Ein leidenschaftliches Bekenntnis zur Freiheit

Ein Episode aus dem Buch „El Hombre de Villa Tevere“ von Pilar Urbano über Josemaría Escrivá. Diese Biografie ist noch nicht auf Deutsch veröffentlicht.

Fernando, diese Frage ist eine zuviel!“ – Wie ein Peitschenhieb unterbrach die energische Stimme des Vaters die ungezwungene und herzliche Atmosphäre des Beisammenseins. Fernando Valenciano hatte den Amerikaner Dick Rieman gerade gefragt, ob er [1961] bei den Wahlen für J.F. Kennedy gestimmt habe. Nachdem er das Gespräch so unterbunden hatte, fuhr Escrivá fort: „Niemanden hier in diesem Raum geht es etwas an, ob Dick gewählt hat und wenn ja, für wen er gestimmt hat. Und ich bitte alle, wirklich alle Mitglieder des Werkes, niemals solche Gespräche zu führen.“

Escrivá wies deutlich und klug auf die legitime Grenzlinie hin zwischen Fernandos Recht, etwas zu erfahren, Dick Riemans Recht auf seine Privatsphäre. Im Wechselspiel der Freiheiten gibt es immer Grenzen, an denen die Freiheit des Einen die Freiheit des Anderen einschränkt und sie in Frage stellen kann.

Die Peruanerin Irene Rey Elmore nahm 1958 an einem Treffen im Colegio Romano de Santa Maria teil und gibt ein kurzes Gespräch zwischen einer jungen Frau und Monsignore Escrivá wieder: „Vater, in Sizilien wird bald gewählt. Ich werde hinfahren, um meine Stimme abzugeben.“ ... „Meine Tochter, mir gefällt es sehr, dass du zur Wahl gehst, aber mich interessiert keinesfalls zu wissen, wen du wählen willst. Sag’ es mir also bitte nicht. Dir ist doch klar, dass du wählen kannst, wen du möchtest, nicht wahr? – Nun, was erzählt ihr mir sonst noch?“

Innerhalb des Opus Dei ist kein Raum für Politik. Dies hat Escrivá immer wieder mit großer Bestimmtheit deutlich gemacht: „Wenn sich eines Tages das Opus Dei mit politischen Dingen beschäftigen würde, und wäre es auch nur für eine einzige Sekunde, dann würde ich das Werk in diesem Moment der Verirrung sofort verlassen. Und darüber hinaus glaubt niemals Berichten, die das Opus Dei mit Fragen der Politik, der Wirtschaft oder mit sonstigen zeitlichen Themen in Verbindung bringen. Denn einerseits sind unsere Mittel und Ziele immer und ausschließlich übernatürlich. Und andererseits hat jedes einzelne Mitglied die umfassende Freiheit, seine zeitlichen Angelegenheiten selbst zu gestalten, selbstverständlich unter Berücksichtigung der entsprechenden persönlichen Verantwortung. Diese Freiheit muss von allen anderen respektiert werden. Das Opus Dei kann sich niemals Aufgaben widmen, die nicht unmittelbar geistlich und apostolisch sind und die irgendeinen Bezug zur Politik eines Landes haben.“(aus Kap XII)