Frohe Besitzlosigkeit im Alltag

Mit 24 Jahren besaß Toni Zweifel alles, wonach den Menschen üblicherweise der Sinn steht: Geld, Intelligenz, Erfolg und beste Aussichten auf eine Karriere. Doch auf den Ruf Gottes hin löste er sich von allem, ohne die Welt zu verlassen, und lebte in völliger, aber unauffälliger Genügsamkeit. Die Folge dieses Entschlusses war eine nie gekannte Freude.

Toni (Mitte) benutzte lebenslang denselben Anorak für Bergausflüge

Toni Zweifel stammte aus einem wohlhabenden Haus. Für seine Freunde und Bekannten war das auch äußerlich nicht zu übersehen. Er fuhr mit einem exklusiven Sportwagen vor, den ihm sein Vater zum 18. Geburtstag geschenkt hatte. Auch nannte er einen Fotoapparat sein Eigen, wie sich ihn nicht jeder leisten konnte. Ferner braute er sich seinen Kaffee mit einer eigenen Maschine; sie war für das gleichzeitige Abfüllen von zwei Tassen konstruiert, er aber – ganz Ingenieur und ganz Individualist - hatte sie für eine einzige Tasse umgebaut.

Im Lauf seines Ingenieurstudiums an der ETH Zürich lernte Toni Leute kennen, die gerade im Begriff waren, das Studentenhaus Fluntern zu gründen. Die christliche Orientierung dieses Hauses vertrauten sie dem Opus Dei an. Obwohl bereits Diplo­mand, entschloss sich Toni erstaunlicherweise Ende 1961, dort einzuziehen. Er ver­tauschte damit seine Wohnung mit einem Zimmer, das er mit zwei Kommilitonen zu teilen hatte.

Vom Sportcoupé zum Familienwagen

Im März 1962 bat er um die Aufnahme ins Opus Dei. Mit diesem Schritt, das wusste er sehr wohl, war eine reale Form der Armut, eine Loslösung vom Besitztum verbunden. Er machte damit denn auch sofort ernst, und dies mit freudiger Überzeugung.

Als Erstes trennte er sich von seiner Kaffeemaschine; er nannte sie später das Symbol seines Egozentrismus. Die Kamera stellte er dem Studentenheim zur Verfügung. Den zweiplätzigen Sportwagen wiederum tauschte er ein gegen eine siebenplätzige Limousine, die von den Studenten immer wieder für Ausflüge gebraucht wurde. Selber ein passionierter und sehr sicherer Autofahrer, überließ er den Wagen dennoch bereitwillig anderen - schlechteren - Lenkern, sogar dann noch, wenn sie einmal einen Unfall verursacht hatten.

Loslösung, materiell und geistig

Das alles waren jedoch nur die sichtbarsten Anzeichen von Tonis Loslösung. Denn sein gesamter Alltag war seitdem von Genügsamkeit geprägt, wobei er dies nach außen elegant zu verbergen wusste. Er brauchte für sich nur das Nötigste und lebte viele Jahre lang wie selbstverständlich in einem kleinen und spartanischen Mansardenzimmer. Die Gebrauchsgegenstände behandelte er sehr sorgfältig, damit sie länger hielten. Für die Ausflüge in die Berge benützte er eine minimale Ausrüstung; dank guter Pflege blieben Hose und Anorak bis an sein Lebensende stets dieselben.

Bei seiner Arbeit in der Limmat Stiftung ging Toni äußerst gewissenhaft mit den Spendengeldern um. Er reduzierte die Geschäftsreisen auf das absolut notwendige Minimum. Sein privates Millionenerbe schließlich übertrug er vollumfänglich gemeinnützigen Einrichtungen und verzichtete auf jede persönliche Nutznießung.

Auch über das Materielle hinaus bewies Toni seine Losgelöstheit: Er war fähig, seine Meinung oder seine persönlichen Pläne hintanzustellen, wo immer es dem Zusammenleben diente. Und mit erstaunlicher Promptheit bejahte er auch den Verlust eines der höchsten menschlichen Güter: der Gesundheit.

Mit 24 Jahren besaß Toni alles, wonach den Menschen gemeinhin der Sinn steht: Geld, Intelli­genz, Erfolg und beste Aussichten auf eine Karriere. Doch das machte ihn nicht wirk­lich froh. Es änderte sich erst mit dem Entschluss, dem Ruf in die Nachfolge Christi zu folgen und sich von allem zu lösen. Das erste Anzeichen dieses Entschlusses war eine früher nie gekannte Freude. Während der reiche junge Mann des Evangeliums (Mt 19,16-22) seine Güter behalten wollte und traurig wegging, wurde der reiche junge Toni zum lebendigen Nachweis dafür, dass jene „selig“ sind, „die arm sind vor Gott“ (Mt 5,3).