Die Scheu vor der Beichte

Gespräch mit Christian Spalek, Opus-Dei-Priester

"Ja, es gibt eine Kirchenkrise. Aber jede Krise birgt auch eine Chance. Ein Katholik heute ist Katholik, weil er es sein will. Es ist nicht mehr eine Frage der Konvention, sondern eine sehr persönliche, freiwillige Entscheidung. Der Glaube wird, wenn er gelebt wird, viel entschiedener, viel bewusster gelebt."

Für Christian Spalek, einen gelernten Betriebswirt, heute Religionslehrer am Wiener Theresianum und Studentenseelsorger, steht die Kirche vor zwei Polen - Gott und den Menschen. Man dürfe die Krise nicht nur soziologisch sehen, sondern müsse immer auch mit Gott rechnen: "Die Krise heute bedeutet: Katholiken werden viel mehr dazu gedrängt, Verantwortung zu übernehmen, auch für die Glaubensweitergabe." Funktioniert die Glaubensweitergabe? Spalek: "Die Voraussetzungen, die Strukturen sind da. Der Religionsunterricht ist ein sehr wichtiger Ort dafür. Als Lehrer sehe ich, dass sich gerade nonkonformistische Jugendliche die Botschaft Jesu ganz genau anschauen. Und wenn sich von denen welche dafür entschieden haben, so gibt es ein Potenzial, das die Umgebung prägen kann. Ich erlebe das im Opus Dei seit langem."

Bekommen die Menschen heute vom Religionsunterricht zu wenig mit? "Es kann schon passieren, dass die Leute zu wenig wissen. Aber ich muss zur Rettung des Religionsunterrichtes sagen, das Umfeld ist um vieles schwieriger geworden. Die Anforderungen an den Lehrer sind beachtlich, weil er mit Kindern oder Jugendlichen zu tun hat, die oft eine sehr geringe religiöse Praxis mitbringen. Für dieses Umfeld leistet der Religionsunterricht sehr viel."

Bei den Sakramenten "müsste noch viel deutlicher klargemacht werden, dass das Sakrament eine Berührung durch Jesus Christus ist. Bei der Vorbereitung auf die Firmung werde sehr viel getan, damit das Sakrament auch verstanden wird. Beim Sakrament der Ehe würde ich sehr viel Wert auf eine Ehebegleitung legen, dass man unterstreicht, dass die Ehe ein Weg der Heiligung ist." Die

zunehmende Scheu vor der Beichte bedeutet für Spalek einen "Verlust des Bewusstseins der Erlösungsbedürftigkeit". Es stimme, dass in vielen Kirchen die Zahl der Beichten zurückgegangen ist, aber in manchen, etwa in Wien im Stephansdom oder in der vom Opus Dei betreuten Peterskirche, nehme sie zu.

DER STANDARD, Wien