Die Verkörperung der Botschaft in kollektiven sozialen Initiativen (1)

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Midtown Center, Chicago

Vom Strassenkind zum College-Studenten

In der Innenstadt von Chicago ist das Aufwachsen ein besonders schwieriges Unterfangen. Drogen und gewalttätige Jugendbanden locken die Kinder weg von ihrem oft unstabilen Zuhause. Wer in dieses Milieu gerät, bringt es im besten Fall zu einem schlecht bezahlten Job ohne Aufstiegschancen. In Chicago beendet gerade einmal die Hälfte der Schüler die High School, und nur 14 Prozent erreichen das College. Einer von drei männlichen Afroamerikanern macht Bekanntschaft mit der Kriminaljustiz und wird zu bedingtem oder unbedingtem Gefängnis verurteilt. − Angesichts dieser Situation gründete 1965 eine Gruppe von Personen, die dem Opus Dei angehören, das Midtown Center im Westen Chicagos. Das Zentrum entwickelte Programme und Aktivitäten, die die Erziehung der Jugendlichen ergänzten und zur Festigung ihres Charakters beitrugen. Später wurde eine ähnliche Initiative für Mädchen gestartet, das Metro Achievment Center. Sieben von zehn Midtown-Absolventen, von denen etwa 55 % Hispanics und 34 % Afroamerikaner sind, stammen aus Verhältnissen mit „sehr niedrigem Einkommen“. Das Zentrum hilft ihnen, sich die Gangs und die Drogen vom Leibe zu halten. Es vermittelt ihnen darüber hinaus Selbstachtung, Lebensbejahung, Hilfsbereitschaft, gute Lerngewohnheiten und eine religiöse Grundlage, wodurch sie zu spürbar besseren Mitgliedern ihrer Familie und ihrer Gesellschaft werden. Ex-Schüler Terence Howard (20): „Midtown gab meinem Leben eine Richtung. Es half mir erkennen, wer ich bin und wie ich Achtung vor mir selbst haben konnte.“ − 95 Prozent der Schüler schliessen die High School ab, 64 Prozent gehen ans College (Metro: 100 % bzw. 90 %). Heute wird Midtown von einem seiner früheren Schüler, Jim Palos, geleitet.

Universität Campus Bio-Medico, Rom

Medizinische Spitzentechnologie und Achtung vor dem kranken Menschen

Die Universität wurde im Jahre 1991 gegründet und geht auf eine Anregung von Bischof Alvaro del Portillo, dem ersten Nachfolger des heiligen Josefmaria, zurück. Sie besteht zur Zeit aus zwei Fakultäten: der Fakultät für Medizin und Chirurgie mit einer Schule für Krankenpflegepersonal und Diätassistenz, sowie der Fakultät für Ingenieurwesen, deren Absolventen für die Entwicklung von Instrumenten, Apparaten und Prozeduren für Diagnose, Therapie und Rehabilitation ausgebildet werden. Den beiden Fakultäten sind unter anderem eine universitäre Poliklinik, ein poliambulantes Zentrum und ein Forschungszentrum angeschlossen; ausserdem existiert eine Schule für Management und Innovation im Gesundheitssektor. Auf wissenschaftlicher Ebene legt man Wert darauf, dass sich das Personal angemessen in der Forschung engagiert. Teamarbeit wird grossgeschrieben, denn so können die Sachkompetenzen der jeweils verschiedenen Spezialgebiete optimal zusammenwirken. Hauptziel des Campus Bio-Medico ist jedoch die Bildung von beruflich kompetenten Ärzten und Krankenpfleger/innen, die auf die ethischen Problemstellungen vorbereitet sind und ihre Spitzentechnologie anwenden, ohne dabei die Realität des kranken Menschen und die Bedeutung des Leidens aus den Augen zu verlieren. Im Zentrum ihrer Aufmerksamkeit soll nicht bloss die Krankheit stehen, sondern auch und vor allem der kranke Mensch selbst. Daraus ergibt sich eine unbedingte Achtung vor dem Recht des Patienten auf seine Identität und seine körperliche, spirituelle und emotionale Privatsphäre.

La Veguilla, Madrid

Geistig Behinderte bestreiten ihren Lebensunterhalt

1982, im Jahr der Behinderten, las José Alberto Torres einige Texte des heiligen Josefmaria Escrivá mit neuen Augen, nämlich vor dem Hintergrund eines Erziehungszentrums für geistig behinderte Kinder, das von betroffenen Eltern gegründet worden war. Das Zentrum funktionierte, aber ein Problem konnte es nicht lösen: Wie sollte es mit diesen Kindern weitergehen, wenn sie einmal aus der Schule kamen? „Damals“, berichtet Torres, „war viel von ‚Beschäftigungstherapie' die Rede. Sie beschränkte sich auf eben dies: auf eine Therapie, auf eine blosse Linderung der Folgen einer Krankheit. Ich war aber überzeugt, dass Gott auch diese Menschen zur Heiligkeit beruft, und so wollte ich sie entdecken lassen, dass sie in ihrer Tätigkeit Gott finden und sich in den Dienst der anderen stellen konnten.“ Torres' Wunsch hat konkrete Gestalt angenommen in La Veguilla, einem Beschäftigungszentrum für geistig Behinderte in einem Aussenquartier von Madrid. Die Behinderten sind auf den Gebieten der Gärtnerei, der Keramikherstellung, der Schreinerei und der Näharbeit tätig. Darüber hinaus werden in einem Labor unter optimalen Ertragsbedingungen Millionen von Pflanzen in vitro kultiviert, und auch hier leisten die Behinderten den grössten Teil der Arbeit. Heute erwirtschaftet das Unternehmen Gewinn. Es bietet rund 70 Behinderten einen Arbeitsplatz; diese erhalten einen Lohn und sind nach dem allgemeinen Arbeitsgesetz versichert. Nicht alle hatten das für möglich gehalten. „Es ist doch absurd zu behaupten, dass mein Sohn eines Tages für seinen Lebensunterhalt aufkommen wird!“, meinte einmal der Vater eines Behinderten. Heute ist sein Sohn nicht nur wirtschaftlicher Selbstversorger, er besitzt auch einen festen Arbeitsvertrag. Andere mit derselben Krankheit sind sogar in der Lage, ihre Familie zu unterstützen. − Inzwischen denkt man wieder einen Schritt weiter: Geplant sind Altersheime für Behinderte, die aus dem Arbeitsprozess ausscheiden.