22. Das Sakrament der Buße (1)

Christus hat das Sakrament der Buße eingesetzt und bietet so die Möglichkeit, uns zu bekehren und nach der Taufe die Gnade der Rechtfertigung wieder zu erlangen.

1. Der Kampf gegen die Sünde nach der Taufe

1.1. Notwendigkeit der Bekehrung

Auch wenn die Taufe jede Sünde tilgt, uns zu Kindern Gottes macht und den Menschen instandsetzt, das Geschenk der himmlischen Herrlichkeit zu empfangen, bleiben wir trotzdem unser Leben lang der Gefahr ausgesetzt, in die Sünde zu fallen; niemand ist vom Kampf gegen die Sünde ausgenommen, wir fallen häufig. Jesus hat uns im Vaterunser gelehrt zu beten: „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern“, und dies nicht nur ab und zu, sondern Tag für Tag, sehr häufig. Der hl. Apostel Johannes sagt: „Wenn wir sagen, dass wir keine Sünde haben, führen wir uns selbst in die Irre, und die Wahrheit ist nicht in uns“ (1 Joh 1, 8). Und die neubekehrten Christen in Korinth wurden vom hl. Paulus ermahnt: „Wir bitten an Christi Statt: Lasst euch mit Gott versöh­nen!“ (2 Kor 5, 20).

Somit ist der Aufruf Jesu zur Bekehrung: „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um, und glaubt an das Evangelium!“ (Mk 1, 15) nicht nur an jene gerichtet, die ihn noch nicht kennen, sondern an alle Christen; auch sie sind aufgefordert, sich zu bekehren und ihren Glauben zu verlebendigen. „Die zweite Umkehr ist eine fortwährende Aufgabe für die ganze Kirche“ (KKK, 1428).

1.2. Die innere Buße

Die Umkehr beginnt in unserem Inneren. Wenn sie auf Äußerlichkeiten beschränkt bleibt, handelt es sich nicht um wahre Bekehrung. Der Mensch kann sich von der Sünde, insofern sie Beleidigung Gottes ist, nur durch eine sittlich gute Handlung abwenden, einen Tugendakt, mit dem er sein Zuwiderhandeln gegen den Willen Gottes bereut und aktiv diese Unordnung mit allen ihren Folgen zu tilgen sucht. Darin besteht die Tugend der Buße.

„Innere Buße ist radikale Neuausrichtung des ganzen Lebens, Rückkehr, Umkehr zu Gott aus gan­zem Herzen, Verzicht auf Sünde, Abwendung vom Bösen, verbunden mit einer Abneigung gegen die bösen Taten, die wir begangen haben. Gleichzeitig bringt sie das Verlangen und den Entschluss mit sich, das Leben zu ändern, sowie die Hoffnung auf das göttliche Erbarmen und das Vertrauen auf seine Gnadenhilfe“ (KKK, 1431).

Buße ist nicht bloßes Menschenwerk, innere Neuausrichtung als Frucht einer starken Selbstüberwindung, Ergebnis gründlicher Selbsterkenntnis und energischer Willensentscheidungen. „Die Umkehr ist zunächst Werk der Gnade Gottes, der unsere Herzen zu sich heimkehren lässt: ‚Kehre uns, Herr, dir zu, dann können wir uns zu dir bekehren‘ (Klgl 5,21). Gott gibt uns die Kraft zu einem Neubeginn“ (KKK, 1432).

1.3. Die vielfältigen Formen der Buße im christlichen Leben

Die Umkehr entspringt zwar dem Herzen, aber sie bleibt nicht auf das Innere des Menschen beschränkt, sondern äußert sich in Werken, an denen der ganze Mensch, Leib und Seele, mitwirkt. Unter diesen Werken stehen an erster Stelle jene, die mit der sakramentalen Feier der Eucharistie und der Buße verbunden sind, die Jesus Christus eingesetzt hat, damit wir im Kampf gegen die Sünde siegreich sind.

