Betrachtungstext: 18. November – Weihetag der Basiliken St. Peter und St. Paul

Petrus und Paulus, Säulen des Glaubens – Das Evangelium einte sie in ihrer Verschiedenheit – Lebendige Steine des Tempels, der die Kirche ist

DIE LEBENSLÄUFE der Apostel Petrus und Paulus sind durch ihre Liebe zu Jesus Christus und ihren Eifer für das Evangelium innig miteinander verknüpft. Der Herkunft, dem Temperament und der Bildung nach verschieden, widmeten sie dem Ruf des Herrn ihre beste Kraft. In der ganzen Welt zeugten sie von der Freude, die sie empfangen hatten – jeder mit seiner Sendung und seinem Stil: Petrus als Haupt der Kirche, Paulus als Apostel der Völker.

Sie begegneten einander in Jerusalem, als Paulus, drei Jahre nach seiner Bekehrung, die Apostel dort besuchte (vgl. Gal 1,15-18). Sie verbrachten nur ein paar Tage zusammen. Es ist möglich, dass sie sich später nochmals trafen, als Paulus in der Hauptstadt des Imperiums in Gefangenschaft war. Wir wissen, dass beide ihr äußerstes Zeugnis für ihre Liebe zu Christus in Rom abgelegt haben: Petrus wurde gekreuzigt, Paulus wurde enthauptet. So sagt ein gewisser Gaius, ein als glaubwürdig befundener Mann, um das Jahr 200 über die Stätte, wo die heiligen Leiber der beiden Märtyrer ruhten: „Ich kann die Siegeszeichen der Apostel zeigen. Du magst auf den Vatikan gehen oder auf die Straße nach Ostia, du findest die Siegeszeichen der Apostel, welche diese Kirche gegründet haben.“1 Ihre Reliquien befinden sich heute in der Ewigen Stadt in den ihnen geweihten Basiliken.

Heute betrachten wir, was Gott in jenen wirken kann, die sich seinem Tun großzügig öffnen. „Mut! Du ... kannst“, schrieb der heilige Josefmaria. „Sieh, was die Gnade Gottes aus dem verschlafenen, verräterischen und feigen Petrus gemacht hat ... Und aus dem Verfolger, Hasser und Fanatiker Paulus.“2 „Die christliche Überlieferung betrachtet von je her die heiligen Petrus und Paulus als untrennbar“, hielt Papst Benedikt fest, „zusammen stehen sie tatsächlich für das ganze Evangelium Christi.“3 Beide sind Fundament der Kirche, Symbole für ihre Einheit und Säulen des Glaubens. Aus diesem Grund hat die Kirche nicht nur ihren Festtag, sondern auch die Feier des Weihetags der römischen Basiliken von St. Peter und von St. Paul, die über deren Gräbern errichtet wurden, auf einen Tag vereint.


DIREKT VOR dem Petersdom stehen zwei große Statuen, die leicht an dem zu erkennen sind, was sie in den Händen halten: die Schlüssel in den Händen des Petrus und das Schwert in den Händen des Paulus.

Die Schlüssel symbolisieren den Primat des Petrus und damit seine Sonderstellung unter den Aposteln. Der Herr verspricht ihm, dass es ihm als treuem Verwalter seiner Botschaft obliegen wird, die Tür zum Himmelreich zu öffnen (vgl. Offb 3,7). Das Schwert ist zum einen das Werkzeug, mit dem Paulus getötet wurde. Bei der Lektüre seiner Briefe stellt man jedoch fest, dass es sich auch als Symbol für seine Evangelisierungstätigkeit eignet. Als er seinen Tod nahen spürt, schreibt Paulus selbst an seinen Schüler Timotheus: Ich habe den guten Kampf gekämpft (2 Tim 4,7). Paulus wird als der dreizehnte Apostel bezeichnet, denn obwohl der nicht zur Gruppe der Zwölf zählte, wirkte er wie ein Apostel.

