht, die uns glauben lässt, dass wir Herren der Schöpfung und Besitzer der Menschen sind. So enden wir in Wirklichkeit als Sklaven unseres Egoismus, im Tausch gegen armselige Kleinigkeiten, die uns daran hindern, die Größe der Liebe Gottes zu erkennen.

Wir können Gott bitten, unseren Verstand zu erleuchten, um zu erkennen, wie wir in jeder Situation vorgehen sollen: in unserer Arbeit, in unserem Familienleben, in unseren Hobbys oder Interessen, damit alles in unserem Leben darauf ausgerichtet ist, uns von Gott lieben zu lassen. Manchmal kann unsere Sorge unbewusst in Bahnen geraten, die uns dazu bringen, die Sicherheit irdischer Dinge zu bevorzugen, die uns auch der menschliche Ruhm bietet. Deshalb erinnert uns Jesus:Sorgt euch nicht um euer Leben, was ihr essen oder trinken sollt, noch um euren Leib, was ihre anziehen sollt! (...) Wer von euch kann mit all seiner Sorge sein Leben auch nur um eine kleine Spanne verlängern? (Mt 6,26-27).

Selbst diejenigen, die sich intensiv der apostolischen Tätigkeit widmen, können durch ein Übermaß an menschlichem Interesse das Ziel, für das sie arbeiten, aus den Augen verlieren. Der heilige Josefmaria pflegte zu sagen, dass der wirkliche, ausschlaggebende Erfolg oder Mißerfolg dieser korporativen Werke - das menschliche Niveau immer vorausgesetzt - entscheidend davon abhängt , ob jene, die in ihnen arbeiten, wie auch die, denen diese Arbeit zugute kommt, dort wirksam Hilfe und Ansporn finden oder nicht, Gott mehr zu lieben, sich immer klarer bewußt zu werden, daß sie Brüder ihrer Mitmenschen sind, und dies in einem selbstlosen Dienst an der Menschheit bezeugen2. Wir können nicht mehreren Herren dienen. Das christliche Leben lässt sich in gewisser Weise in einer ständigen Läuterung unseres Gottesdienstes zusammenfassen, so dass er immer mehr auf Gott ausgerichtet ist und durch ihn allein die Dinge der Erde liebt.

WIR KÖNNEN NICHT leugnen, dass es in der Welt auch das Böse gibt. Wenn deine Söhne meine Weisung verlassen, nicht mehr leben nach meiner Ordnung, spricht der Herr durch den Psalmisten, wenn sie meine Gesetze entweihen, meine Gebote nicht mehr halten, dann werde ich ihre Vergehen mit der Rute strafen und ihre Sünde mit Schlägen. Doch ich entziehe ihm nicht meine Huld und breche ihm nicht meine Treue (Ps 89,31-34). Die Erkenntnis Gottes, die wir durch den Glauben erlangt haben, führt dazu, dass wir immer darauf vertrauen, dass er uns nie verlässt. Unsere Treue ist nichts anderes als eine Antwort auf die Treue Gottes. Gott, der treu zu seinem Wort steht, der treu zu seiner Verheißung steht3.

Die Übel unserer Welt – und die der Kirche – dürften niemals Entschuldigungen sein, um unseren Einsatz und unseren Eifer zu verringern. Betrachten wir sie als Herausforderungen, um zu wachsen. Außerdem ist der Blick des Glaubens fähig, das Licht zu erkennen, das der Heilige Geist immer inmitten der Dunkelheit verbreitet. Er vergisst nicht, dass »wo die Sünde mächtig wurde, die Gnade übergroß geworden ist« (Röm 5,20)4. Eine Antwort des Glaubens ist gerade unsere optimistische Haltung, denn wir wissen, dass Gott der Herr der Welt ist, dass er alle Macht hat und dass alles Böse im Überfluß des Guten überwunden werden kann.

Es gibt Umstände, die uns an unseren Fähigkeiten und unserer Veranlagung zweifeln lassen, und wir tun gut daran, dies zu tun, denn wir kennen unsere persönlichen Schwächen. Es gibt jedoch keinen Zweifel an Gott, an seinem mächtigen, aber diskreten Handeln und an seinen heiligen Plänen für jeden von uns. Die Apostel Petrus und Paulus ermutigen uns, in dieser Überzeugung fest zu stehen: Der Glaube ist die Grundlage der Treue. Nicht ein eitles Vertrauen in unsere eigenen menschlichen Fähigkeiten, sondern Glauben an Gott, der das Fundament der Hoffnung ist (vgl. Hebr 11, 1)5. Der Herr sagt uns im Evangelium: "Suchet vor allen Dingen das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit; alles andere wird euch zufallen" (Mt 6,30). Maria war immer offen für das Wirken Gottes, sie war voller Gnade: das ist das Geheimnis der Überwindung des Bösen durch das Gute Gottes.


1 Hl. Augustinus, Bekenntnisse, Nr. 10.

2 Hl. Josefmaria, Gespräche, Nr. 31.

3 Papst Franziskus, Predigt, 15. April 1920.

4 Papst Franziskus, Evangelii Gaudium, Nr. 84.

5 Msgr. Fernando Ocáriz, Hirtenbrief, 19.III.2022, Nr. 7.