Mit Demut in neue Dimensionen aufsteigen

„Papstpilot“ Martin Ott zu Besuch im Münchner Studententreff Schackstraße

München. Wie er zur Fliegerei gekommen sei und welche Bedeutung sein Glaube in diesem verantwortungsvollen beruflichen Umfeld spiele, berichtete Lufthansa-Flugkapitän Martin Ott bei einem Gesprächsabend im Münchner Studententreff Schackstraße, einer Bildungsinitiative von Mitgliedern des Opus Dei. Ott war einer breiteren Öffentlichkeit als „Papstpilot“ bekannt geworden, weil er den Heiligen Vater 2005 nach dem Weltjugendtag in Köln und 2006 nach seiner Bayern-Visite jeweils von Deutschland nach Rom zurückgeflogen hatte.

Fasziniert von Ratzingers „Einführung in das Christentum“

Das waren aber nicht die ersten Zusammentreffen mit Joseph Ratzinger: Schon Mitte der 70er-Jahre hatte er vor Beginn seiner Piloten-Ausbildung aus persönlichem Interesse ein Semester lang Theologie-Vorlesungen des Dogmatikprofessors in Regensburg besucht. Die Faszination für die Glaubenswelt beschäftigte den Flugschüler weiter, eine Rückkehr zu den theologischen Studien war nicht ausgeschlossen. Ratzingers Buch „Einführung in das Christentum“ hatte er zwischendurch in sich hineingeschlungen. „Es hat mir geholfen, von einem kindlichen zu einem wissenschaftlich fundierten Glauben zu kommen“, erinnert sich der in der Nähe von Ingolstadt aufgewachsene Oberbayer zurück.

Als Pilot und als Christ kein Doppelleben führen

Während des Pilotentrainings in Phoenix/USA stellte ihn dann ein Ausbilder plötzlich vor die Wahl „alles oder nichts“: „Woran denkst Du? Halbe Sachen können wir nicht gebrauchen. Willst Du die Fliegerei auch mit Deiner letzten Faser?“ Ab da war Ott klar, dass er kein Doppelleben führen konnte. Er entschied sich mit Haut und Haaren für den Pilotenberuf und begann nun auch über die Gründung einer Familie nachzudenken. Mittlerweile ist er Airbus A320-Pilot, selbst Ausbilder, verheiratet und Vater von sieben Kindern.

Parallelen zwischen Fliegerei und Glaubensleben

Als wichtigste Tugend für einen Piloten, denen ja oft das überhebliche Jetset-Image anhängt, strich Ott die Bescheidenheit heraus: „Du musst demütig werden, weil du ganz schön eingeschnürt bist. Denn es kommt eine neue Art der Betrachtungsweise auf dich zu, wo nur die Fakten zählen“, umschreibt er die nüchterne Sachlichkeit, Präzision und Disziplin, die im Cockpit aus Überlebensgründen gefragt sind. „Du bekommst Schwierigkeiten, wenn du dich nicht an diese neuen Regeln hältst“, konstatiert der Vollblut-Flieger und zeigt gleich eine Parallele zu seinem Glauben: „In der Religion ist es auch so: Wenn du die Regeln nicht befolgst, bekommst du auch Probleme – nur seelischer Art.“ Wer sensibel dafür sei, dem könne das Fliegen helfen, sich neue Dimensionen zu erschließen. „Die aerodynamischen Kräfte, die das tonnenschwere Flugzeug beim Start in die Luft heben, sieht man überhaupt nicht. Und trotzdem ist eine irre Kraft dahinter – ganz wie beim Glauben“, bringt er ein anderes Beispiel dieser neuen Sicht der Dinge.

Beeindruckt von der Demut des Heiligen Vaters

Tief beeindruckt zeigte sich sein ehemaliger Student von der Demut und Gelassenheit des Heiligen Vaters, der auf beiden Flügen nach Rom während eines Schlenkers über seine Heimat um den Wallfahrtsort Altötting herum zu ihm ins Cockpit kam. Der Flugkapitän hatte es arrangiert, dass Benedikt XVI. per Funk kurz mit den am Boden wartenden Gläubigen sprechen und ein Ave Maria beten konnte. Der Papst war sehr berührt, als er dabei die Orte seiner Kindheit und Jugend von oben wieder entdeckte. Herzlich dankte er Ott dafür, dass nach der Landung in der Ewigen Stadt aus den Bordlautsprechern die Stimmen der Regensburger Domspatzen, dirigiert von seinem Bruder Georg, erklangen. Seit den Papstflügen sprechen ihn nicht nur Kollegen immer wieder auf Glaubensfragen an. Der Lufthansa-Pilot stellte dabei überrascht fest, wie viele von ihnen auch kirchlich engagiert sind. Andere überwinden ihre Skepsis, weil sie ihn als professionellen Piloten kennen, und bitten ihn darum, mehr von seiner Gläubigkeit zu erzählen.

von Bernd Kreuels