Darüber hinaus kann der Christ in vielen anderen Formen sein Verlangen nach Umkehr in die Tat umsetzen: „Die Schrift und die Väter sprechen hauptsächlich von drei Formen: Fasten, Beten und Almosengeben [Vgl. Tob 12,8; Mt 6,1-18] als Äußerungen der Buße gegenüber sich selbst, gegenüber Gott und gegenüber den Mitmenschen“ (KKK, 1434). Unter diese drei Formen kann man in gewissem Sinn alle Werke subsummieren, durch die wir uns von der Unordnung der Sünde abwenden können.

Unter Fasten ist nicht nur die maßvolle Zurückhaltung bei der Nahrungsaufnahme gemeint, sondern auch jeder andere Verzicht auf einen körperlichen Genuss in der Absicht, uns dem zu widmen, worum uns Gott zum Wohl des Nächsten und zu unserem eigenen Nutzen bittet. Unter Gebet können wir jede Ausrichtung unserer geistigen Fähigkeiten – Verstand, Wille, Gedächtnis – auf die Vereinigung mit unserem Vater Gott in einer familiären, innigen Unterhaltung verstehen. Und Almosen bedeutet in Bezug auf die Mitmenschen nicht nur Spenden von Geld oder Sachgütern für Bedürftige, sondern auch andere Arten des Gebens: Widmung der eigenen Zeit; Sorge um die Kranken; denen, die uns beleidigt haben, verzeihen; jemandem die nötige Zurechtweisung für eine Verfehlung erteilen; einen Leidenden trösten, und viele andere Äußerungen der Hingabe an den Nächsten.

Die Kirche legt uns Werke der Buße besonders zu bestimmten Zeiten und Anlässen nahe, die uns außerdem dazu anleiten sollen, mehr Solidarität mit unseren Brüdern und Schwestern im Glauben zu üben. „Die Bußzeiten und -tage im Laufe des Kirchenjahres (die Fastenzeit, jeder Freitag zum Gedächtnis des Todes des Herrn) sind prägende Zeiten im Bußleben der Kirche“ (KKK 1438).

2. Das Sakrament der Buße und Vergebung

2.1. Christus hat dieses Sakrament eingesetzt

„Christus hat das Bußsakrament für alle sündigen Glieder seiner Kirche eingesetzt, vor allem für jene, die nach der Taufe in schwere Sünde gefallen sind und so die Taufgnade verloren und die kirchliche Gemeinschaft verletzt haben. Ihnen bietet das Sakrament der Buße eine neue Möglichkeit, sich zu bekehren und die Gnade der Rechtfertigung wiederzuerlangen“ (KKK, 1446).

Jesus hat während seines öffentlichen Lebens nicht nur die Menschen zur Buße aufgerufen, sondern die Sünder angenommen und mit dem Vater versöhnt [1]. „Als Christus den Aposteln den Heiligen Geist spendete, übertrug er ihnen seine göttliche Vollmacht, Sünden zu vergeben: ,Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert‘ (Joh 20, 22-23)“ (KKK, 976). Es ist eine Vollmacht, die an die Bischöfe weitergegeben wird, die als Nachfolger der Apostel Hirten der Kirche sind, und an die Presbyter, die ebenso Priester des Neuen Bundes und kraft des Weihesakraments Mitarbeiter der Bischöfe sind. „Christus hat gewollt, dass seine Kirche als ganze in ihrem Gebet, ihrem Leben und Handeln Zeichen und Werkzeug der Vergebung und Versöhnung sei, die er uns um den Preis seines Blutes erworben hat. Er hat jedoch die Ausübung der Absolutionsgewalt dem apostolischen Amt anvertraut“ (KKK, 1442).

2.2. Bezeichnungen dieses Sakraments

Sakrament der Versöhnung, denn es schenkt dem Sünder die versöhnende Liebe Gottes“ (KKK, 1424); „Sakrament der Beichte, denn das Geständnis, das Bekenntnis der Sünden vor dem Priester, ist ein wesentliches Element dieses Sakramentes“ (ebd.); „Sakrament der Vergebung, Das Sakrament hat verschiedene Namen, je nachdem welcher Aspekt betont werden soll. „Man nennt es Sakrament der Buße, weil es einen persönlichen und kirchlichen Schritt der Umkehr, der Reue und Genugtuung des sündigen Christen darstellt“ (KKK, 1423). „Man nennt es denn durch die sakramentale Lossprechung des Priesters gewährt Gott dem Beichtenden Verzeihung und Frieden" (ebd.); „Sakrament der Umkehr, denn es vollzieht sakramental die Umkehr, zu der Jesus aufruft“ (KKK, 1423).

