Bethlehem, das Feld der Hirten

In dieser Gegend hütete David die Herden seines Vaters, als Samuel ihn zum König salbte und drei Generationen vor ihm seine Urgroßmutter Rut hinter den Sensenmännern des Booz Weizen und Gerste erntete. Jahrhunderte später, als der Zeitpunkt der Ankunft des Sohnes Gottes gekommen war, fand dort die erste Verkündigung der Geburt Jesu statt.

Spuren unseres Glaubens

Wege durch das Heilige Land

Bethlehem und seine Umgebung liegen in einem sanften Hügelland Auf einigen Berghängen hat man terrassenförmig Olivenbäume angebaut. In den Tälern sind die ebenen Gegenden aufgeteilt in Acker- und Brachland; aus diesem wird schnell ein mit einer typisch mediterranen Flora gesprenkeltes Felsenland mit Pinienbäumen, Zypressen und unterschiedlichen Buschpflanzen.

Kirche des <i>Gloria in excelsis Deo</i>, in Siyar el-Ghanam. Firma: Alfred Driessen.

In dieser Gegend hütete David die Herden seines Vaters, als Samuel ihn zum König salbte (vgl. 1 Sam 16, 1-13) und drei Generationen vor ihm seine Urgroßmutter Rut hinter den Sensenmännern des Booz Weizen und Gerste erntete (vgl. Rut 2, 1-17). Jahrhunderte später, als der Zeitpunkt der Ankunft des Sohnes Gottes gekommen war, fand dort die erste Verkündigung der Geburt Jesu statt: “ In jener Gegend lagerten Hirten auf freiem Feld und hielten Nachtwache bei ihrer Herde. Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie. Sie fürchteten sich sehr, der Engel aber sagte zu ihnen: Fürchtet euch nicht, denn ich verkünde euch eine große Freude, die dem ganzen Volk zuteil werden soll: Heute ist euch in der Stadt Davids der Retter geboren; er ist der Messias, der Herr. Und das soll euch als Zeichen dienen: Ihr werdet ein Kind finden, das, in Windeln gewickelt, in einer Krippe liegt"(Lk 2, 8-12).

Obwohl das Weihnachtsevangelium keine genaue Identifizierung des Ortes zulässt, an dem die Erscheinung stattfand, situierten die Christen sie sofort zwei bis drei Kilometer von Bethlehem entfernt, wo heutzutage das Dorf Bet Sahur liegt, "das Haus der Wächter”. Der hl. Hieronymus erwähnt es (vgl. [teilweise] hl. Hieronymus, Epistola CVIII Epitaphium Sanctae Paulae, 10) und assoziiert es mit dem biblischen Ort Migdaléder -"Ader-Turm” oder "Turm der Herde”-, wo Jakob nach dem Tode Rachels sein Zeltlager aufschlug (vgl. Gen 35, 21). In der byzantinischen Epoche wurde dort im 4. oder 5. Jahrhundert eine Wallfahrtskirche im Andenken an die Hirten erbaut. Die Kirche Jerusalems feierte hier am Heiligabend eine Messe und verehrte auch die Grotte. Es gab ebenfalls ein Kloster, aber von diesem waren nur noch Ruinen übrig, als die Kreuzritter ankamen.

Jahrhunderte später, in der Moderne, bewahrten zwei verschiedene Orte des Dorfes Bet Sahur das Andenken an die alten Traditionen. Der erste war als Der er-Ruat bekannt und lag im westlichen Teil des Dorfes, der sich fast in einen Vorort Bethlehems verwandelt hatte. Dort gab es Reste einer kleinen byzantinischen Wallfahrtskirche. In der Gegenwart gibt es in diesem Gebiet eine orthodoxe Kirche, die 1972 erbaut wurde, und die katholische Pfarrei, die 1951 zu Ehren der Mutter Gottes von Fatima und der hl. Theresia von Lisieux errichtet wurde.

Der zweite Ort liegt fast einen Kilometer weiter nach Nordosten entfernt und befand sich im Ort Siyar el-Ghanam, dem "Hirtenfeld”. Auf einer Seite eines Hügels gibt es viele natürliche Grotten, und ein Grundstück mit Ruinen wurde im 19. Jahrhundert von den Franziskanern erworben. Die durchgeführten Ausgrabungen zwischen 1951 und 1952, die eine Fortführung von denen im Jahr 1859 waren, brachten zwei Klöster ans Licht, die vom 4. bis 8. Jahrhundert bewohnt gewesen waren. Die Kirche des ersten Klosters war im 6. Jahrhundert zerstört und an gleicher Stelle wieder aufgebaut worden, wenngleich mit einer leichten Verschiebung der Apsis nach Osten, was einen Bezug zu einer speziellen Erinnerungsstätte andeutet. Der Klosterkomplex bestand aus zahlreichen Einrichtungen, die der Landwirtschaft gewidmet waren und die Höhlen der Umgebung einbezogen: Pressen, Tröge, Silos, Zisternen... Diese scheinen bereits zu Jesu Zeiten benutzt worden zu sein, wie man aus dem Fund von Keramikteilen aus der Epoche des Herodes schließen kann.

