Die Taufe ist mehr als die Feier der Namensgebung

Interview mit dem Rektor der Wiener Peterskirche, Dr. Christian Spalek

WIEN - Bei der Taufe geht es um weit mehr als nur die Namensgebung: Die Taufe reinigt nicht nur „von allen Sünden, sondern macht den Neugetauften zugleich zu einer neuen Schöpfung, zu einem Adoptivsohn Gottes“, heißt es mit Worten des Apostels Paulus im Katechismus der Katholischen Kirche.

Um den Sinn für den Wert der eigenen Taufe immer wieder neu zu schärfen, empfiehlt der Rektor derPeterskirche in der Wiener Innenstadt die regelmäßige Beichte. Der Opus-Dei-Priester Dr. Christian Spalek ist auch Religionsprofessor am Theresianum.

ZENIT: Das Fest der Taufe des Herrn lädt dazu ein, über die eigene Taufe nachzudenken: Welchen Unterschied macht sie eigentlich?

Dr. Spalek: Die Taufe des Herrn war eine Taufe der Umkehr. In der theologischen Fachsprache könnte man sie mit einem „Sakramentale“ vergleichen, während die Taufe der Christen diese zu Adoptivkindern des Dreifaltigen Gottes macht, ihren Seelen die drei göttlichen Tugenden (Glaube, Hoffnung und Liebe) einflößt und in ihnen das geistige Prägemal, den Charakter, hinterlässt.

ZENIT: „Priester, Prophet, König“: Lässt sich das wirklich von jedem Christen sagen? Inwiefern ist das beim Getauften Tatsache, inwiefern Auftrag? Und was heißen diese drei Begriffe ganz konkret im Alltag?

Dr. Spalek: Bei der Salbung mit Chrisam während der Taufe wird diese Formulierung verwendet. Für einen Getauften kommt es somit darauf an, als Mitglied des allgemeinen Priestertums danach zu handeln: Menschen zu Gott zu führen (Verkündigung, Apostolat); Menschen zu segnen (Eltern die Kinder); an der Heiligung anderer durch die Spendung der Sakramente mitzuwirken, die Ehe; Gott wohlgefällige geistige Opfergaben, zum Beispiel die berufliche Arbeit, darzubringen.

ZENIT: Was ist mit denen, die nicht getauft sind? Leben sie fern von Gott? Müssen sie getauft werden, ehe sie in den Himmel kommen können?

Dr. Spalek: Die Kirche gehört zum „Reich der Mittel“. Gott hat diesen Weg für uns vorgesehen. Kein Mensch darf bei seinem Handeln behaupten, die Taufe wäre nicht notwendig zum Heil. Aber die Freiheit Gottes selbst, Menschen das Heil zukommen zu lassen, ist damit nicht ausgeschöpft.

ZENIT: Wird die Taufe banalisiert, lebt mitunter der Aberglaube neu auf. Was ist Ihre Erfahrung diesbezüglich?

Dr. Spalek: Wenn während der Tauffeier vor allem von der Feier der Namensgebung gesprochen wird, sind die persönliche Heilung durch die Taufe – die Heilung unserer gnadenberaubten Natur –, die Eingliederung in den mystischen Leib Christi, die Kirche, und die Einwohnung des Allerheiligsten Dreifaltigkeit eindeutig in den Hintergrund getreten.

ZENIT: Die Kirche empfiehlt ausdrücklich die Kindertaufe. Dennoch kommt es immer häufiger vor, dass Eltern warten, bis ihre Kinder groß sind, damit diese sich „in Freiheit“ entscheiden können. Tut man ihnen damit wirklich etwas Gutes? Was ist wahre Freiheit?

Dr. Spalek: Diese Eltern geben nicht ihre Achtung vor der Freiheit der Kinder weiter, sondern ihr Misstrauen gegenüber dem Glauben. Die Freiheit des Menschen ist nur unter Voraussetzungen ausübbar: das Geschlecht, die Sprache, das familiäre Milieu und selbstverständlich der Glaube. Die Grundfrage lautet: Wird ein Mensch durch konkrete Voraussetzungen zur Freiheitsausübung befähigt, oder wird er auf Grund menschenunwürdiger Voraussetzungen in seiner Freiheitsausübung eingeschränkt?

Ich tue mir persönlich sehr schwer mit Katholiken, die der Meinung sind, dass der Glaube für ihre Kinder eine menschenunwürdige Voraussetzung für deren Freiheitsausübung sei. Freiheit kann nur die Freiheit der Kinder Gottes von der Sünde sein. Sünde ist die radikalste Entfremdung des Menschen von seinem Freiheitsziel, das wahre Glück, das gelungene Leben eines Kindes Gottes.

ZENIT: Wie lässt sich der Sinn für den Wert der eigenen Taufe wiederentdecken?

Dr. Spalek: Durch die regelmäßige Beichte, denn diese stellt die Erneuerung der Taufgnade dar.

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