Menschlich waren sie sehr verschieden, und wahrscheinlich mangelte es nicht an Differenzen zwischen ihnen. Doch diese hinderten sie nicht daran, „eine neue, nach dem Evangelium gelebte Art, Brüder zu sein, zu verwirklichen“, schreibt Papst Benedikt, „eine authentische Art und Weise, die eben durch die in ihnen wirkende Gnade des Evangeliums Christi möglich wurde4. Und der heilige Josefmaria zog daraus folgenden Schluss: „Ich wünschte – und bitte dafür um dein Gebet –, wir alle in der Kirche begriffen uns als Glieder des einen Leibes, gemäß der Aufforderung des Apostels. Ich wollte, wir alle streiften die Gleichgültigkeit ab und empfänden tief die Freuden und Nöte unserer Mutter, der einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche, und sorgten uns um ihre Ausbreitung auf Erden. Verspürten wir doch lebendig dieses Einssein! Wir alle eins, untereinander und alle mit Christus!5


WENN EIN Kirchengebäude dem Gottesdienst gewidmet wird, ist es nicht länger ein gewöhnlicher Ort, sondern ein sakraler Raum, der dazu bestimmt ist, Gott die Ehre zu geben. Der zentrale Teil des Weiheritus ist die Weihe des Altars, der mit Weihwasser besprengt und – wie Christus – mit Chrisam gesalbt wird. Anschließend wird an fünf Stellen, die die Wunden des Herrn symbolisieren, an den Ecken und in der Mitte, Weihrauch verbrannt. Danach wird der Altar mit Altartüchern bedeckt und mit Kerzen und Kreuz versehen. Der Zelebrant hält eine brennende Kerze in der Hand und ruft wie in der Osternacht das „Licht Christi“ herbei.

Nach dem Vorbild eines Tempels werden alle Christen in der Taufe Gott geweiht. Wir wurden mit Wasser besprengt und mit dem heiligen Chrisam gesalbt. Auch wir haben ein Kleid erhalten und eine Kerze bekommen, die von der Flamme der Osterkerze entzündet wurde, damit wir Lichtquellen in der Welt seien. Wir können am Aufbau der Kirche mitwirken, weil wir lebendige Steine (1 Petr 2,5) dieses übernatürlichen Bauwerks sind, gerade so wie diese beiden Glaubenszeugen, derer wir heute gedenken. Sie sind nicht so sehr bewundernswert, weil sie über unvergleichliche Fähigkeiten verfügten, sondern vielmehr, weil im Mittelpunkt ihrer Geschichte, wie Papst Franziskus sagte, „die Begegnung mit Christus steht, die ihr Leben verändert hat. Sie machten die Erfahrung einer Liebe, die sie heilte und befreite, und dadurch wurden sie zu Aposteln und Dienern der Befreiung für andere.“6

Über deren Beziehung zur Mutter der Apostel sagte Papst Franziskus: Petrus kannte Maria persönlich und konnte im Gespräch mit ihr, besonders in den Tagen, die dem Pfingstereignis vorausgingen (vgl. Apg 1,14), seine Kenntnis des Geheimnisses Christi vertiefen. Als Paulus die Vollendung des Heilsplanes in der Fülle der Zeit verkündete, versäumte er es nicht, an die Frau zu erinnern, von der der Sohn Gottes in der Zeit geboren worden war (vgl. Gal 4,4).“7 Bitten wir Maria, dass wir nach dem Beispiel des heiligen Petrus und des heiligen Paulus großzügig am weiteren Aufbau der Kirche mitwirken.


1 Eusebius von Cäsarea, Kirchengeschichte, 2. Buch, Kap. 25.

2 Hl. Josefmaria, Der Weg, Punkt 483.

3 Benedikt XVI., Predigt, 29.6.2012.

4 Benedikt XVI., Predigt, 29.6.2012.

5 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 630.

6 Franziskus, Predigt, 29.6.2021.

7 Franziskus, Angelus-Gebet, 29.6.2015.