Ethik-Charta fördert wirtschaftlichen Erfolg

Gesprächsabend mit Unternehmer Prof. Dr. Claus Hipp im Münchner Kulturzentrum Weidenau

Für die konsequente Einhaltung ethischer Grundsätze im Wirtschaftsleben hat Prof. Dr. Claus Hipp bei einem Gesprächsabend im Münchner Kulturzentrum „Weidenau“ geworben. Mit seinem Unternehmen ist er Marktführer in Deutschland und weltweit einer der größten Verarbeiter von biologisch-organisch angebauten Rohstoffen. In einer Ethik-Charta hat er Grundsätze für eine gute Führung seines Unternehmens festgelegt. Für den Katholiken spielt außerdem der Glaube eine entscheidende Rolle.

Kritik übt er angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise an Spekulationen, Habgier, Größenwahn, Ellenbogenmentalität und grenzenlosem Egoismus, der für das Land besonders belastend sei. „Es wäre vieles einfacher, wenn wir einen besseren Umgang miteinander hätten“, ist sich der ehemalige Münchner IHK-Präsident sicher. Der Begriff des „ehrbaren Kaufmanns“ ist für das wirtschaftliche Handeln in seinen Augen keinesfalls überholt, ebenso wenig sind es die von Aristoteles und den Kirchenvätern hervorgehobenen klassischen vier Kardinaltugenden. So prägte sich dem Sohn die Tapferkeit seines Vaters tief ein, der das Unternehmen 1932 gegründet hatte und sich gegen den Zeitgeist zur Wehr setzt, indem er sich in der Nazi-Zeit für Juden einsetzte. Für den Pfaffenhofener Unternehmer ergibt sich daraus, dass man auch heutzutage mutig die eigene Meinung äußert. Außerdem sieht er es als eine Frage der Gerechtigkeit an, nicht immer alles nachzuplappern. Hipp beklagte, dass Personen in der Öffentlichkeit mit perfekter Planung demontiert würden. Als Beispiel für ein Maßhalten, das sogar Spaß mache, empfahl er, sich von Statussymbolen zu befreien. Und klug sei es, nach rechtem Wissen zu handeln, auch wenn es unbequem sei. Für den betrieblichen Erfolg sei ferner die Bescheidenheit wichtig, weil man schnell dazu bereit sein müsse sich zu korrigieren, wenn es darum geht, qualifizierte Entscheidungen zu treffen.

Vor über einem Jahrzehnt hat er eine Ethik-Charta in seinem Unternehmen eingeführt. „Das Wichtigste sind die Menschen, das andere kommt dann auch“, ist der Unternehmer überzeugt. Die Charta dient als Anleitung dazu, dass den Kunden nichts versprochen werden darf, was nicht gehalten werden kann, über die Konkurrenz nicht schlecht geredet werden darf, die nötigen Informationen im Betrieb frei fließen sollen, die vereinbarten Ziele für die Mitarbeiter nicht nachträglich höher gesetzt werden können, ein Auswahlkriterium für Führungskräfte ihre Fürsorge für die Mitarbeiter ist und alle zwei Jahre eine anonyme Beurteilung der Führungskräfte durch die Mitarbeiter durchgeführt wird. Mit großer Skepsis steht Prof. Hipp zu starken staatlichen oder gar planwirtschaftlichen Eingriffen in das Wirtschaftsleben und Überregulierungen gegenüber. An der Spitze einer Firma sei es einem unmöglich, die ungeheure Vielzahl an Vorschriften alle zu beobachten.

Als Hersteller von Kindernahrung legt die Firma folgerichtig besonderen Wert darauf, dass ihre Angestellten ihr Privatleben familiengerecht einrichten können. Hipp hat daher in der Ethik-Charta auch festgelegt, dass bei den Arbeitszeiten die Familie und Anforderungen der Kindererziehung besonders zu berücksichtigen sind, „damit die Eltern ihre Kinder selbst erziehen können und nicht in fremde Hände geben müssen“. Seiner Meinung nach ist die Mutter-Kind-Beziehung am Anfang so stark, dass die Mütter die Möglichkeit bekommen sollten, sich im Regelfall zumindest im ersten Lebensjahr selbst um ihr Kind kümmern zu können. Ein Umdenken in diesem Punkt „im Interesse der Kinder, die sich nicht wehren können“ scheint dem promovierten Juristen daher sinnvoll, der übrigens ein Multi-Talent ist. So wurde er an der Münchner Kunstschule Heinrich Kropp zum Meisterschüler ausgebildet, lehrt seit 2001 an der Kunstakademie im georgischen Tiflis als Professor, hat seine abstrakten Werke in New York, Paris und Kiew ausgestellt, war als Turnierreiter aktiv, trat für Curd Jürgens als Stuntman auf und spielt im Münchener Behördenorchester Oboe.

von Bernd Kreuels