2.3. Sakrament der Versöhnung mit Gott und mit der Kirche

Diejenigen, die „zum Sakrament der Buße hinzutreten, erhalten für ihre Gott zugefügten Beleidigungen von seiner Barmherzigkeit Verzeihung und werden zugleich mit der Kirche versöhnt, die sie durch die Sünde verwundet haben und die zu ihrer Bekehrung durch Liebe, Beispiel und Gebet mitwirkt“ (Lumen gentium, 11).

„Die Sünde ist eine Gott zugefügte Beleidigung, die die Gemeinschaft mit ihm zerstört. Daher ‚zielt‘ die Buße ‚letztlich darauf hin, dass wir Gott lieben und uns ihm ganz anvertrauen‘. Darum kehrt der Sünder, der sich durch die Gnade des barmherzigen Gottes bewegen lässt und Buße tut, zum Vater zurück, der ‚uns zuerst geliebt hat‘, er kehrt zurück zu Christus, der sich für uns hingegeben hat, und zum Heiligen Geist, der uns in reichem Maß geschenkt ist“ [2].

„‘Außerdem sind aufgrund der verborgenen und gnädigen Ordnung des Heiles alle Menschen durch übernatürliche Bande miteinander verknüpft, so dass die Sünde des einzelnen auch den übrigen schadet, ebenso wie ihnen die Heiligkeit des einzelnen zugutekommt‘; deshalb führt die Buße immer auch zur Versöhnung mit den Brüdern, denen die Sünde schadet“ [3].

2.4. Die wesentlichen Elemente des Bußsakraments

„Wesentlich sind zwei Elemente: das Handeln des Menschen, der sich unter dem Walten des Heiligen Geistes bekehrt, und die Lossprechung durch den Priester, der im Namen Christi die Vergebung schenkt und die Art der Genugtuung bestimmt“ (Kompendium, 302).

3. Die Akte des Pönitenten

Die Akte des Pönitenten sind „das Handeln des Menschen, der sich unter dem Walten des Heiligen Geistes bekehrt, nämlich Reue, Bekenntnis und Genugtuung“ (KKK, 1448).

3.1. Die Reue

„Unter den Akten des Pönitenten steht die Reue an erster Stelle. Sie ist ‚der Seelenschmerz und der Abscheu über die begangene Sünde, verbunden mit dem Vorsatz, fortan nicht zu sündigen‘“ (KKK, 1451) [4].

„Wenn die Reue aus der Liebe zu Gott, der über alles geliebt wird, hervorgeht, wird sie ‚vollkom­mene‘ oder ‚Liebesreue‘ (contritio) genannt. Eine solche Reue lässt die lässlichen Sünden nach; sie erlangt auch die Vergebung der Todsünden, wenn sie mit dem festen Entschluss verbunden ist, so­bald als möglich das sakramentale Bekenntnis nachzuholen“ (KKK, 1452).

„Die sogenannte ‚unvollkommene Reue‘ (attritio) ist ebenfalls ein Geschenk Gottes, ein Anstoß des Heiligen Geistes. Sie erwächst aus der Betrachtung der Abscheulichkeit der Sünde oder aus der Furcht vor der ewigen Verdammnis und weiteren Strafen, die dem Sünder drohen (Furchtreue). Eine solche Erschütterung des Gewissens kann eine innere Entwicklung einleiten, die unter dem Wirken der Gnade durch die sakramentale Lossprechung vollendet wird. Die unvollkommene Reue allein erlangt noch nicht die Vergebung der schweren Sünden; sie disponiert jedoch dazu, sie im Bußsakrament zu erlangen“ (KKK, 1453).

„Es ist angemessen, sich durch eine Gewissenserforschung im Licht des Wortes Gottes auf den Empfang des Bußsakramentes vorzubereiten. Die passendsten Texte finden sich im Dekalog und in den sittlichen Weisungen der Evangelien und der Apostelbriefe: in der Bergpredigt und den Mahnungen der Apostel“ (KKK, 1454).

