Betrachtungstext: 1. Woche im Jahreskreis – Samstag

Das schnelle und entschlossene Ja des Matthäus – Gottes Bitten sind Geschenke – Danken in der heiligen Messe

JESUS kommt bei uns in unserem Leben vorbei und ruft uns. Er hat es gestern getan, er tut es heute, und er wird es weiterhin tun. Ähnlich wie Matthäus sucht uns der Herr mitten in unserem täglichen Tun auf und sagt: Folge mir nach (Mk 2,14). Betrachten wir die unverzügliche Reaktion jenes Mannes, der Apostel und Evangelist werden sollte. Er zögerte nicht, seine Sicherheiten aufzugeben, „Christus kennenlernen und Christus folgen, das war für [ihn] eins“1, kommentierte der heilige Josefmaria. Möglicherweise schenkte ihm allein die Anwesenheit Jesu genug Vertrauen, um das Risiko einzugehen. Er nahm sich nicht einmal die Zeit, darüber nachzudenken, was er zurücklassen würde. Gewitzt wie er war, könnte er aber schon von Weitem ein gutes Geschäft gerochen haben und wusste, dass der Lohn diesmal sein eigenes Glück sein würde.

Vielleicht haben auch wir uns schon einmal gefragt, ob wir Jesus wohl bis zum Ende folgen können, ob wir ihm treu bleiben werden oder ob wir in Routine und Entmutigung verfallen könnten. Welche Gründe verzögern oft unsere positive Antwort auf das, was Jesus von uns verlangt? Offensichtlich benötigen wir Unterscheidungsvermögen, um unser Leben auszurichten. In der Regel zeigt sich die Berufung nicht auf evidente Weise, daher soll uns nicht beunruhigen, wenn Zweifel aufkommen. Der heilige Josefmaria schrieb: „Du hast dich etwas erschreckt beim Anblick von so viel Licht ..., so dass dir jetzt das Hinschauen und sogar das Sehen schwer fällt. Schließe deine Augen vor deinem offensichtlichen Elend; öffne den Blick deiner Seele dem Glauben, der Hoffnung, der Liebe und geh weiter – indem du dich von ihm durch deinen Seelenführer leiten lässt.2

Matthäus weiß nicht, was aus seinem Leben, seinem Geschäft und seinem Besitz werden wird. Vielleicht weiß er nicht einmal, wo er morgen nächtigen wird, wie seine Kollegen reagieren werden oder ob er fähig sein wird, immer beim Meister zu bleiben. Alles ist neu für ihn, aber er ist offen und bescheiden genug, um sich nicht mit dem aufzuhalten, was er bereits kennt: seine Grenzen und die Erwartungen anderer. Ein vietnamesischer Priester und Märtyrer sprach Studenten Mut zu: „Er, unser Meister, trägt selbst die ganze Last des Kreuzes und überlässt mir nur den kleinsten und unbedeutendsten Teil. Er ist nicht nur Zuschauer meines Kampfes, sondern nimmt daran teil, gewinnt und führt den ganzen Kampf zu einem erfolgreichen Abschluss.“3


„ERNEUT STEHEN wir dem Paradoxon des Evangeliums gegenüber: Wir sind frei zum Dienen – und nicht dazu, zu tun, was wir wollen. Wir sind frei zum Dienen, und von daher kommt die Freiheit; wir finden uns selbst in ganzer Fülle in dem Maße, in dem wir uns hinschenken, wir besitzen das Leben, wenn wir es verlieren (vgl. Mk 8,35). Das ist reines Evangelium“4, mit diesen Worten brachte Papst Franziskus einmal Licht in das Geheimnis der Hingabe. Jede Aufforderung Gottes an uns ist in Wirklichkeit ein Geschenk. Der scheinbare Widerspruch zwischen Freiheit und Hingabe, zwischen Gottes Willen und Glück, ist die große Lüge, die uns der Teufel einzuflüstern versucht. Der Teufel hat nur ein Interesse: dass wir die Gaben, die Gott uns schenken möchte, und die Schönheit unserer Hingabe nicht erkennen.

