Neuanfang

Der Gründer ließ sich nach der Überquerung der Pyrenäen und einem kurzen Aufenthalt in Pamplona in Burgos nieder. Von hier aus entfaltete er ungeachtet aller materiellen Schwierigkeiten in einem zerstörten Land eine rastlose apostolische Tätigkeit.

28. März 1939: In den Trümmern der Akademie DYA.

Der Gründer ließ sich nach der Überquerung der Pyrenäen und einem kurzen Aufenthalt in Pamplona in Burgos nieder. Von hier aus entfaltete er ungeachtet aller materiellen Schwierigkeiten in einem zerstörten Land eine rastlose apostolische Tätigkeit.

In Burgos, wo die Aufständischen ihre provisorische Hauptstadt hatten, nahm er sich ein einfaches Zimmer im Hotel Sabadell. Von hier aus entfaltete er eine rastlose apostolische Tätigkeit. Es galt, die Menschen, die er vor dem Krieg kennengelernt hatte, wiederzufinden und ihre Ausbildung fortzusetzen. Obwohl er kein Geld hatte und das Reisen in dem vom Krieg verwüsteten Land beschwerlich war, machte er sich immer wieder auf den Weg. Viele der jungen Leute fanden sich während ihrer kurzen Fronturlaube wieder ein.

»Es war mir zur Gewohnheit geworden, unsere Gespräche mit einem Spaziergang am Ufer des Arlanzón entlang zu verbinden; sie vertrauten mir ihre Sorgen an, und ich suchte das passende Wort, das sie stärken oder ihnen neue Horizonte des inneren Lebens erschließen könnte. Mit Gottes Hilfe war ich immer bemüht, sie zu ermuntern, sie anzuspornen, ihr christliches Leben neu zu entflammen. Manchmal kamen wir auf unseren Spaziergängen bis zum Kloster Las Huelgas oder bis zur Kathedrale. Mit Vorliebe bestieg ich mit ihnen einen der Türme und zeigte ihnen dann aus der Nähe das gotische Maßwerk, diese wahre Filigranarbeit in Stein: das Ergebnis geduldiger, mühsamer Arbeit. Im Gespräch lenkte ich ihre Aufmerksamkeit darauf, daß jene Wunderwerke von unten gar nicht zu sehen waren. Was ich ihnen so oft erklärt hatte, hier wurde es greifbar. Das ist, sagte ich, Arbeit Gottes, Werk Gottes – die eigene Arbeit so vollendet tun, daß sie schön wird wie dieses feine Spitzengewebe aus Stein.«

Apostel von Aposteln

Der Vater träumte von der Ausbreitung des Opus Dei, er träumte davon, der Kirche einen Dienst zu erweisen. Und er dachte bei der Vorbereitung dieser jungen Leute bereits daran, sie einst in fremde Länder zu senden. »Du und ich, wir hielten unsere Betrachtung gemeinsam, während der Tag sich neigte. – In der Nähe rauschte ein Fluß. Und in der Stille der kastilischen Stadt vernahmen wir verschiedene Stimmen in vielen Sprachen, die voller Not klagten, daß sie noch nichts von Christus wissen. Ohne Scheu küßtest du den Gekreuzigten und batest ihn, Apostel von Aposteln zu sein.«

Er reiste durchs Land und sprach mit vielen Bischöfen über das Opus Dei, und von ihnen allen empfing er Respekt und Ermutigung. Außerdem sammelte er liturgische Gerätschaften und alles, was ihm bei einem baldigen Neuanfang in Madrid von Nutzen sein würde. Vor allem versuchte er Bücher zu bekommen, die er sich zusammenbettelte. Denn wenn seine jungen Leute Christus in die verschiedensten Bereiche der Wissenschaft und der Kultur hineintragen sollten, dann brauchten sie vor allem eine solide Bildung.

Dissertation, Reisen, briefliche Korrespondenz

Und wie immer ging er mit gutem Beispiel voran. Weil die Unterlagen für seine Dissertation in den Kriegswirren in Madrid verlorengegangen waren, begann er mit einer neuen Arbeit über das Kloster Las Huelgas, in der er einen im kanonischen Recht einzigartigen Fall der Gerichtsbarkeit untersuchte.

Über eine umfangreiche Korrespondenz hielt er die Verbindung zu seinen geistlichen Kindern und zu allen Menschen aufrecht, mit denen er in Kontakt stand. Seine Briefe waren kurz, ermutigend und väterlich. Doch wie lange sollte dieses Warten noch dauern? Mit äußerst strengen Bußübungen und mit Fasten versuchte er dieser Zeit einen Sinn zu geben und entschloß sich, alle materiellen Sorgen auf den Herrn zu werfen. Das Wenige, was sie hatten, wenn sie alle ihre Einkünfte zusammenlegten, reichte kaum zum Überleben.

Wieder in Madrid

Endlich kam die ersehnte Nachricht. Sie konnten nach Madrid zurückkehren. Seine heilige Ungeduld trieb Josefmaria, sich dem ersten Militärkonvoi anzuschließen, der in die Hauptstadt fuhr. Es war der 28. März 1939, und er war der erste Priester, der heimkehrte. Das Studentenwohnheim, das sie unter so großen Opfern eingerichtet hatten, war fast vollständig zerstört. Tief ergriffen rettete er aus den Trümmern ein gerahmtes Blatt mit den Worten, die Jesus selbst im Evangelium als ein neues Gebot bezeichnet hatte, ein Gebot, an dessen Befolgung seine Jünger zu erkennen sein sollten: »Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe …«

Von vorne beginnen. Sein großes Gottvertrauen und seine ebenso große Opferbereitschaft brachten ihn dazu, ein neues Studentenwohnheim zu eröffnen. Dort zog auch seine Familie ein. Seine Mutter und seine Schwester kümmerten sich um die Organisation der häuslichen Arbeiten. Die familiäre Atmosphäre, die noch heute in den Zentren des Opus Dei herrscht, ist zu einem großen Teil ihnen zu verdanken.

Im Juni hielt er in der Nähe von Valencia Besinnungstage für Studenten, und das Werk nahm in dieser Stadt seine Arbeit auf. Bald geschah dasselbe auch in den anderen spanischen Provinzen. Die europäischen Ereignisse erlaubten es jedoch nicht, über die Grenzen Spaniens hinaus zu denken.