Hat es den Stern von Bethlehem wirklich gegeben?

Die moderne Exegese hat sich gefragt, welches Naturphänomen von den Zeitgenossen als so außergewöhnlich gedeutet werden konnte. Es gibt drei Hypothesen.

Der Stern im Osten wird im Matthäus-Evangelium erwähnt. Einige Sterndeuter fragten in Jerusalem nach: „Wo ist der König der Juden geboren worden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihm zu huldigen." (Mt 2, 2)

Im Jahre 7 vor Christus gab es eine Konkunktion von Jupiter und Saturn, die offensichtliche Annäherung in der Konstellation der Fische, und am 5. Dezember näherten sich beide Planeten einander auf 1, 05 Grad; das heißt auf 2 Durchmesser des Mondes. Diese Planeten sind seit der Antike bekannt, daher war die Beobachtung planetarischer Konjunktionen für die damaligen Astronomen nichts Seltsames, und sie wussten auch, dass dieses Phänomen von Jupiter und Saturn alle 20 Jahre eintrifft.

Die zwei Eingangskapitel der Evangelisten Matthäus und Lukas berichten Szenen aus der Kindheitsgeschichte Jesu. Deshalb werden sie auch „Evangelien der Kindheit“ genannt. Im Matthäusevangelium wird ausdrücklich von einem Stern berichtet. Die „Evangelien der Kindheit Jesu“ sind in Ihrem Stil sehr vom AltenTestament geprägt, was die Berichterstattung besonders bedeutungsvoll macht. Ihre Geschichtlichkeit ist daher anders zu gewichten als die anderen biblischen Ereignisse. Innerhalb der Kindheitsgeschichte gibt es Unterschiede in der Berichterstattung bei Lukas und Matthäus. Bei Lukas füllt die Kindheitsgeschichte das erste Kapitel. Matthäus bringt eine Zusammenfassung aller Geschehnisse. Mt 2,1-12 berichtet vom Erscheinen der Könige, das zeigt, dass Heiden, die nicht dem jüdischen Volk angehörten, durch ihr Studium und ihre wissenschaftlichen Kenntnisse der Sterndeutung eine Offenbarung Gottes entschlüsselten. Es war ihnen aber nicht möglich, zum eigentlichen Verständnis des Phänomens zu gelangen. Dazu bedurften sie der Heiligen Schriften des israelischen Volkes.

Zur Zeit der Abfassung der Evangelien war es allgemeiner Glaube, dass die Geburt einer wichtigen Persönlichkeit und eines besonderen Ereignisses durch Vorzeichen am Firmament angekündigt würden. An diesem Glauben hatte auch die heidnische Welt Anteil. (s. Sueton; Leben der Cäsaren, Augustus, 94; Cicero, De Divinatione 1,23,47; und der Jude Flavius Josefus, Der Krieg gegen die Juden, 5,3,310-312; 6,3,289). Im Buch Numeri (Kap. 22-24) wird von einem Orakelspruch berichtet: „Ein Stern geht in Jakob auf, ein Zepter erhebt sich in Israel.“ (Num, 24,17) Diese Passage wurde als Heilsgeschehen interpretiert und auf den Messias bezogen. Daher kann aus diesem Kontext das Erscheinen des Sterns als Zeichen für die Ankunft des Messias gedeutet werden.

Die moderne Exegese hat sich gefragt, welches Naturphänomen von den Zeitgenossen als so außergewöhnlich gedeutet werden konnte. Es gibt dafür 3 Hypothesen:

1. Schon Kepler erwähnte im 17. Jh. das Auftauchen eines neuen Sterns, einer Supernova. Es handelt sich um einen weit entfernten Stern, auf dem sich eine Explosion ereignet hatte und der daher einige Wochen lang einen sehr starkes Licht verbreitete, dass von der Erde aus wahrgenommen werden konnte.

2. Es handelt sich um einen Kometen, da diese sich normalerweise auf einer regelmäßigen elliptischen Bahn um die Sonne bewegen. In der Zeit wo sie weit von der Erde entfernt sind, sind sie nicht erkennbar. Sobald aber ein Komet einen näheren Punkt erreicht, kann man ihn eine Zeit lang von der Erde aus sehen. Diese Beschreibung steht in Einklang mit dem, was Matthäus schreibt. Allerdings lässt sich die Zeit der Erscheinung bekannter Kometen, die von der Erde aus gesehen werden, nicht mit dem Erscheinen dieses Sterns in Verbindung zu bringen.

3. Es handelt sich um ein planetarisches Zusammenspiel von Jupiter und Saturn. Auch Kepler hatte schon auf dieses periodische Phänomen aufmerksam gemacht. Wenn unsere Berechnungen nicht fehlgehen, muss es sich genau im Jahre 6/7 vor Christus zugetragen haben. Das wäre genau der Zeitpunkt, den die Forschung als Geburtsjahr Jesu annimmt.

Vicente Balaguer ist Dozent für Neues Testament an der Universität von Navarra, Pamplona

Spanische Bibliographie: A. Puig, Jesús, Una biografía, Destino, Barcelona 2005; S. Muñoz Iglesias, Los evangelios de la infancia. IV, BAC, Madrid 1990; J. Danielou, Los evangelios de la infancia, Herder, Barcelona 1969