Betrachtungstext: 1. Adventwoche - Mittwoch

Durch sein erstes Kommen zeigt der Herr seine Liebe zu uns. - Heute kommt Jesus weiterhin zu uns, besonders in der Eucharistie. - Die Eucharistie und die Kommunion mit Liebe und Feingefühl vorbereiten.

KOMM, HERR, und säume nicht1. Das Gebet der Kirche ist in diesen Tagen von der Sehnsucht nach dem Kommen Christi, des erwarteten Messias, unseres Erlösers, erfüllt. Der Herr wird kommen, um sein Volk zu retten; selig sind jene, die vorbereitet sind, ihm entgegen zu gehen (vgl. Sach 14,5). Viele Jahrhunderte lang wartete die Hoffnung der Menschen auf das Kommen des Erlösers. Da wir jetzt das Geheimnis seiner Geburt so nahe sehen, wollen wir uns mit diesen Wünschen erfüllen, um zur Begegnung mit dem Herrn mit derselben Hoffnung aufzubrechen.

Durch die Inkarnation seines eingeborenen Sohnes hat uns Gott seine unendliche Liebe gezeigt:Was ist der Grund des Kommens des Herrn, wenn nicht, seine Liebe zu uns zu zeigen?2 Und es handelt sich um eine väterliche Liebe, denn er tat es, damit wir die Sohnschaft erlangen (Gal 4,5).

Der Herr kommt auf die Erde, um uns mit seinen Gnaden zu überschütten:Für alles, was ich gebe, verlange ich keinen Lohn, ja, ich mache mich sogar noch zu deinem Schuldner, wenn du nur all mein Eigentum benutzen willst. Kann es eine Großmut geben, die dieser gleich käme? Ich bin Vater, Bruder, Bräutigam, Familie, Nahrung, Gewand, Wurzel, Baugrund; alles, was du wünschst, bin ich; an nichts fehlt es dir. Ich werde auch dein Diener sein, denn ich bin gekommen, um zu dienen, nicht um mich bedienen zu lassen (Mt 20,28). Ebenso bin ich Freund, Glied, Kopf, Bruder, Schwester, Mutter, alles bin ich, du mußt mir nur Vertrauen entgegenbringen. Deinetwegen bin ich arm, deinetwegen ohne Heim, deinetwegen gekreuzigt, deinetwegen begraben worden; droben bin ich dein Anwalt beim Vater, hienieden bin ich der Gesandte des Vaters an dich. Du bist mir alles: Bruder, Miterbe, Freund, Glied. Was willst du noch mehr?3

Das ganze Leben Jesu ist ein echter Ausdruck dieser grenzenlosen Liebe, seiner Hingabe für uns. Jene, die sich Jesus näherten, konnten es zur Genüge bestätigen. Das heutige Evangelium spricht von einer Menge, die sich an Jesus wendet, um ihm ihre Nöte vorzulegen: Jesus zog von dort weiter und kam an den See von Galiläa. Er stieg auf einen Berg und setzte sich. Da kamen viele Menschen zu ihm und brachten Lahme, Blinde, Verkrüppelte, Stumme und viele andere Kranke; sie legten sie ihm zu Füßen und er heilte sie (Mt 15,29-30). Keines unserer Bedürfnisse ist Jesus gleichgültig. Alle unsere Angelegenheiten sind ein beständiger Ruf an sein Herz; unsere Freuden und unsere Sorgen bewegen ihn, uns entgegen zu kommen.


SO WOHL fühlten sich die vielen Menschen bei Jesus, dass sie kaum bemerkten, dass sie schon drei lange Tage bei ihm ausharrten! Der Herr ist gerührt. Ich habe Mitleid mit diesen Menschen; sie sind schon drei Tage bei mir und haben nichts mehr zu essen. Ich will sie nicht hungrig wegschicken, sonst brechen sie auf dem Weg zusammen (Mt 15,32). Die Liebe Jesu achtet nicht nur auf die großen Probleme sondern auch auf die Bedürfnisse des gewöhnlichen Lebens; er verkündet nicht nur eine schöne Lehre, sondern empfindet ihre Nöte aus der Nähe.

Die Sorge Jesu ist kreativ; sie führt ihn dazu, sich die Probleme vorzustellen, die jeder Einzelne auf seinem Weg nach Hause haben kann. Es genügt ihm nicht, sich in der Zeit, da sie ihm nahe waren, um sie gekümmert zu haben, auch wenn es drei ganze Tage gewesen sind. Und diese Sorge um das Glück des anderen treibt ihn an zu handeln. Mit seiner unendlichen Macht vermehrt er auf wunderbare Weise einige wenige Brote und Fische, das Einzige, das sie in diesem Augenblick zur Verfügung hatten; und er fordert seine Jünger auf, sie an die Leute zu verteilen (vgl. Mt 15,35-37). Der Herr gibt der hungrigen Menge zu essen, damit sie nicht unterwegs zusammenbrechen.