3.2. Das Bekenntnis der Sünden

„Das Geständnis vor dem Priester bildet einen wesentlichen Teil des Bußsakramentes: ‚Von den Büßenden [müssen] alle Todsünden, derer sie sich nach gewissenhafter Selbsterforschung bewusst sind, im Bekenntnis aufgeführt werden ...‚ auch wenn sie ganz im Verborgenen und nur gegen die zwei letzten Vorschriften der Zehn Gebote begangen wurden (vgl. Ex 20,17; Dtn 5,21; Mt 5,28); manchmal verwunden diese die Seele schwerer und sind gefährlicher als die, welche ganz offen begangen werden‘“ (KKK, 1456) [5].

„Das vollständige Sündenbekenntnis und die Lossprechung des Einzelnen sind nach wie vor der einzige ordentliche Weg der Versöhnung der Gläubigen mit Gott und der Kirche, es sei denn, dass ein solches Sündenbekenntnis physisch oder moralisch unmöglich ist“ [6]. Das Schuldbekenntnis entspringt ehrlicher Selbsterkenntnis im Angesicht Gottes, die Frucht der Gewissenserforschung ist, und aus der Reue über die eigenen Sünden. Es ist weit mehr als ein menschliches Sich-Aussprechen. „Die sakramentale Beichte ist kein menschlicher Dialog, sondern ein Gespräch mit Gott“ [7].

Mit dem Sündenbekenntnis unterwirft sich der bußfertige Christ dem Urteil, das Jesus Christus durch den Priester fällt, der dem Beichtenden Bußwerke auferlegt und ihn von den Sünden losspricht. Der Beichtende bekämpft die Sünde mit den Waffen der Demut und des Gehorsams.

3.3. Die Genugtuung

„Die Lossprechung nimmt die Sünde weg, behebt aber nicht alles Unrecht, das durch die Sünde verursacht wurde. Nachdem der Sünder sich aus der Sünde erhoben hat, muss er noch die volle geistliche Gesundheit erlangen. Er muss noch etwas tun, um seine Sünden wiedergutzumachen: er muss auf geeignete Weise für seine Sünden ‚Genugtuung leisten‘, sie ‚sühnen‘. Diese Genugtuung wird auch ‚Buße‘ genannt“ (KKK, 1459).

Bevor der Beichtvater die Lossprechung erteilt, trägt er dem Beichtenden ein Bußwerk auf, das dieser annehmen und danach verrichten muss. Diese Buße dient ihm als Genugtuung für seine Sünden, sie erhält ihren Wert vor allem aus dem Sakrament: der Beichtende war Christus gehorsam, indem er erfüllte, was dieser in Bezug auf dieses Sakrament festgelegt hat, und Christus bietet diese Genugtuung, die ein Glied seines Leibes leistet, dem Vater dar.

Antonio Miralles

Grundlegende Literatur

Katechismus der Katholischen Kirche [KKK], 1422-1484.

Katechismus der Katholischen Kirche – Kompendium, 296-312.

Empfohlene Literatur

Ordo Paenitentiae, Praenotanda, 1-30.

Johannes Paul II., Apostolisches Schreiben Reconciliatio et paenitentia, 2.12.1984, 28-34.

Paul VI., Apostolische Konstitution Indulgentiarum doctrina, 1.1.1967.


1„Als Jesus ihren Glauben sah, sagte er zu dem Mann: ‚Deine Sünden sind dir vergeben‘“ (Lk 5, 20); „Nicht die Gesunden brauchen den Arzt, sondern die Kranken. Ich bin gekommen, um die Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht die Gerechten“ (Lk 5, 31-32); „Dann sagte er zu ihr: Deine Sünden sind dir vergeben“ (Lk 7, 48).

2Ordo Paenitentiae, Praenotanda, 5.

3Ebd. Das Zitat im Text ist aus Paul VI., Apostol. Konstitution Indulgentiarum doctrina, 1.1.1967, 4.

4Der hier zitierte Text ist aus dem einschlägigen Dokument des Konzils von Trient (DS 1676).

5Der KKK zitiert hier einen Text des Konzils von Trient (DS 1680).

6Ordo Paenitentiae, Praenotanda, 31.

7Hl. Josefmaria, Christus begegnen, Nr. 78.