Überreste der Klöster auf dem Feld der Hirten. Firma: Leobard Hinfelaar.

Es sind auch Überreste eines Wachturmes erhalten. Über einen Felsen, der sich über diese Ruinen des sogenannten Hirtenfeldes erhebt, errichtete die Kustodia des Heiligen Landes zwischen 1953 und 1954 die Wallfahrtskirche Gloria in excelsis Deo, in der der ersten Verkündigung der Geburt Jesu gedacht wird. Sie liegt hinter einem mit Platten belegten Weg, der von Pinien und Zypressen umrahmt ist. Der Blick von außen auf den zehneckigen Grundriss und die geneigten Mauern sollen an ein Nomadenzelt erinnern. Im Inneren erhebt sich in der Mitte ein Altar. An den Wänden werden an den drei Apsiden Szenen aus dem Evangelium wiedergegeben: die himmlische Erscheinung, nach Bethlehem eilende Hirten und die Anbetung des Kindes. Der Lichtstrahl, der durch die Glaskuppel dringt, erinnert an den, der jene Hirten umfing. Zehn Engelsfiguren dekorieren nebst ihrem Gesang den Tambour: gloria in altissimis Deo et in terra pax hominibus bonæ voluntatis (Lk 2, 14).

Am 19. März 1994 hielt sich Álvaro del Portillo, der erste Nachfolger des hl. Josefmaria, während seiner Pilgerreise durch das Heilige Land in Bethlehem auf. Der ergreifendste Moment war die Feier der heiligen Messe in der Geburtsgrotte. Am Morgen hatte er zuvor auf der Autofahrt nach Jerusalem mit dem Gebet begonnen und sich hierfür auf die Geschichte von Lukas über die Geburt Jesu gestützt. Er las sie auf Bet Sahur, dem Hirtenfeld, zu Ende, wo er auch die Ruinen besuchte, die dort verehrt werden.

Zehn Engel umringen die Stütze der Kuppel. Firma: Berthold Werner (Wikimedia Commons).

Das himmlische Heer

Als die Hirten die ihnen verkündete Botschaft hörten, erschienen plötzlich neben dem Engel, umhüllt in eine Lichtwolke, Heerscharen von Engeln, die Gott priesen: "Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade"(Lk 2, 13-14).

Benedikt XVI hebt bei der Betrachtung dieser Stelle hervor: "Für die Christenheit war von Anfang an klar, dass das Sprechen der Engel ein Singen ist, in dem der ganze Glanz der großen Freude, die von ihnen verkündet wurde, spürbar Gegenwart wird. Und so ist der Lobgesang der Engel von jener Stunde an nicht mehr verstummt" (Joseph Ratzinger/Benedikt XVI, Die Kindheitsgeschichten, S. 82).

In besonderer Weise ertönt jener Chor über die Jahrhunderte hinweg im Hymnus des Gloria, den die Kirche bereits sehr früh in die Liturgie einbezog.

In besonderer Weise ertönt jener Chor über die Jahrhunderte hinweg im Hymnus des Gloria, den die Kirche bereits sehr früh in die Liturgie einbezog. "Den Worten der Engel wurden seit dem 2. Jahrhundert einige Anrufungen hinzugefügt: »Wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich an, wir rühmen dich und danken dir, denn groß ist deine Herrlichkeit« und später noch weitere: »Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters, du nimmst hinweg die Sünde der Welt …«, bis sich ein großer Lobgesang herausgebildet hatte, der zum ersten Mal in der Weihnachtsmesse und dann an allen Festtagen gesungen wurde. Das Gloria wurde am Beginn der Eucharistiefeier eingefügt und soll die Kontinuität unterstreichen, die zwischen der Geburt und dem Tod Christi besteht, zwischen Weihnachten und Ostern, die nicht voneinander trennbare Aspekte ein- und desselben Heilsgeheimnisses sind." (Benedikt XVI, Generalaudienz, 27. Dezember 2006).