Heute, wie damals, rühren Jesus unsere Nöte, und er hilft uns, sie zu beheben. Er will nicht, dass wir zusammenbrechen, auch nicht wegen des Mangels an geistlicher Nahrung. Wenn sich der Herr damals auf dem Berg setzte, um jene zu erwarten, die ihm nahe kommen wollten, und ihnen Brot als Nahrung für ihren Leib gab, so erwartet er uns dagegen heute im eucharistischen Brot. Auch wir können uns an Jesus wenden, um ihm unsere Bedürfnisse, unsere Freuden und unsere Ideale vorzulegen. Wir werden uns zärtlich geliebt fühlen, und die Tage werden bei ihm im Fluge vergehen.


UND ALLE aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrig gebliebenen Stücke ein, sieben Körbe voll (Mt 15,37), heißt es am Ende des Berichts; und es wird festgehalten, dass es sich um mehr als viertausend Menschen handelte. Die Betrachtung der überreichen Großzügigkeit des Herrn kann uns helfen, uns so gut wie möglich vorzubereiten, um die Gnaden zu empfangen, die er uns in dieser Adventszeit gewähren möchte; wenn wir sehen, wie er seine Gaben mit vollen Händen austeilt, werden wir mit Hoffnung erfüllt. Komm, Herr – sagen wir ihm –, unser Herz erwartet dich. Komm, denn unsere Leere will sich füllen mit dir, bis zu den Rändern.

In der ersten Lesung der Messe finden wir die Verheißung des messianischen Banketts, das Gott für die Menschen bereitet. Der Herr der Heerscharen wird auf diesem Berg für alle Völker ein Festmahl geben mit den feinsten Speisen, ein Gelage mit erlesenen Weinen, mit den feinsten, fetten Speisen, mit erlesenen, reinen Weinen. Er verschlingt auf diesem Berg die Hülle, die alle Völker verhüllt, und die Decke, die alle Nationen bedeckt. Er hat den Tod für immer verschlungen und Gott, der Herr, wird die Tränen von jedem Gesicht abwischen und die Schande seines Volkes entfernt er von der ganzen Erde, denn der Herr hat gesprochen.

An jenem Tag wird man sagen: Siehe, das ist unser Gott, auf ihn haben wir gehofft, dass er uns rettet. Das ist der Herr, auf ihn haben wir gehofft. Wir wollen jubeln und uns freuen über seine rettende Tat (Jes 25,6-9).

Dieses göttliche Festmahl wird jeden Tag in der heiligen Kommunion Wirklichkeit. Wenn es uns logisch scheint, größten Eifer aufzuwenden, um uns auf den Empfang des Kindes, das in Bethlehem geboren werden wird, vorzubereiten – dann wird dasselbe in Bezug auf unsere Erwartung der täglichen Begegnung mit ihm in der Eucharistie geschehen. Der heilige Josefmaria war sich dieser Tatsache bewusst, die ihn dazu führte, die Hälfte des Tages dafür zu widmen, an die Messe zu denken, die er am nächsten Tag feiern würde: Hast du schon einmal darüber nachgedacht, wie du dich auf den Empfang der Eucharistie vorbereiten würdest, wenn du nur ein einziges Mal im Leben kommunizieren könntest? – Danken wir Gott, weil Er es uns so leicht macht, uns Ihm zu nähern! Danken wir Ihm, indem wir uns sehr gut darauf vorbereiten, Ihn in der heiligen Kommunion zu empfangen4.

Die geistige Kommunion kann ein wunderbarer Ausdruck der Sehnsucht sein, mit der wir uns dem täglichen Empfang des Herrn nähern. Und bei ihr vereinen wir uns mit der inneren Haltung Marias: Ich möchte dich empfangen, Herr, mit jener Reinheit, Demut und Andacht mit der deine heiligste Mutter dich empfing5Bitte mit mir Unsere Liebe Frau darum – rät uns der heilige Josefmaria – und vergegenwärtige dir, wie sie diese Monate in der Erwartung des Sohnes, der geboren werden soll, wohl verbracht haben mag, und Unsere Liebe Frau, die heilige Maria, wird erreichen, dass du alter Christus, ipse Christus wirst, ein zweiter Christus, Christus selbst!6


1 Stundenbuch, Mittwoch der ersten Adventswoche, Non, Responsorium.

2 Hl. Augustinus, De catechizandis rudibus, Nr. 4.

3 Hl. Johannes Chrysostomus, Homilien über das Evangelium von Matthäus, Nr. 76, 5.

4 Hl. Josefmaria, Im Feuer der Schmiede, Nr. 828.

5 Gebet der geistigen Kommunion, in: Geborgen in Gott, Tag- und Nachtgebete, S. 82.

6 Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 11.