Es kann einmal vorkommen, dass wir denken, Verpflichtungen könnten unsere Freiheit einschränken. Manchmal vertrauen wir auch nicht darauf, dass wir in der Lage sein werden, unser Wort zu halten, wenn sich irgendwann die Umstände oder unsere Neigungen ändern, die uns jetzt in einer bestimmten Situation glücklich sein lassen. Machen wir uns klar: Wir werden nur dann mit Liebe antworten und unsere Freiheit ohne Angst einsetzen, wenn wir uns zuvor von ihr erobern lassen. Erst wenn wir entdeckt haben, dass wir viel mehr erhalten haben als das, was von uns verlangt wird, können wir mit dem Geschenk unseres Lebens antworten. Wer irrtümlicherweise denkt, dass er ein ähnliches Geschenk macht wie das, was er empfangen hat, wird schnell Gründe finden, um zu behaupten, dass er sich geirrt hat, dass es sich vielleicht nicht lohnt. Wer sich jedoch der Unermesslichkeit dessen bewusst wird, was er erhalten hat, wird nicht aufhören zu staunen, sich hingeben wollen und in aufrichtiger Dankbarkeit leben.


„IN WAHRHEIT ist es würdig und recht, dir [...] immer und überall zu danken.“ Viele Messpräfationen beginnen mit diesen Worten, und so wollen wir leben: in ständiger Danksagung. Auch bevor wir Gott in Dingen, die wir häufig noch nicht kennen, Ja sagen, kann es uns helfen, schon im Voraus zu danken. Gerade an Tagen, an denen das Tagewerk uns fordert und wir gleichsam an der Reihe sind, auf den Kalvarienberg zu steigen, kann es uns helfen, daran zu denken, dass Jesus die Hingabe seines Leibes auf den Gründonnerstagabend vorverlegt hat, und zwar in den Rahmen einer Danksagungsfeier. Jedes Mal, wenn wir der Eucharistie beiwohnen, machen wir uns seine Haltung bewusst: Er sagte Dank, brach es, reichte es seinen Jüngern und sprach

Danken ist eine der besten Arten und Weisen, ein Geschenk zu empfangen. Es bedeutet, das Geschenk als solches anzuerkennen und die Unentgeltlichkeit der Liebe der Person, die uns beschenkt, zu würdigen. Für etwas danken, das uns etwas Mühe kostet, hat den großen Vorteil, dass es uns hilft, uns von der Berechnung und dem damit verbundenen Verzicht zu lösen. Matthäus dankte Jesus für seine Berufung, indem er ein Festmahl veranstaltete. Es machte ihm nichts aus, seine Freunde einzuladen, Sünder wie er selbst: Es war sein Geschenk an Jesus. Die heilige Kirchenlehrerin, Therese de Lisieux, schrieb in einem Brief an ihre Schwester über die Herrlichkeit, die am Ende des Lebens auf die Getreuen wartet: „Eines Tages wird Gott dankbar ausrufen: ,Jetzt bin ich dran.‘ Und was werden wir dann sehen? ‒ Was wird das Leben sein, das niemals enden wird? Gott wird die Seele unserer Seele sein, ein unergründliches Geheimnis! Das Auge des Menschen hat das ungeschaffene Licht nicht gesehen, sein Ohr hat die unvergleichlichen Harmonien nicht gehört, und sein Herz kann nicht von dem träumen, was Gott für die, die er liebt, bereithält.“5

Es gibt keinen besseren Zeitpunkt als die Messe, um Gott für unsere Berufung zu danken, auch dann, wenn wir noch zu erkennen versuchen, was Gottes Liebe uns geben will. Jeden Tag unsere Berufung gemeinsam mit der Selbsthingabe Jesu dort hinein legen, damit Gott, unser Vater, sie gemeinsam in Empfang nimmt und sie ein einziges Opfer bilden, kann die größte Quelle der Freude sein. Unsere Mutter, die Jungfrau Maria, ist diejenige, die uns vom ersten Augenblick an zu danken gelehrt hat: Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott, meinen Retter (Lk 1,46-47).


1 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 6.

2 Ebd., Nr. 1015.

3 Hl. Paul Le-Bao-Tinh, Brief an Studenten, 1843, in: Stundengebet, Lesehore 24. November.

4 Franziskus, Audienz, 20.10.2021.

5 Hl. Thérèse von Lisieux, Brief 94 an Celina, 14.7.1889.