Wenn wir das Gloria während der hl. Messe an den liturgisch vorgesehenen Tagen rezitieren oder singen, sollte jeder diese Geheimnisse präsent haben, in denen wir betrachten, wie Christus Mensch geworden ist, um den Willen Gottes zu erfüllen, uns die Liebe Gottes zu uns zu offenbaren, uns zu erlösen und in uns die Berufung zu Kindern Gottes wiederherzustellen (vgl. Katechismus der Katholischen Kirche, 516-518). Wenn wir uns aufrichtig dem Lobpreis der Engel anschließen, und zwar nicht nur mit Worten, sondern mit unserem ganzen Leben, werden wir in uns den Wunsch nähren, Christus nachzuahmen und ebenfalls Gottes Willen zu erfüllen und ihm Ehre zu geben.

Ehre sei Gott in der Höhe und Frieden den Menschen guten Willens. "In euren Herzen walte der Frieden Christi (Kol 3,15), heißt es beim heiligen Paulus. Es ist der Frieden zu wissen, dass Gott, unser Vater, uns liebt, dass wir Christus einverleibt, durch Unsere Liebe Frau beschützt und durch den heiligen Josef beschirmt sind. Dies ist das mächtige Licht, das unser Leben erhellt und uns ermutigt, in allen Schwierigkeiten und persönlichen Schwächen weiterzugehen." (Christus begegnen, 22).

Auf der Vorderseite des Altars erinnert eine Inschrift an den Beitrag Kanadas zur Errichtung des Heiligtums. Firma: Jamie Lynn Ross (Flickr).

"Die Formel, der Schlüssel für das irdische Glück und ewige Heil stehen mir zweifelsfrei vor Augen: Sich nicht bloß mit dem Willen Gottes abfinden, sondern sich ihn zu eigen machen, sich mit ihm identifizieren, kurz: mit einem klaren Willensentschluss das wollen, was Gott will. Ich wiederhole: Das ist der nie versagende Schlüssel zu Freude und Frieden." (Im Feuer der Schmiede, 1006).

"Ich erzählte dir einmal, wie sogar Ungetaufte bewegt waren und sagten: Ja, ich begreife es: Ein Mensch, der heiligmäßig lebt, kann nicht anders als glücklich sein, denn er sieht die Dinge nicht auf irdische Weise, sondern im Lichte der Ewigkeit. Dann fügte ich hinzu: Hoffentlich hast auch du diese Sicht der Dinge, damit du deiner Auserwählung durch die Allerheiligste Dreifaltigkeit entsprichst." (Im Feuer der Schmiede, 1017).

Nachdem die Hirten die frohe Botschaft der Engel gehört hatten, “eilten sie hin und fanden Maria und Josef und das Kind, das in der Krippe lag. Als sie es sahen, erzählten sie, das ihnen über dieses Kind gesagt worden war. Und alle, die es hörten, staunten über die Worte der Hirten.” (Lk 2, 15-18).

Es scheint logisch, dass die Hirten sich eilends aufmachten, denn ohne es zu erwarten, waren sie plötzlich zu Zeugen eines historischen Ereignisses geworden. Im geistlichen Leben und im Apostolat fordert es die Fügsamkeit gegenüber den Eingebungen des Heiligen Geistes, die Gelegenheiten wahrzunehmen, die sich unerwartet ergeben; und dieses Drängen belastet uns nicht im Geringsten, sondern ist Ausdruck der Liebe: "Arbeitet man einzig und allein zur Ehre Gottes, dann geschieht alles einfach und natürlich. Es ist, als ob man es eilig hätte und sich nicht mit großen "Demonstrationen" aufhalten könnte, damit der einmalige, unvergleichliche Umgang mit dem Herrn nicht verloren geht..." (Die Spur des Sämanns, 555).

In den Apsiden sind die wichtigsten Szenen der Abschnitte aus dem Evangelium dargestellt. Firma: Berthold Werner (Wikimedia Commons).

Diese Erzählung des Evangeliums, die sich in Bethlehem und Umgebung abspielt, endet mit der Freude der Hirten: “Die Hirten kehrten zurück, rühmten Gott und priesen ihn für das, was sie gehört und gesehen hatten; denn alles war so gewesen, wie es ihnen gesagt worden war.” (Lk 2, 20). Aber vorher enthüllt Lukas ein wichtiges Detail: “Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach” (Lk 2, 19). Versuchen wir, sie auch darin nachzuahmen, indem wir den Umgang mit dem Herrn suchen und mit Ihm ein liebendes Gespräch führen über alles, was uns beschäftigt, selbst über winzige Begebenheiten. Vergessen wir nicht, dass sie erwogen, gewertet, mit gläubigen Augen gesehen werden sollen, damit wir in ihnen den Willen Gottes entdecken. (Freunde Gottes, 285)

Weitere Informationen:

Video der "Wächter des Heiligen Landes" über Bethlehem

Webseite der "Wächter des Heiligen Landes" über das Feld der Hirten