Betrachtungstext: 32. Woche im Jahreskreis – Freitag

Die Tatsache der Wiederkunft des Herrn – Mit übernatürlicher Sicht entdecken wir Leben in dem, was nach Tod aussieht – Der Dienst ist unser Schatz für die Ewigkeit

JESUS bedient sich gelegentlich einer prophetischen Sprache voller Symbole und Vergleiche. So zum Beispiel heute, wenn er von seinem letzten Kommen spricht und uns ermutigt, entsprechend zu leben. Zunächst erinnert er uns an zwei Episoden aus dem Alten Testament: die Sintflut zur Zeit Noahs und die Bestrafung Sodoms nach Lots überstürzter Flucht. Die Botschaft ist klar: Gott wird urplötzlich kommen. Und leider wird er, so die Worte Jesu, viele unvorbereitet finden, beschäftigt mit irdischen Dingen oder durch diese abgelenkt, ohne auch auf die ewigen Dinge zu achten.

Jesu Einladung, über das Zeitenende nachzudenken, das wir vielleicht für ein weit entferntes Ereignis halten, ist zugleich eine Einladung, das Jetzt und Heute zu betrachten: Möglicherweise sind auch wir täglich mit vielerlei Dingen beschäftigt, und unsere Tage verlaufen womöglich mit einer gewissen Rasanz, die wenig Raum für den Blick zum Himmel lässt. Daher erweist sich diese Ermahnung des Evangeliums, die die Realität ungeschönt benennt, als äußerst hilfreich: Denkt daran, dass ihr sterblich seid und dass der Tod zwar gewiss, aber auch ungewiss und unvorhersehbar ist; nutzt die Tage, um Gutes zu tun, und denkt daran, dass danach das wahre Leben, die Ewigkeit, kommt.

Der Blick in den Himmel hilft uns, unser Leben auf Gottes Plan, auf die tiefste Wahrheit unseres menschlichen Daseins hinzutrimmen. Das Bewusstsein, dass das Leben nicht mit dem Tod endet, erfüllt uns mit Hoffnung. Derselbe Gott, der uns auf Erden nahe ist, erwartet uns auch im Himmel; er hat eine Wohnung für uns vorbereitet. Dort erwartet uns, um es mit den Worten des heiligen Josefmaria zu sagen, „alle Liebe, alle Schönheit, alle Großartigkeit, alle Erkenntnis ...! Und ohne Überdruss: Ein sich sättigen, ohne satt zu werden.“1


„ÜBERNATÜRLICHE Sicht! Ruhe! Frieden! Betrachte so die Dinge, die Menschen, die Ereignisse ..., gleichsam mit Blick auf die Ewigkeit“, schrieb der heilige Josefmaria. „Und du wirst erfahren: Jegliche Mauer, die dir den Weg versperrt, und sei sie menschlich gesehen noch so eindrucksvoll, wird ganz unbedeutend, wenn du die Augen wahrhaft zum Himmel hinauf hebst.“2 Übernatürliche Sicht zu besitzen, bedeutet, den Faktor des ewigen Lebens in die Gleichung unseres Lebens einzubeziehen: den Himmel, den Gott für uns bereitet hat, wenn unsere Tage auf Erden zu Ende gehen. Diese breite und tiefe Glaubensperspektive verringert die Bedeutung der Probleme, mit denen wir in Familie, Kirche und Welt konfrontiert sind.

Die Wirklichkeit mit übernatürlicher Sicht zu betrachten – das heißt, sie mehr mit den Augen Gottes zu sehen, nämlich, so wie sie wirklich ist –, führt uns in die Weisheit Gottes ein und hilft uns daher auch, den positiven Sinn des Verzichts zu entdecken, den wir manchmal erbringen müssen. Wer sein Leben zu bewahren sucht, wird es verlieren; wer es dagegen verliert, wird es erhalten (Lk 17,33), sagt der Herr im Evangelium. Im christlichen Leben ist es oft notwendig, zu verlieren, um zu gewinnen, zu sterben, um Frucht zu bringen, loszulassen, was einen daran hindert, Christus aus der Nähe zu folgen, um rein zu werden, sodass die Seele höher und höher fliegen kann. Wenn wir auf Jesus schauen, erkennen wir, dass es sich lohnt, mit Freude und Anstrengung zu kämpfen, weil wir wissen, dass wir klein sind, aber auch weil wir wissen, dass, wie der heilige Josefmaria sagte, alles gut ist für jene, „die Gott lieben. Hier auf Erden lässt sich noch alles richten, außer dass wir sterben müssen: Aber für uns bedeutet der Tod Leben.“3


DER GLAUBE an das ewige Leben offenbart uns den wahren Wert der gegenwärtigen Zeit. Der Herr hat uns in seiner Liebe auf die Welt gebracht, und am Ende werden wir zu ihm zurückkehren. Unsere Jahre sind gezählt: Sie sind eine Gabe Gottes, mit der er uns auch die Freiheit geschenkt hat, sie so zu nutzen, wie wir es für richtig halten. Deshalb ist die Zeit ein kostbarer Schatz, den Gott uns in die Hände legt. Wir können sie vergeuden oder sie im Gegenteil gut nutzen und so leben, dass wir – auch das sind Worte des heiligen Josefmaria – „in jedem Augenblick des Lebens die Ewigkeit mitschwingen fühlen“.4

Wir können den Gebrauch der Zeit auf uns selbst konzentrieren: Gesundheit, Prestige, Arbeit, Wohlbefinden, gesellschaftliche Stellung ... Oder wir können im Dienen nach Früchten der Ewigkeit streben. Der Eifer zu dienen führt uns dazu, unsere Zeit dem Herrn zur Verfügung zu stellen, uns nicht ängstlich um die Zukunft zu sorgen und zu spüren, dass wir Gottes Mitarbeiter beim Aufbau seines Reiches in den Herzen der Menschen sind. Durch den Dienst überwindet unsere Zeit ihre Grenzen und wandelt sich zum „für immer“ der Ewigkeit.

„Ich verstehe die Mahnung des Apostels Paulus an die Korinther: Tempus breve est! (1 Kor 7,29) sehr gut“, sagte der heilige Josefmaria. „Wie kurz ist die Dauer unseres irdischen Weges! (...). Unsere Zeit um zu lieben, uns hinzugeben und zu sühnen ist wahrlich kurz.“5 In Maria, die ihren größten Schatz im Himmel hat – ihren Sohn Jesus Christus –, können wir das beste Beispiel für den Dienst an Jesus und an allen, die unseren Weg kreuzen, sehen.


1 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Punkt 995.

2 Ebd., Punkt 996.

3 Ebd., Punkt 1001.

4 Hl. Josefmaria, Freunde Gottes, Nr. 239.

5 Ebd., Nr. 39.